NBA

Allen und Rondo erobern La-La-Land

Von Philipp Dornhegge
Alles hört auf sein Kommando: Rajon Rondo (Nummer 9) ist längst der Anführer der Boston Celtics
© Getty

Die Boston Celtics haben nach der deprimierenden Schlappe in Spiel eins der Finals zurück geschlagen. Mit einem 103:94-Sieg in L.A. glich der Rekordmeister die Serie gegen die Lakers aus.

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Jetzt können die Finals richtig los gehen! Nach der müden und ernüchternden Leistung in Spiel eins haben sich die Boston Celtics eindrucksvoll zurück gemeldet und sich im zweiten Finalspiel eine wahre Schlacht mit den L.A. Lakers geliefert.

Der 103:94-Auswärtssieg war der verdiente Lohn für die harte Arbeit der gesamten Mannschaft. Auch Kevin Garnett und Paul Pierce, die offensiv kaum in Erscheinung traten, gaben ihr sprichwörtliches letztes Hemd für den Erfolg.

Da L.A. vehement dagegen hielt, entwickelte sich eine dramatische und ungeheuer intensive Partie, in der die Gäste in den entscheidenden Phasen allerdings stets die besseren Antworten hatten.

Obwohl Boston anfangs defensiv erneut einige Male bloß gestellt wurde - mit Lobpässen oder simplen Cuts zum Korb kam L.A. spielend zum Erfolg -, wurde schnell deutlich, dass sich der Rekordmeister nicht wieder vorführen lassen wollte.

Wallace springt für Garnett in die Bresche

Insbesondere Ray Allen, der aufgrund von Foulproblemen in Spiel eins kein Faktor war, erwischte einen echten Sahnestart: 4 von 5 aus dem Feld, 10 Punkte - dank Allen stand es nach acht Minuten 18:19.

Garnett saß zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Bank. Pau Gasol hatte dem Power Forward nach Spiel eins attestiert, dass er an Explosivität verloren habe. Die amerikanischen Medien machte daraus eine große Geschichte, durch die sich Garnett offenbar angestachelt fühlte. Zwei dumme Fouls in der Anfangsphase zwangen Coach Doc Rivers jedoch, den Defensivanker vom Feld zu nehmen.

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Das wirkte sich für die Celtics aber keineswegs negativ aus, denn Rasheed Wallace sprang mehr als ordentlich in die Bresche: Vorne verwandelte er zwei Jumper, hinten spielte er gute Defense gegen Gasol und sammelte einige wichtige Rebounds. Nach zwölf Minuten stand es 29:22 für Boston.

Lakers-Superstar Kobe Bryant war dagegen noch nicht sonderlich treffsicher, drückte der Offense des Gastgebers mit 5 Assists im ersten Viertel aber trotz allem seinen Stempel auf.

Transition-Defense der Lakers schwach

Dennoch war nicht zu übersehen, dass die Celtics defensiv viel motivierter waren. Nach der müden Anfangsphase zwangen sie die Lakers zu zehn Fehlwürfen in Folge, erst ein Jordan-Farmar-Dunk nach anderthalb Minuten im zweiten Viertel beendete die Flaute.

Durch einen traumhaften Korbleger von Rajon Rondo und einen Dreier von Allen zogen die Gäste aber wieder auf zehn Punkte davon (36:26).

Lakers-Coach Phil Jackson konnte überhaupt nicht zufrieden sein mit der Art und Weise, wie sein Team die Fastbreaks des Gegners verteidigte. Denn vor allem in der Transition war Boston nicht zu stoppen.

Rondo und Allen bereiten L.A. Kopfschmerzen

Ein ums andere Mal kurbelte der bärenstarke Rondo die Celtics-Offense an, der noch bessere Allen war immer wieder das Ziel seiner Pässe: Der 34-Jährige versenkte sieben seiner acht Versuche von Downtown und stellte damit einen neuen Finals-Rekord für Dreier in einer Halbzeit auf.

Den alten hatte Michael Jordan inne, seit er 1992 in Spiel eins gegen Portland heiß lief und sechsmal in Hälfte eins einnetzte. Aber trotz Allens Rekordjagd blieben die Lakers im Spiel.

Weil die Schiedsrichter erneut alle Celtics-Big-Men in Foulprobleme brachten und L.A. so zu 25 Freiwürfen in den ersten 24 Minuten kam.

Und weil deshalb Shelden Williams eingesetzt werden musste, der Sekunden vor der Halbzeitsirene mit einem Katastrophenpass Bryant einen offenen Dreier ermöglichte, der damit den Rückstand auf sechs Punkte verkürzte (48:54).

Lakers-Big-Men nicht zu stoppen

Allen gab anschließend zu, dass es hart werden würde, diesen Rückschlag wegzustecken. Schließlich habe man exzellent gespielt, sich das Leben aber selbst schwer gemacht.

