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20.07.2009 um 07:26 Uhr
Auf die Knochen '09
Unscheinbar und entkräftet liegen die sonst so verwöhnten Profis auf dem Rasen der Sportanlage des piekfeinen Designhotels im letzten Zipfel Österreichs, sie scheinen mit den Rückeneinheiten ihres heutigen Trainingsprogramms so beschäftigt, dass sie die Horde Fotografen gar nicht wahrnehmen können. Was zählt, liegt klar auf der Hand. Der neue Trainer will schließlich beeindruckt werden. Die starren Mienen strotzen vor Regungslosigkeit, was dieses Bild umso beeindruckender wirken lässt.
Die Vorbereitung auf eine Profi-Saison ist eine unfassbar harte, schmerzvolle Zeit für Profis und mit eine der besten Entschuldigungen für seltsame Äußerungen einiger wechselwütiger Profifußballer.
Nachfolgend ein Abriss des Folterprogramms, bitte ausreichend Vitaminwasser bereitstellen!

Circle of life
Seltsam radikal gehen Trainerteams mit ihren Zöglingen um, wenn die Fitness für die baldig startende Saison im Mittelpunkt steht. Da kann es auch mal vorkommen, dass die Spieler in Magath'scher Manier zu Boden gehen, um den Ernst des Leidens zu erkennen. Sowas kann nicht nur am nächsten Tag noch spürbar in den Knochen liegen, es macht auch wahnsinnig. Die Fitnesstrainer mit Kurzhaarfrisur, muskulösem Zeigefinger und Trillerpfeife im Anschlag werden zum ultimativen Bösen, sie regieren mit Quälereien und fordern immer wieder das letzte Quäntchen Einsatz. Das Abackern für die perfekte Kondition und Physis hat schon so manchen Profi um den Verstand gebracht. Dabei besonders hervorzuheben sind die eigentlich harmlos klingenden Circle-Trainingseinheiten, die sich in etwa anfühlen wie tagsüber im adretten Hühnerkostüm inmitten der Sahara auf den nächsten Bus zu warten. Die Circles sind mit Abstand das schönste Mittel um den Kader bzw. den Körperfettanteil zu verringern, denn nach diesen berüchtigten Einheiten verliert man die größten Übel des Profisports (Trägheit, unnötige Reserven, konditionelle Rückstände). Schnell aufeinander folgende, vollkommen hastig ausgeführte Muskelspielereien kratzen an dem Glauben an die eigene Power und machen bspw. Normalsterbliche nach spätestens fünf bis zehn Minuten dem Erdboden gleich. Im Hier und Jetzt kann es den hartnäckigen Trainern gar nicht anstrengend genug sein. So ganz gesund ist das ganze Spektakel deshalb vielleicht nicht, auch wenn darauf natürlich vehement geachtet wird. Eingeschlagen wird dabei immer der Weg zwischen angemessener Belastung und totaler Verausgabung. Das dürfte wohl erklären, warum die Saisonvorbereitung bei den wenigsten Profis zu den Lieblingsbeschäftigungen ihres Berufs zählt.

Sehr hohes C
Wer nun allerdings der Meinung ist, dass die werten Millionäre von Mutter Natur geschenkte Voraussetzungen dafür haben, der irrt gewaltig. Die tagtäglichen Vitaminschnäpse und Fitnesscocktails mit Mineralienschaumkrone sind die beliebten Muntermacher, die speziell auf die Bedürfnisse der Spieler zusammengestellt werden. Auch in diesem Bereich wird rein gar nichts dem Zufall überlassen, die kleinen Wundermittel stellen einen festen Bestandteil der Vorbereitung dar. Andere Dinge, die aus dem weniger munteren Sportler einen Duracell-Hasen machen, können auch mal in Form von Spritzen oder Tabletten in den erschöpften Körper gelangen, um die Auflösungserscheinungen der kraftraubenden Vorbereitung etwas zu verstecken. Da fragt man sich, was den Profis wohl bei den Nutella-Spots durch den Kopf geht, denn das dort praktizierte Frühstück ist nichts als ein schönes Schauspiel. Für ein Brot mit Zucker- bzw. Schokoladenaufstrich bekommt man von nicht wenigen Trainern besondere Einheiten aufgebrummt, die dann schwer in Richtung "Heute schmier ich dir eine (Scheibe mit Nutella)!" gehen. Aber so ist das in der Vorbereitung, da macht der Chef auf dem Rasen keine Gefangenen. Jeder geht an seine Grenzen, ob mit oder ohne Gesundmach-Shake.

