NBA

"Der weibliche Michael Jordan"

Von Interview: Haruka Gruber
Candace Parker feiert den Gewinn der Goldmedaille bei den Olympischen Spielen in London
© Getty

Ein Superstar des Basketballs - mit Talent, Hingabe und Sex-Appeal: Selbst Barack Obama gehört zu den Fans von Candace Parker. Ihr nächstes Ziel: ein Platz für die Ewigkeit. Das Aushängeschild der WNBA über Familienglück und pikante Aufnahmen.

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SPOX: Während sich die Dream-Team-Herren nach dem erneuten Gewinn der Goldmedaille in den Urlaub verabschieden durften, setzt die WNBA bereits eine Woche nach dem Ende der Olympischen Spiele Ihre Saison fort. Wie groß ist das Risiko der fehlenden Motivation?

Candace Parker: Ich sehe überhaupt kein Risiko, weil ich ein großes Ziel verfolge: die WNBA-Meisterschaft. Ich besitze jetzt zwei Goldmedaillen und zwei College-Titel - doch was mir fehlt, ist die Championship. Solange ich sie nicht habe, wird meine Karriere nie komplett sein. Daher lodert das Feuer in mir so heiß wie vor London.

SPOX: Freuen Sie sich darauf, wieder der uneingeschränkte Superstar Ihres Teams Los Angeles Sparks zu sein? Im Dream Team kamen Sie aus taktischen Gründen nur von der Bank - und waren beim 86:50-Kantersieg im Finale gegen Frankreich dennoch der MVP: 21 Punkte und 11 Rebounds in nur 21 Minuten.

Parker: Schon die gesamte Vorbereitung hatte das Ziel, dass ich mich mental weiterentwickle. Es geht manchmal nicht darum, eine Wurftechnik zu beherrschen oder den Körper in Form zu bringen. Manchmal muss man das erledigen, was dem Team gut tut, egal ob man es gewohnt ist oder nicht. In diesem Bereich habe ich mich sehr verbessert und mit dieser Einstellung möchte ich bei den Sparks vorweggehen.

SPOX: Ihr Leben ist turbulent: Sie spielen die Sommermonate in den USA, im WNBA-spielfreien Winter stehen Sie wiederum in Russland beim Topklub Jekaterinburg unter Vertrag, dazu die Verpflichtungen mit der Nationalmannschaft. Gleichzeitig sind Sie mit NBA-Profi Shelden Williams verheiratet und Mutter einer dreijährigen Tochter. Und das alles mit 26 Jahren. Wie sieht Ihr Alltag aus?

Parker: Es gibt keinen Alltag. Die letzten Jahre verliefen wirklich verrückt - aber ich will es nicht anders.

SPOX: Stimmt es, dass ausgerechnet der Frankfurter Flughafen zu Ihren Lieblingsorten auf der Welt zählt?

Parker: Das stimmt! (lacht) Frankfurt ist von der ganzen Welt super zu erreichen und bei der Zollabfertigung mit meinen Hunden sind die Leute so nett und kümmern sich super um sie. Im Flughafen fühle ich mich fast schon heimisch, so oft bin ich dort.

SPOX: Ihre Tochter Lailaa begleitet Sie bei all den Reisen. Haben Sie gelegentlich ein schlechtes Gewissen?

Parker: Überhaupt nicht. Lailaa ist den Ablauf gewohnt und nimmt es sehr locker.

SPOX: Selbst beim Treffen mit Barack Obama soll sie locker gewesen sein. Das wird sich vom Besuch des US-Präsidenten im Vorbereitungscamp erzählt.

Parker: Der Präsident kam extra zu uns in die Halle und hat sich bei allen Spielerinnen persönlich vorgestellt. Er ist ein großer Unterstützer des Frauen-Basketballs und kennt wirklich jeden Namen bei uns - und eben den von Lailaa. Als ich erstmals ins Weiße Haus eingeladen wurde, hatte ich Lailaa mitgenommen, die damals noch ein Säugling war. Der Präsident erinnerte sich an sie und ließ Grüße ausrichten. Ich erzählte ihr davon - und sie zuckte nur mit den Schultern und spielte weiter. (lacht)

SPOX: Wie ist es mit Lailaas Basketball-Affinität bestellt? Mit dem Genpool aus Ihnen und Williams kann Ihr Weg nur in die WNBA führen...