Und genau so, wie es der Shooter befürchtet hatte, kam es dann auch. Nicht einmal zwei Minuten waren im dritten Abschnitt absolviert, als Gasol mit einem Jumper die Lakers wieder in Führung brachte (57:56).

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Zuvor hatte Boston einen Offensivrebound hergeschenkt, den Ball im Spielaufbau vertändelt und Ron Artest einen freien Dreier genehmigt - so kann man eigentlich kein Finals-Spiel gewinnen.

Rivers nahm umgehend eine Auszeit, um seiner Truppe ins Gewissen zu reden. Die wehrte sich, hatte in der Zone aber keine Antwort auf das Duo Gasol/Andrew Bynum. Immer wieder setzten sich die beiden gegenseitig in Szene und kamen entweder zu leichten Punkten oder zogen Fouls.

Allens Rekord: Acht Dreier in einem Finalspiel

Die beste Nachricht in dieser Phase war für die Celtics, dass auch Bryant mit einem sehr fragwürdigen Foul belastet wurde. Da es für ihn bereits das vierte war, musste der Superstar vorerst vom Platz.

Die zweitbeste war, dass Allen seinen achten Dreier traf, damit auch den Rekord für Dreier in einem Finalspiel insgesamt brach und seine Mannschaft so im Spiel hielt. Den alten Rekord hielten übrigens gemeinsam Ex-Houston-Rockets-Guard Kenny Smith und Chicago-Bulls-Legende Scottie Pippen.

Ansonsten war der dritte Spielabschnitt ein zähes Ringen, in dem beide Teams gute Chancen vergaben. Mit 72:72 ging es in die Unterbrechung, nach der Rondo zum ersten Mal überhaupt eine Verschnaufpause bekam.

Dem Point Guard fehlte zu diesem Zeitpunkt nur noch ein Punkt zu einem Triple-Double, aber ihm war anzumerken, dass er konditionell langsam an seine Grenzen stieß.

Nate Robinson sorgt für Schub

Nate Robinson kam zu seinem ersten Einsatz. Der dreimalige Slam-Dunk-Champion hatte mit einem Dreier und einem Fastbreak-Korbleger ebenso entscheidenden Anteil daran, dass Boston die kritische Phase unbeschadet überstand, wie Bryant, der mit einem Offensivfoul sein Konto auf fünf schraubte und schon wieder vom Feld ging.

Erst sechseinhalb Minuten vor Schluss kam er wieder, war mit zwei Treffern aber gleich wieder ein wichtiger Faktor. Doch Rondo hatte seine Pause gut getan: Als der Spielmacher wieder im Spiel war, machte er sechs Punkte in Folge für sein Team und hatte damit locker seinen Triple-Double erreicht.

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Garnett und erneut Rondo bauten den Vorsprung auf 97:91 aus. Bryant wusste, dass jetzt etwas passieren musste. Doch anstatt zum Korb zu ziehen, scheute er das Risiko, sein sechstes Foul zu kassieren, und entschied sich für einen überhasteten Dreier.

Er verpasste, Perkins legte nach und das Ding war so gut wie gegessen. Dreißig Sekunden hatte L.A. nun nur noch für ein Comeback. Zu wenig Zeit, die die Celtics zudem mit einigen Freiwürfen effektiv überbrückten.

Celtics das bessere von zwei starken Teams

Die Fans im Staples Center strömten schon vor der Schlusssirene aus der Arena, konnten aber mit dem Auftritt ihres Teams eigentlich nicht unzufrieden sein.

Denn die Lakers kämpften, kratzten und bissen, aber der Gegner war an diesem Abend eben einen Tick aggressiver und hatte hier und da das Glück des Tüchtigen.

Für Boston war dies ein fast schon überlebenswichtiger Sieg, denn wäre man mit zwei Niederlagen im Gepäck heimgekehrt, hätte man die Finals fast schon abhaken können.

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So liegt der Druck vorerst wieder bei den Lakers: In den kommenden drei Partien, die allesamt in Boston stattfinden, muss der Titelverteidiger mindestens einen Auswärtssieg einfahren, um weiter im Rennen zu bleiben.

Anders als L.A., das vor dieser zweiten Finalpartie 29 von 32 Playoff-Heimspielen gewann, gelten die Celtics allerdings als nicht allzu heimstark. Die Tatsache, dass der Rekordmeister in der diesjährigen Postseason mehr Spiele auf des Gegners Parkett als auf dem eigenen gewonnen hat, ist dafür Beweis genug.

Auf der anderen Seite: Bei keiner Gelegenheit stehen die Fans im Garden so bedingungslos hinter ihrem Team und feuern es so lautstark an wie bei einem Finale gegen den Erzfeind. Auch in Spiel drei darf man sich also auf einen harten Kampf freuen.

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