NBA

McMenamin im Interview: "Alle haben Wagner ins Herz geschlossen"

Von DAZN/SPOX
Moritz Wagner ist bisher noch kein Dauergast in der Rotation der Los Angeles Lakers.
© getty
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DAZN/SPOX: Sie berichten jetzt seit 2014 über LeBron. Haben Sie eine Geschichte über ihn, die Sie teilen können?

McMenamin: Diverse. (lacht) Ich habe das schon mal erzählt, aber für mich erklärt diese eine Sache sehr gut, was ihn von anderen Superstars, Spielern und Menschen unterscheidet. Es war während der Saison 2014/15, also seiner ersten zurück in Cleveland, als die Cavs gerade ihre Trades gemacht hatten und J.R. Smith gerade neu im Team war. Es gab ein Auswärtsspiel in Memphis und ich war im Locker Room, im Gespräch mit Joe Harris, der soweit ich erinnere noch ein Rookie war. Dann rief mich LeBron, ich weiß gar nicht, ob er damals meinen Namen kannte, zu seinem Spind. Er sagte: 'Also, du warst in letzter Zeit ziemlich oft bei unserem Team.' Ich, verwundert: 'Natürlich, ich berichte über Euch.' Er: 'Ich dachte, du wohnst in L.A.' Darauf habe ich entgegnet, dass ich für diesen Job nach Cleveland gezogen bin. Er, mit dem Finger auf sich zeigend: 'Miami', weil er gerade zurückgezogen war. Dann zeigte er auf Smith: 'New York', und auf mich: 'Los Angeles', und zog den Schluss: 'Dann sitzen wir wohl alle in einem Boot in Cleveland.' Da habe ich gemerkt, dass er mich nicht nur als Reporter, sondern als Mensch verstehen wollte. Von dem Moment an hatten wir über die Jahre viele gute Gespräche, weil wir uns eine gewisse Vertrauensbasis schaffen konnten.

DAZN/SPOX: Wie nah kommt man denn üblicherweise an einen Superstar wie LeBron ran?

McMenamin: Ich werde jetzt nie so naiv sein, dass ich denke, ich kenne LeBron richtig gut. Ich kriege vielleicht mehr Zugang zu ihm als andere Reporter, trotzdem kriege ich unheimlich viel, was in seinem Leben passiert, nicht mit. Das will er ja auch so. Dennoch: Wir führen recht viele Gespräche miteinander, die keine Interviews sind und nicht veröffentlicht werden. Vor ein paar Jahren hockten wir in Houston mal nach dem Spiel über eine Stunde zusammen und diskutierten die Pros und Contras von Michael Jordans Erbe. Ich dachte mir: 'Das wäre ein super Podcast!' Aber so offen, so ehrlich redet er nur über solche Themen, wenn er sich das aussucht und kontrolliert, was veröffentlicht wird und was nicht. Bei mir weiß er mittlerweile, dass ich nicht sofort mit allem zu Twitter renne oder es Ihnen hier erzähle. Sorry. (lacht) Daher würde ich mittlerweile sagen, dass ich ihn einigermaßen kenne und einschätzen kann. Mehr als alles andere sind wir beide riesige Basketball-Fans. Wenn wir uns darüber unterhalten, gibt es eine gewisse Harmonie.

DAZN/SPOX: Zurück zu den Lakers - die haben im Sommer für viele überraschend Moritz Wagner in der ersten Runde gedraftet. Hat der Pick Sie auch überrascht?