Parker: ... was ich definitiv ausschließe. Sie wird es mir niemals nachmachen, denn sie ist anders als ich ein richtiges Girlie. Sie interessiert sich null für Sport. Und das ist vollkommen okay. Sie soll das machen, worauf sie später Lust hat.

SPOX: Sie bezeichnen sich selbst nicht als Girlie, dabei ist Ihr ausgeprägtes Faible für Disney-Figuren bekannt. Außerdem nannten Sie Ihren Bernhardiner nach dem Hund aus der Mädchen-Komödie "Natürlich blond." Zugleich treten Sie auf dem Basketball-Court ungeheuer dominant auf und blocken gegnerische Würfe kompromisslos in die Ränge. Sind das die zwei Extreme der Candace Parker?

Parker: So kann man es formulieren. Auf dem Court darf ich meine sensible Seite nicht zeigen, da geht es ums nackte Überleben. Wenn ich dann abschalten kann, am liebsten mit Disney. Meine Tochter kennt schon alle Songs aus den Klassikern wie "Arielle" oder "König der Löwen" auswendig, weil sie sie so oft mit mir anschauen muss.

SPOX: Wollten Sie wegen der nötigen Härte so lange nichts mit Basketball zu tun haben? Obwohl Sie aus einer Basketball-Familie stammen, beharrten Sie bis zur achten Klasse darauf, Fußball zu spielen.

Parker: Ich wollte einfach nicht über den Basketball definiert werden. Im Fußball war ich richtig gut, entweder als Mittelstürmerin oder Rechtsaußen. Hin und wieder wurde ich als Libero aufgestellt, wobei es mir mehr Spaß machte, nach vorne zu gehen. Doch irgendwann merkte ich, dass der Basketball-Virus in meinem Blut fließt und dass ich es nicht weiter verleugnen möchte.

SPOX: Daraufhin wurde Ihr Vater auch Ihr Coach. Ein strenger Coach, der Sie auf dem Freiplatz sitzen ließ, wenn Sie nicht hart genug trainiert hatten.

Parker: Er war tough, richtig tough. Hin und wieder kam es vor, dass er im Training schnurstracks ins Auto ging und alleine nach Hause fuhr, während ich laufen musste. So ist halt mein Dad. Als ich endlich zuhause ankam, war ich immer sauer und eingeschnappt. Irgendwann setzte ich mich ins Wohnzimmer, schaute mit ihm Fernsehen und es kehrte Frieden ein. Ich möchte meine Kindheit niemals eintauschen. Er wollte mich immer zu Bestleistungen treiben - und ohne die Werte, die meine Eltern mir vorlebten, wäre ich nie so weit gekommen. Vielleicht hätte ich es nach den Verletzungen nicht mehr zurückgeschafft. Oder ich hätte nach der Schwangerschaft sofort aufgehört.

SPOX: Diese Kämpfermentalität lernten Sie vermutlich im täglichen Miteinander mit den gleichfalls talentierten älteren Brüdern? Anthony Parker gehört zu den größten Basketballern der europäischen Geschichte, spielte die letzten sechs Jahre erfolgreich in der NBA und beendete in diesem Sommer die Karriere. Marcus Parker war ambitionierter High-School-Spieler, der Doktor der Medizin wurde.

Parker: Das war ein ständiges Messen. Sie versuchen heute noch, mich mit Trashtalk zu provozieren, in dem sie sagen, dass sie zu zweit mich und Shelden besiegen würden.

SPOX: Und?

Parker: Niemals! Shelden und ich würden sie garantiert schlagen. Wir haben Größe, das ist unbezahlbar. Wer von den beiden soll denn Shelden im Post stoppen?

