"Man muß das Volk vor sich selbst erschrecken lehren, um ihm Courage zu machen" sagte einst der Philosoph Karl Marx. Einige Menschen haben dieses Zitat wohl etwas falsch aufgefasst. Im heutigen Fussball kann man dieses Zitat nämlich auf ein bestimmtes Land übertragen: Die Türkei.

Glorreiche Zeiten waren es als man 2002 Dritter bei der Weltmeisterschaft wurde und 2008 das Turnier als Halbfinalist abschloss. Umso erschreckender mitanzusehen wie sich der türkische Fussball in den letzten Jahren zurückentwickelt hat.

Der türkische Verband, geführt vom umstrittenen Präsidenten Yildirim Demirören, zögerte nicht und versuchte Lösungen zu finden, wie man den türkischen Fussball wieder stärken könnte.
Um die Talentförderung voranzutreiben beschloss man im Sommer 2012, dass ab der Saison 2014/2015 nur noch 5 statt 6 Ausländer auf dem Spielfeld stehen dürfen.
Kurzum werden den Vereinen eine Waffe an den Kopf gehalten mit der Drohung, Talente zu fördern und sie im Team zu integrieren.

Diese drastische Maßnahme ist jedoch kontraproduktiv führt zu einem Qualitätsverlust der türkischen Liga. Wenn man bedenkt, dass die Vereine gezwungen sind in kurzer Zeit gewaltige Summen in Talentschmieden (die im europäischen Verhältnis nicht sehr weit entwickelt sind) zu investieren UND nebenher noch hohe Gehälter für türkische Durchschnittskicker zu zahlen, erscheint mir diese Regelung eher als wirtschaftlicher Untergang.

Dass in den Vereinen selbst ein Umbruch in Sachen Talentförderung stattfindet ist kein Geheimnis. Längst schon guckt man sich Strukturen und die Organisation in europäischen Topligen ab. Jedoch funktioniert so ein Umbruch nicht von heute auf morgen.

Erste Schritte in der Nationalmannschaft wurden schon eingeleitet:
-Eine U-14 Nationalmannschaft wurde gegründet. Fussballschulen im ganzen Land wurden eröffnet, um Talente schon früh zu entdecken. Diese Fortschritte sind jedoch nur Ansätze für eine langfristig erfolgreiche Präsens im internationalen Fussball.

Natürlich spielen in einem Land wie der Türkei auch soziale Themen eine Rolle. Besonders in ärmlichen Teilen der Türkei erweist es sich als schwierig Kinder und Eltern vom Traum "Profifussballer" zu überzeugen. Kinder, die teilweise nach der 4. Klasse die Schule verlassen, um zu arbeiten und um die Existens der Familie aufrecht zu erhalten...
Im Kontext heißt das: Wenn sich im Land nichts verändert, verändert sich auch wenig im Profifussball. Und genau diese Punkte sollten dem türkischen Fussballverband u.a. klar sein.

Mein Fazit:
Der radikale Aktionismus führt zu keiner Lösung, stattdessen führt sie zu einem Qualitätsverlust in den Vereinen und in der Liga.
Umso weniger Kontingent für türkische Spieler besteht desto mehr Wettbewerb herrscht. Wettbewerb bedeutet Qualitätssteigerung.
Und genau so sollte man das obige Zitat von Marx in der Praktik anwenden bzw. fortführen.

Savas Deger