Testspiele zum Frühstück, keine Delikatesse?
Außerdem sehr beliebt bei Fußballern jeder Klasse sind die zwischen den anstrengenden Trainingseinheiten geschobenen Testspiele, die aufgrund der nicht gerade unscheinbaren Erwartungen an die dort gebotenen Leistungen empfindsam ins Gewicht fallen. Eine Vorbereitung lebt nicht nur von der überaus ausgeprägten Leistungssteigerung im Laufe weniger Wochen, sondern auch von der Vielzahl der zwischengeschobenen Testspiele. Oft werden diesen eigentlich unmöglich zu bewertenden Begegnungen große Effekte nachgesagt, obwohl der einzige spürbare Effekt die Erschöpfung und Überanstrengung der geschundenen Spieler ist, die aber gleichzeitig gerade diese Abwechslung vom sonstigen Vorbereitungskrampf besonders schätzen. So versuchen gerade Neuverpflichtungen gerne die natürliche Angst aller Fans und Kritiker vor dem spielerischen Totalausfall wegzuspielen, was einigen auch sehr gut gelingt, während wiederum andere Kandidaten schnell anhand der Testspielleistungen als Chancentod gelten. So ist das Geschäft, wer sich damit beschäftigt, kann schnell bei den Fans Pluspunkte und bei den Kritikern Anerkennung sammeln, solange die Kraft dafür ausreicht.

Zwischen Frühschicht und Grillabend - Amateure wollen es wissen!
Doch wie sieht es eigentlich bei Kreisligisten aus? Sind die wirklich so vorbereitungslos glücklich wie man sich gerne vorstellt?
Die Antwort lautet: Wohl kaum. (Nachfolgend wird auf Erfahrungsberichte eines tobzzzzn xyz zurückgegriffen.)
In der Vorbereitung blühen viele Amateurtrainer erst richtig auf, denn auch hier werden mit einer guten Vorbereitung Grundsteine für eine erfolgreiche Saison gelegt. Da reicht es kaum mit der Mannschaft auf Mallorca eine Woche exzessiv am Alkoholpegel zu trainieren, auch in den untersten Spielklassen Deutschlands regiert der Drillcoach des Örtchens. An bis zu vier Tagen in der Woche wird vorzugsweise wie bei den Großen daran gearbeitet aus jedem Spieler das Maximum herauszuholen. Dabei wird dann auch unfassbar viel gelaufen, die Beine sind des Nachts so schwer, dass man wie ein Stein ins Bett fällt. Die Hitze des Sommers lässt selbst nach 20 Uhr selten nach, dadurch wird das Atmen zu einem schmerzvollen Akt des Körpers, der sich schon nach 30 Minuten gegen weitere Sprints und Muskeltrainings wehrt. Wer vor der geliebten, ballfreien Trainingseinheit noch acht Stunden gearbeitet hat, spürt wahrhaftig was sein Körper verträgt. Oftmals ist das einfache Gehen am nächsten Tag eine Höllenqual, weshalb man sich umso mehr über das Wochenende freut, an dem dann bei Glück und mitfühlendem Trainer nur ein Testspiel auf dem Programm steht. Also können Amateure auch richtig leiden, die Vorbereitung ist in Kombination mit der Belastung durch Job und Familie fast ähnlich anspruchsvoll wie bei den Profis.

Bevor nun das falsche Bild aufkommt, muss abschließend erwähnt werden, dass eine energische Vorbereitung sehr viele Vorteile hat, auch wenn viele Spieler wenig von der totalen Erschöpfung halten, so gibt der Erfolg immer wieder die beste Begründung für die mehrwöchige Folter in der Sommerhitze.


In diesem Sinne,

tobzzzzn
Aufrufe: 1284 | Kommentare: 7 | Bewertungen: 3 | Erstellt:20.07.2009
ø 7.0
KOMMENTARE
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xxlhonk
20.07.2009 | 10:33 Uhr
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xxlhonk : 
20.07.2009 | 10:33 Uhr
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xxlhonk : 
Ich kann mich noch schmerzhaft daran erinnern, wie es zu meiner aktiven zeit war.
Und da das 20 Jahre her ist, kannst Du dir ja sicherlich vorstellen, dass wir damals nichts von neuer Trainingslehre hielten.
Wir mussten damals auch ständig diese völlig bescheuerten und heute erwiesenermaßen unnützen Klappmesser...