SPOX: Untereinander gibt es beim Ehepaar Williams/Parker kein Konkurrenzdenken?

Parker: Vielleicht ein bisschen. Wenn wir Zeit haben, werfen wir zusammen paar Körbe, aber ein Eins-gegen-eins geht nicht. Das wird zu ernst. (lacht)

SPOX: Ist es förderlich oder hinderlich, dass beide Ehepartner mit Basketball Geld verdienen?

Parker: Eindeutig förderlich. Shelden weiß genau, durch welche Phasen ich gehe und wie man sich fühlt. Egal, wie sehr man jemanden liebt - solange man selbst kein Profibasketballer ist, versteht man den Beruf nie ganz. Daher fühlen wir uns sehr nahe. Andererseits kann es gelegentlich nervig sein: Shelden erkennt sofort, wenn ich nach einem Spiel einen Grund suche, um einen Fehler von mir zu entschuldigen. Er sagt dann nur: "Versuche gar nicht erst, dich rauszureden, ich habe genau gesehen, dass du gepatzt hast."

SPOX: Wie hat Williams reagiert, als Sie ihm eröffneten, dass Sie sich vor den Olympischen Spielen für "ESPN" nackt fotografieren lassen?

Parker: Zunächst nicht ganz so entspannt. Trotz muss ich mich bedanken: Wie in allen anderen Dingen hat er mich unterstützt, genau wie meine Eltern. Zumal das alles halb so wild war: Ich wurde ja so angemalt, als ob ich einen Bikini anhätte.

SPOX: Sie sind intelligent, attraktiv, verbindlich, die vielleicht beste Basketballerin der Welt und zugleich Mutter und Ehefrau. Es muss eine Schwäche geben.

Parker: Ich bin ungeduldig.

SPOX: Das sagt jeder, der keine eigene Schwäche kennt.

Parker: Nein, ich bin wirklich schlimm, was die Ungeduld anbelangt. Ich war früher unglaublich frustriert, wenn etwas nicht sofort geklappt hat. Das hatte etwas Kontraproduktives. Seit Lailaa in unser Leben getreten ist, musste ich zwangsläufig lernen, geduldig zu sein. Eine wichtige Lektion in meinem Leben.

SPOX: Vor einigen Jahren sagten Sie noch sehr kampfeslustig: "Ich möchte nicht nur als Basketballerin bekannt sein. Ich hätte nichts dagegen, zum weiblichen Michael Jordan zu werden." Sind die Zeiten von womöglich überhöhten Ambitionen vorbei?

Parker: Überhaupt nicht, das Ziel bleibt dasselbe: Mich würde es freuen, wenn in der Zukunft noch mehr Leute von mir als "weiblicher Michael Jordan" sprechen würden.

SPOX: Die legendäre Basketball-Trainerin Pat Summitt sagte bereits zu Ihrer College-Zeit: "Candace kann zur besten Spielerin aller Zeiten werden."

Parker: Das ist das höchste aller Ziele. Ich muss lügen, wenn ich sage, dass ich nicht daran denke. Im Gegenteil: Ich sage klipp und klar, dass ich zur beste Spielerin aller Zeiten werden möchte. Hoffentlich klappt das.

SPOX: Was so gar nicht zu Ihrem Leben passt: Statt für Michael Jordan zu schwärmen, sind Sie seit Kindesbeinen angeblich Fan von Ron Harper. Warum Harper, immer der Star aus der zweiten Reihe?

Parker: Ich bin in Chicago aufgewachsen und feuerte natürlich die Bulls an, bei den Spielern hielt ich hingegen immer für den vermeintlichen Underdog die Daumen. MJ war der King, wobei schon damals viele vergaßen: Ron Harper legte eine großartige Karriere hin und gehörte zu den Verteidigern, vor denen Jordan am meisten Angst hatte, bevor er nach Chicago kam. Klar, Jordan und Pippen machten die Schlagzeilen, allerdings gab Harper den Bulls diesen X-Faktor, dieses gewisse Etwas. Ich fand das immer großartig.

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