NBA

"Ich hatte schwule Teamkollegen"

Von Interview: Marc-Oliver Robbers
Casey Jacobsen spielte an der Stanford University zusammen mit Jason (l.) und Jarron Collins
© getty

Casey Jacobsen von den Brose Baskets Bamberg ist einer der besten Scharfschützen der BBL. Zudem ist er ein Ex-Teamkollege von NBA-Spieler Jason Collins, der unlängst mit seinem Coming Out für Schlagzeilen sorgte. Im Interview spricht der 32-Jährige Jacobsen über die Freundschaft zu Collins, Homosexualität im Basketball und Bambergs NBA-Hoffnung Philipp Neumann.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Sie kennen Jason Collins aus ihrer gemeinsamen Zeit an der Stanford University und bei den Memphis Grizzlies. Wie haben Sie die Nachricht von seinem Coming Out aufgefasst?

Casey Jacobsen: Das war schon eine Überraschung für mich. Obwohl ich mit ihm am College und in der Saison 2007/08 in Memphis mit ihm gespielt habe, hatte ich keine Ahnung. Ich hatte zu keiner Zeit je das Gefühl, dass er vielleicht schwul sein könnte. Er hatte ja jahrelang eine Freundin, die ich gut kannte. Aber ich beglückwünsche ihn zu diesem Schritt.

SPOX: Hatten Sie seither Kontakt zu ihm?

Jacobsen: Ich habe ihm, wie wahrscheinlich alle seine Freunde, eine E-Mail geschickt. Persönlich mit ihm zu sprechen, ist derzeit kaum möglich. Er ist in diesen Tagen ein viel beschäftigter Mann.

SPOX: Wie würden sie Collins beschreiben?

Jacobsen: Er ist ein super Typ, er ist smart und witzig. Er ist einer von den Jungs, die sich selbst nicht zu ernst nehmen. Selbst auf dem Court hat er oft ein Lächeln auf den Lippen, in der Kabine hat er ständig Witze gerissen. Und abseits des Courts hat er viele Interessen neben Basketball. Geschichte, Kunst, Politik: Mit ihm kann man sich über alles unterhalten.

SPOX: Er war 2001 als 18. Pick im Draft gewählt worden und hat sein Geld seither als Rollenspieler verdient. Wäre seine Karriere anders verlaufen, wenn er sich schon früher geoutet hätte?

Jacobsen: Das glaube ich eigentlich nicht. Seine Leistungen und sein Talent haben mit seiner sexuellen Orientierung oder der Tatsache, dass er sie so lange für sich behalten hat, nichts zu tun. Vielleicht ist er jetzt mental befreit, aber auf dem Court war und ist Jason immer einfach nur ein Basketballer, der hart arbeitet. Da spielt sein Schwulsein keine Rolle.

SPOX: Im US-Sport ist Collins' Coming Out ein Novum, diesen Schritt hat vor ihm kein Aktiver gewagt. Ist er jetzt in einer Pionier-Rolle, der in Zukunft andere Profis folgen werden?

Jacobsen: Ich denke schon. Ich kenne jetzt keine Namen und weiß es von keinem mit Sicherheit, aber nach elf Jahren als Profi ist es doch völlig klar, dass ich irgendwann mal schwule Teamkollegen gehabt haben muss oder gerade habe. Aus statistischen Gründen muss das einfach so sein. Dass jetzt ausgerechnet ein guter Freund von mir der erste offizielle ist, ist toll. Ich glaube, dass Jason aufgrund seiner Art genau der richtige für diesen Job ist. Er ist nett, lustig, jeder mag ihn. Hoffentlich kann er anderen schwulen Profis ein Vorbild sein.

SPOX: Es heißt zwar, dass Collins der erste aktive Profi ist, der sich als schwul outet. Fakt ist aber, dass er aktuell Free Agent ist. Wird er zur kommenden Saison ein neues Team finden?

Jacobsen: Davon gehe ich aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sein Schwulsein irgendeinen Einfluss darauf hat, wie ihn ein GM oder Trainer beurteilt. Im professionellen Basketball geht es nur um eins: gewinnen. Und wenn ein Spieler wie Jason, der all die kleinen Dinge tut, um seiner Mannschaft zu helfen, schwul ist, dann sollte das keine Rolle spielen.

SPOX: Die Resonanz auf Collins' Coming Out war überwältigend und fast ausschließlich positiv. Es gab aber auch ein paar negative Kommentare wie den von Ex-NBA-Spieler Larry Johnson, der gesagt hat, dass ihn schwule Teamkollegen in der Kabine nervös gemacht hätten. Was sagen Sie zu solchen Äußerungen?

Jacobsen: Jeder hat ein Recht auf seine eigene Meinung und natürlich gibt es Spieler, die sich so äußern. Ich will das nicht verurteilen und kann nur für mich sprechen: Ich würde jeden Spieler mit offenen Armen empfangen, der sich als schwul outet. Ich hätte kein Problem mit ihm in der Kabine, ich würde bei Auswärtsfahrten das Hotelzimmer mit ihm teilen und würde mich auch in der Dusche nicht unwohl fühlen.

SPOX: Sehen Sie so eine Geschichte in naher Zukunft auch auf die BBL zukommen?

Jacobsen: Ich habe keine Ahnung. Aber wie gesagt: Wir können sicher sein, dass es einen oder mehr schwule Spieler in der BBL gibt.

SPOX: Mit Bamberg treffen sie in den BBL-Playoffs auf Underdog Phönix Hagen. Was erwarten Sie von diesem Gegner?

Jacobsen: Als wir das letzte Mal gegen Hagen gespielt haben, haben wir verloren. Sie wissen also, dass sie uns schlagen können und sollten viel Selbstvertrauen haben. Und sie haben überhaupt keinen Druck, wir sind die Favoriten. So ein Gegner ist verdammt gefährlich. Ich hoffe aber, dass wir unsere Erfahrung in diesem Duell ausspielen und weiterkommen können.

SPOX: Wer wird im Kampf um den Titel ihr härtester Konkurrent?

Jacobsen: So will ich die Situation nicht beurteilen. Wir haben jetzt einen Gegner in der ersten Runde, der unsere gesamte Aufmerksamkeit erfordert und verdient. Wenn wir weiterkommen, können wir gern über den nächsten Gegner sprechen.

SPOX: Ihr Teamkollege Philipp Neumann hat sich zum NBA Draft 2013 angemeldet. Ist das der richtige Schritt für ihn?

Jacobsen: Absolut. Philipp hat sich so toll entwickelt, seit ich ihn kenne. Diese Saison war er für uns sehr erfolgreich. Ich bin überzeugt, dass er das Zeug zum NBA-Spieler hat. Er hat noch Arbeit vor sich, keine Frage. Er muss körperlich und mental noch stärker werden. Aber er kann es schaffen, und ich wünsche ihm, dass sein Traum in Erfüllung geht.

Ergebnisse und Spielplan im Überblick