Übrigens ist diese gesamte Vorbereitungszeit der Grund, warum immer mehr Spieler erst spät ihren Verein wechseln.
Sie hoffen nämlich, so ihren Qualen etwas entgehen zu können, wenn sie später ins Trainingslager einsteigen.

Schmerzhafte 10 Punkte.
Auch, weil ich diese Torturen nicht mehr mitmachen muss.
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Jasper32
20.07.2009 | 13:07 Uhr
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Jasper32 : 
20.07.2009 | 13:07 Uhr
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Jasper32 : 
sehr hübsch
besonders dass mit dem kreisklasse-trainer stimmt
bei uns war er normalerweise der erste am tresen aber in der vorbereitung hatte er leider immer sein fahrrad mit
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xxlhonk
20.07.2009 | 13:11 Uhr
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xxlhonk : 
20.07.2009 | 13:11 Uhr
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xxlhonk : 
Ich kann Euch alle trösten.
Von dieser vorsteinzeitlichen Schinderei zerre ich heute noch.
Konditionell und gesundheitlich.
Die Grundlagen, die wir damals verpasst bekommen haben, sind heute noch , wenn auch nur kleinem Teil, vorhanden.
Und das ist etwas, wofür ich meinen damaligen Schindern, ähh Trainern heute noch dankbar bin.

Am "geilsten" fand ich immer den blöden Spruch des Trainers:
So Jungs.
Dies ist ein Ball.
Schaut ihn Euch gut an, denn den werdet ihr die nächsten 6 Wochen nicht mehr zu sehen bekommen"
...
War dann zum Glück doch nie der Fall.
Aber der Spruch kam in jedem verdammten Sommer, von jedem verdammten Trainer...
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EdHardy22
20.07.2009 | 16:23 Uhr
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EdHardy22 : 
20.07.2009 | 16:23 Uhr
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EdHardy22 : 
Blog nicht gelesen, ich nutze das hier für ne PN, da du dein Postfach ausgestellt hast. Also los:

"Hey,

ich denke auch du hast mitbekommen, dass es hier zu neuen Saison einen Blogpokal geben wird.

Fragen uns, ob du interessiert bist. Wenn ja, dann meld dich an und wir hoffen, dass dann noch ein Platz für dich frei ist.

Gruß,
Steffen"

Das mit dem Lesen des Blogs hole ich noch nach...., keine Sorge.
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xxlhonk
20.07.2009 | 16:26 Uhr
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xxlhonk : 
20.07.2009 | 16:26 Uhr
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xxlhonk : 
@ ED
Service wäre gewesen, wenn Du ihm auch den richtigen Link geschickt hättest.
Das hätte die Mühe, die du dir machst, noch unterstrichen.

Und als Tipp:
Lies den Blog.
Lohnt sich.
Wirklich.
Ist zwar eine mörderische Schinderei.
Aber am Ende kommt was bei rum.
Und raus.

Bin ich.
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EdHardy22
20.07.2009 | 16:28 Uhr
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EdHardy22 : 
20.07.2009 | 16:28 Uhr
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EdHardy22 : 
Ich denke doch, dass er so selbstständig ist, dass er das Ding hier findet. Ich habe ihm den Weg gezeigt, gehen muss er ihn allein
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EdHardy22
20.07.2009 | 22:24 Uhr
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EdHardy22 : 
20.07.2009 | 22:24 Uhr
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EdHardy22 : 
32 Blogger sind am Start. Es wird eine KO-Runde ausgelost. Du spielst also in der ersten Runde gegen irgendeinen. Danach spielst du noch Viertel-, Halb- und Finale. Der Gewinner kriegt den Blogpokal. Es bloggen immer 2 Kontrahenten an einem Spieltag. Wir haben somit 32 Paarungen (inklusive Spiel um Platz 3). Musst dich schnell entscheiden.

Man kann dir immer noch keine PN´s schicken.
Und guck einfach mal in die Gruppe rein - geh auf mein Profil und dann findest du das unter meinen Gruppen... .
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