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NBA: Rudy Gobert fehlt erneut beim All-Star Game: Der Snub Tower

Rudy Gobert war noch nie All-Star.
© getty

Rudy Gobert von den Utah Jazz ist der amtierende Defensive Player of the Year und auch in diesem Jahr wieder einer der Favoriten auf den begehrten Award. Der Franzose ist der Anker der Jazz, fand aber beim All-Star Game erneut keine Berücksichtigung. Der Center wäre ohnehin fehl am Platze gewesen.

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Am Wochenende traf sich zum All-Star-Wochenende in Charlotte mal wieder das Who is Who der Liga und zelebrierte die NBA und sich selbst. Jedes Team war durch mindestens einen Spieler in irgendeiner Form repräsentiert, ob bei der Skills Challenge, den Rising Stars oder dem All-Star Game. Die Jazz waren eine der wenigen Organisationen, die nur einen Spieler in die Queen City schicken durften. Donovan Mitchell zockte beim Rookie Game auf und feierte mit Dwyane Wade eine dicke Sause.

Der beste Spieler der Jazz aber fehlte. Rudy Gobert postete vielmehr ein Bild von sich und einem traumhaften Sonnenuntergang an einem Strand, oberkörperfrei, der Blick in die Ferne gerichtet. Abschalten war wohl angesagt, die Geschehnisse der vergangenen Wochen vergessen lassen.

Draymond Green kritisiert Gefühlsausbruch von Gobert

Am Tag nach der Bekanntgabe der All-Star-Reservisten war der Franzose noch emotional. In einem Interview brach der Center in Tränen aus, als er über seine erneute Nicht-Berücksichtigung sprach. Die Häme war ihm sicher, auch von Kollegen aus der Liga, wie die Beispiele Draymond Green, Andre Iguodala oder Isaiah Thomas zeigten.

"Rudy ist ein Big Man, der die Zone bewacht, er soll einschüchtern. Durch sowas verlierst du doch den Respekt des Gegners, wenn du so rumheulst", begründete Green seine Kritik am emotionalen Ausbruch des Jazz-Stars im "Pull Up-Podcast" von C.J. McCollum. "Das ist ihre Meinung", reagierte der Franzose trotzig. "Sie wissen alle nicht, woher ich komme, was ich durchgemacht habe."

Dass es Gobert verdient gehabt hätte, bestreiten auch die meisten Experten nicht. Der amtierende Defensive Player of the Year hat seine Leistungen bestätigt und ist mit Mitchell der entscheidende Faktor, dass Utah mit einer Bilanz von 32-25 wieder auf Kurs Playoffs liegt - Tendenz steigend.

Gobert: Coaches schätzen Defense nicht

Zusammen mit den L.A. Clippers stellten die Jazz als einzige Franchise in den Playoff-Rängen keinen All-Star. Das Argument des kleinen Markts Salt Lake City konnte dabei keine Rolle spielen, schließlich nominierten die Coaches die Reservisten und übergingen den Franzosen dennoch, was vor allem Jazz-Coach Quin Synder auf die Palme brachte.

"Rudy sollte ein All-Star sein. Kaum ein Spieler beeinflusst das Spiel so sehr wie er", schäumte Synder nach der Bekanntgabe. "Es ist völlig klar, nicht subjektiv, und zeigt, dass das All-Star-System fehleranfällig ist. Wir reden immer über Wichtigkeit der Defense, aber wenn wir es belohnen könnten, bevorzugen wir wieder Scoring."

Die Zahlen geben dem Coach Recht. So ziemlich jede wichtige Defensiv-Statistik führt den Franzosen unter den ersten Zehn, sei es Defensive Win Shares (2.), Defensive Box Plus/Minus (1.), Value over Replacement Player (6.), Defensive Real Plus/Minus (1.) oder auch Real Plus-Minus im Allgemeinen (10.).

Dass Gobert und die komplette Jazz-Organisation wegen der Nicht-Berücksichtigung sauer waren, ist also verständlich, auch wenn Russell Westbrook, LaMarcus Aldridge oder auch Klay Thompson keine absolut verheerenden Entscheidungen waren. "Ich bekomme nie genügend Respekt und das ist frustrierend", erklärte der enttäuschte Gobert. "Ich dachte eigentlich, dass ich ihn diesmal bekommen würde, auch weil es etwas war, was ich unbedingt wollte."