McMenamin: Ich kann nicht sagen, dass ich über die Saison alle Spiele von Michigan gesehen hätte. Aber was er im NCAA-Tournament geliefert hat, war extrem beeindruckend. Ich bin in der Nähe von Villanova aufgewachsen, daher habe ich vor allem das Finale sehr genau verfolgt - und da war er wirklich herausragend. Daher war ich nicht wirklich schockiert. Wenn man die moderne NBA sieht und dann Moe Wagner, fragt man sich natürlich, ob er mit diesem Stil auskommt, gerade defensiv. Die Knieverletzung im Sommer hat zudem die Umstellung noch viel schwieriger gemacht. Aber er hat so einen guten Wurf, dass die Stretch-5 für ihn offensiv ein idealer Fit sein sollte. Defensiv wird er hingegen noch zeigen müssen, dass er mit den Wings einigermaßen Schritt halten kann und mobil genug ist. Was aber schon jetzt extrem auffällt: Seitdem er Teil des Teams ist, haben ihn alle ins Herz geschlossen. Sie lieben es, ihn im Team zu haben, seine Energie, seine Mentalität, auch seine Neugier und seinen Respekt vor der NBA im Allgemeinen. Er strahlt so eine Freude aus, dass er zu einem der beliebtesten Spieler im Team geworden ist. Ich glaube, wenn er sich das beibehalten kann, wird ihm allein diese Teamfähigkeit lange in der Liga halten - und dann wird sich zeigen, wie schnell sein Spiel sich wirklich übersetzen lässt.

DAZN/SPOX: Haben Sie mit LeBron und Magic mal über die Rookies der Lakers gesprochen?

McMenamin: Es ist bei LeBron zu diesem Zeitpunkt seiner Karriere etwas schwierig - jeder Tag könnte sein letzter "bester" Tag sein. Wir haben ja alle die Verletzung am Christmas Day gesehen - so etwas ist sehr selten bei ihm, droht mit nun 34 Jahren aber häufiger. Daher hat er nicht viel Zeit, um auf die Entwicklung junger Spieler zu warten. Gleichzeitig ist er aber auch nicht ungeduldig oder so auf sich selbst fokussiert, dass ihm die Entwicklung anderer Spieler egal wäre. Er war letztes Jahr beispielsweise extrem eng mit Cedi Osman bei den Cavs und hat ihn unter seine Fittiche genommen. So weit ist es zwischen Moe und LeBron meines Wissens nach zwar nicht, aber auch die beiden kommen gut miteinander aus und trainieren gern zusammen.

DAZN/SPOX: Im Sommer warnten einige Stimmen davor, dass sich jedes Team erstmal an den Stil von LeBron gewöhnen muss. Der bisherige Saisonstart der Lakers scheint dies zu bestätigen, oder?

McMenamin: Nun, sie hatten sicherlich ein paar Probleme und schwächere Phasen. Gleichzeitig stehen sie aber recht weit oben in der Western Conference und haben Chancen auf den Heimvorteil [derzeit Platz 8, 22-17, d. Red.] - nachdem das Team letztes Jahr nur 35 Spiele gewonnen hat. Gewissermaßen haben sie also durchaus schon Erwartungen übertroffen. Ich glaube, man vergisst das manchmal, weil man sich denkt: 'LeBron ist in dem Team, also sollte es ganz oben stehen.' Er war schließlich achtmal in Folge in den Finals. Gleichzeitig gibt es aber noch genug Momente und ganze Spiele, die frustrieren und wo man ganz klar sagen muss, dass eine gewisse Entwicklung noch stattfinden muss. Das finde ich aber erwartbar - und ich muss dazu sagen: Es gibt in der Liga aktuell nicht viele Teams, die man ansieht und denkt: 'Gegen die haben die Lakers überhaupt keine Chance.' Ich glaube, dass sie so ziemlich jedes Team vor Probleme stellen können. Daher würde ich ihnen bisher trotz aller Aufs und Abs ein positives Zeugnis ausstellen. Insbesondere [Kyle] Kuzma, der für mich einen riesigen Schritt gemacht hat. Wenn sie jetzt aber noch einen weiteren Level erreichen wollen, muss auch noch jemand anders diesen Schritt machen - und eigentlich sollte dieser dritte Jemand Brandon Ingram sein. Seine Suspendierung und seine Verletzung haben seine Entwicklung bisher aufgehalten, aber für mich hat er nach wie vor ein Skillset, mit dem er ein ganz wichtiger Spieler sein kann. Lonzo [Ball] sieht teilweise brillant aus und wirft im nächsten Spiel 0/7 Dreier. Die Konstanz ist das, was einen Rollenspieler von einem richtigen Star unterscheidet. Wenn neben Kuzma noch weitere Spieler diesen Schritt machen können, könnte ich mir einen tiefen Playoff-Run vorstellen - damit war für mich vor der Saison noch nicht unbedingt zu rechnen.

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