NBA

"Das totale Rockstar-Programm"

Von Interview: Jan-Hendrik Böhmer
Draymond Green stieg binnen zweier Saisons vom Bankwärmer zum All-Star und Champion auf
© getty
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SPOX: Viele erfolgreiche Teams werden von den neutralen Fans nicht gerade geliebt. Die Heat haben während ihrer größten Erfolge zum Beispiel viele negative Fan-Reaktionen bekommen, die Sympathien gingen tendenziell immer zum Underdog. Bei den Warriors scheint das anders zu sein. Sie scheinen fast überall gut anzukommen...

Green: Sie haben das Stichwort bereits genannt: Sympathie. Wenn man als Fan einen Spieler - oder die Spielweise und Mentalität eines Teams - mag, dann möchte man diesen Spieler, dieses Team gewinnen sehen. Das ist überall so. Wir scheinen als Team eine gewisse Mentalität auszustrahlen, die den Fans gefällt. Schauen Sie doch nur mal Steph Curry an: Egal wie tödlich seine Dreier sind und wie oft er dein Team abschießt, du kannst diesem Lausbuben-Gesicht einfach nicht böse sein. Wir nehmen uns insgesamt nicht so ernst, versuchen Dinge locker zu sehen - das erkennen die Fans an.

SPOX: Welche Rolle spielt Trash-Talk dabei? Sie sind dafür bekannt, gerne auch mal Teamkollegen und Gegenspieler auf den Arm zu nehmen und für Schlagzeilen zu sorgen.

Green: Trash-Talk? Ich? Das kann überhaupt nicht sein. So etwas würde ich nie tun. Ich spiele doch nur Basketball... und sage zwischendurch vielleicht manchmal die Wahrheit.

SPOX: War das jetzt ein typischer Draymond? Sie wissen, dass ich auf etwas ganz Bestimmtes hinaus will - und lassen mich dann eiskalt hängen...

Green (lacht): Absolut. Unverhofft kommt oft. Ansonsten wäre es ja langweilig.

SPOX: Das kann aber auch dazu führen, dass Sie arrogant wirken. Stört Sie das?

Green: Da überlasse ich jedem seine eigene Meinung. Ich hatte jedenfalls immer Vertrauen in meine Fähigkeiten und bin überzeugt, dass man das haben muss, um es an die Spitze zu schaffen. Dass ich damit nicht hinter dem Berg halte, ist meine bewusste Entscheidung. Das gehört zu meiner Persönlichkeit und hat es immer getan. Für mich ist es wichtig, dass ich meinen Worten dann aber auch Taten folgen lassen kann.

SPOX: Wie sehr spornt es Sie dabei an, dass Ihnen noch vor zwei Jahren kaum jemand diesen Erfolg zugetraut hat, Sie in keine Schublade zu passen schienen?

Green: Natürlich ist es ein gutes Gefühl, all die Dinge zu tun, von denen alle gesagt haben, dass ich sie nicht kann - und ich es manchmal sogar geglaubt habe. Ich möchte herausragen, ein Hall-of-Famer sein, ein mehrfacher All-Star und Champion. Aber das möchte ich für mich und nicht für irgendjemand anders.

SPOX: Führt dieser Ehrgeiz dann auch dazu, dass Ihre Emotionen manchmal überkochen - wie vor einiger Zeit beim Spiel gegen Oklahoma City?

Green: Ich bin ein sehr emotionaler Mensch, das stimmt. Aber normalerweise ist es ja so, dass ich diese Energie positiv nutze, um das Beste aus mir und meinen Teamkollegen herauszuholen. Gegen die Thunder bin ich dann etwas über die Stränge geschlagen. Das war ein Fehler. Aber nichts von dem, was ich gesagt habe, war gegen die Beteiligten persönlich gerichtet. Ich war von mir selbst enttäuscht. Das an meinem Team auszulassen, war falsch. Ich habe mich entschuldigt und damit war das Thema abgehakt.

SPOX: Gibt es anschließend eigentlich Ratschläge von routinierten NBA-Spielern?

Green: Die gibt es. Aber nicht in Bezug auf Emotionen.

SPOX: Sondern?

Green: Als wir zum Beispiel gegen Miami gespielt haben, kamen wir mit Dwyane Wade und Chris Bosh ins Gespräch. Die waren selbst vor nicht allzu langer Zeit an der Spitze der Liga und haben uns daran erinnert, diesen Moment auszukosten. Man weiß nie, was die Zukunft bringt - Verletzungen, Trades, Free Agency - deshalb kann und muss man sich in der NBA nur auf das konzentrieren, was direkt vor einem liegt.

SPOX: Klingt das nicht ein wenig düster?

Green: Es ist ziemlich ernüchternd, das stimmt. Niemand denkt gerne über den Super-GAU nach. Aber tief drinnen wissen wir genau, dass dieser Höhenflug irgendwann enden muss. Das ist die Realität, das ist das Leben. Enjoy it while you have it.

Draymond Green im Steckbrief

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