Gobert: Jazz-Investment zahlt sich aus

Der unbedingte Wille war es auch, der Gobert erst den Weg in die Liga ebnete. So zahlte der Center im Jahr 2013 noch seine Reise zur Draft Combine in Chicago selbst, um für die Jazz vorspielen zu können. Der Stifle Tower war zu der Zeit noch unglaublich roh, konnte kaum einen Ball fangen und war offensiv im Prinzip nicht zu gebrauchen.

Und dennoch war Utah so sehr von ihm überzeugt, dass General Manager Dennis Lindsey den Besitzer der Jazz überzeugen konnte, dass es sich lohnen würde, den Denver Nuggets Geld für den 27. Pick zu geben, damit Utah Gobert picken könnte. "Er ist ein echter Wettkämpfer, der sich immer verbessern will. Das haben wir vor dem Draft sofort gemerkt", erinnerte sich Lindsey.

Es sollte sich auszahlen. In seiner sechsten Saison ist Gobert der vielleicht beste Ringbeschützer der kompletten Liga und hat auch in der Offense dazugelernt. Die Jazz laufen inzwischen Sets für den Franzosen, der vermehrt in Hand-Offs involviert ist und blitzsaubere Screens setzt. Selbst einen kleinen Hakenwurf aus dem Post sieht man hier und da mal (12/27 FG über die Saison, 44 Prozent).

Die Jazz-Defense: Der Gobert-Effekt

Dies bleibt aber die Ausnahme, zumeist bleiben Dunks das wichtigste Produkt des Franzosen. Das muss nichts Schlechtes sein. Mit Gobert sind die Jazz 7 Punkte pro 100 Ballbesitze in der Offensive besser, das Net-Rating mit statt ohne den Center beträgt sogar 10,6 Zähler auf 100 Possessions.

Aus einer guten wird durch Gobert sogar die beste Verteidigung der Liga (Defensiv-Rating: 102,1 mit dem Franzosen). Steht der Nicht-All-Star auf dem Feld, treffen die Gegner 1,5 Prozent schlechter aus dem Feld (45,1 zu 46,6 Prozent). Noch beeindruckender ist es aber, dass die gegnerischen Teams vier Prozent weniger Versuche in direkter Ringnähe nehmen, was man durchaus als Gobert-Effekt bezeichnen darf; eine Spannweite von 2,36 Meter und eine Standing Reach von 2,92 Meter helfen da natürlich enorm. Zur Erinnerung: Die Korbanlage hängt bei 3,05 Meter.

Stattdessen steigen die Würfe der Gegner aus der Mitteldistanz und der Floater-Range (5 bis 10 Feet) um je drei Prozent an, welche mathematisch deutlich schlechtere Würfe als Korbleger am Ring sind.

Gobert: Tausche All-Star gegen Strandurlaub

Gobert ist der Anker und der unverzichtbare Baustein der Jazz. Sein "Problem" ist nur, dass er in einer Liga voller brillanter Scorer ein Star in der Verteidigung ist. Ob ein Team so Erfolg haben kann, wird sich zeigen. Die Houston Rockets eliminierten mit ihrem Iso-Play in der zweiten Playoff-Runde im vergangenen Jahr den Gobert-Faktor fast komplett, als man den Franzosen beständig an die Dreierlinie lockte und Chris Paul jedes Zögern aus der Mitteldistanz bestrafte.

Zu Goberts Verteidigung muss aber gesagt werden, dass er auch am Perimeter Fortschritte gemacht hat und nicht mehr so hüftsteif agiert. So ist er auch in dieser Saison essenziell dafür, dass Utah trotz schwachem Start zu den besten Teams im Westen gehört und ungemütlich für jedes Top-Team werden kann. In OKC wird man sich sicherlich noch an die erste Runde 2018 erinnern. Nachdem Gordon Hayward 2017 die Jazz verließ, blieb Utah im Takt und wurde dank Gobert und Donovan Mitchell direkt wieder zum Semi-Contender, das Team ist eine echte Einheit.

"Die Jungs halten zueinander, das ist das Gerüst des Teams. Sie hören auf Rudy und verstehen, was es heißt, ein guter Mitspieler zu sein", lobte Lindsey die Führungsqualitäten des Centers. In Utah bekommt Gobert den Respekt, den er verdient, der ihm von der Liga und den Coaches verwehrt wurde.

Aber sind wir ehrlich: Hat der Franzose in Charlotte etwas verpasst? Eher nicht, seine Qualitäten waren bei diesem Spiel ohnehin nicht gefragt. Da ist doch so ein Strandurlaub eine echte Alternative.

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