NBA

Bryant-Gasol-Show zum Auftakt

Von Florian Regelmann
Angeführt von Bryant und Gasol haben die Lakers Runde eins des Heavyweight-Fights gewonnen
© Getty

Die Los Angeles Lakers gewinnen Spiel eins der NBA Finals gegen die Boston Celtics nach einer sowohl offensiv als auch defensiv überragenden Vorstellung mit 102:89. Kobe Bryant und Pau Gasol drücken dem Spiel ihren Stempel auf.

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"Aggressiver!" Wenn die Lakers in den Tagen vor dem Finals-Start danach gefragt wurden, was denn der größte Unterschied zwischen der aktuellen Mannschaft und dem Team sei, das 2008 im Finale in sechs Spielen Boston unterlag, gab es häufig diese eine Antwort.

Vor zwei Jahren waren die Celtics das aggressivere, toughere Team - diesmal wollen es die Lakers sein. Und in Spiel eins haben sie das auf beeindruckende Art und Weise unter Beweis gestellt.

Die Celtics erzielten zwar die ersten Punkte des Spiels, als Rajon Rondo - am Anfang von Kobe Bryant verteidigt - mit einem Layup erfolgreich war, aber es sollte ihre einzige Führung im ganzen Spiel bleiben. Schon nach 27 Sekunden war die Toughness der Lakers zum ersten Mal sichtbar.

Ron Artest lieferte sich unter dem Korb ein kurzes, heftiges Wrestling-Match mit Paul Pierce und schickte sofort ein deutliches Signal in Richtung Celtics, dass es kein schöner Abend für sie werden würde. Sowohl Artest als auch Pierce wurden für ihre Aktion mit einem technischen Foul belegt. Das Wort "Foul" hatte von Beginn an Hochkonjunktur.

Überragender Gasol

Es hagelte Pfiffe der Refs. Lakers-Guard Derek Fisher musste schon nach zwei Minuten mit seinem zweiten Foul auf die Bank, bei den Celtics geriet Ray Allen, der Bryant verteidigen sollte, früh in Foulprobleme. Überhaupt keine Probleme jedweder Art hatte dagegen Kobe.

In den 2008er Finals schafften es die Celtics, Bryant zu einem reinen Jump-Shooter zu degradieren, der Weg zum Korb wurde ihm damals gnadenlos versperrt. 2010? Es dauerte keine zwei Minuten, da zog Bryant zum ersten Mal spielerisch gegen die Celtics-Defense in die Zone und legte den Ball zur ersten Führung von L.A. in den Korb.

Die super-aggressiven Lakers kontrollierten in der Folge während des ganzen Spiels die Paint (42:31-Rebounds). Auch dank ihrer vielleicht größten Stärke: ihrer Länge. Gegen Pau Gasol und Andrew Bynum standen die Celtics häufig auf verlorenem Posten.

Vor allem Gasol spielte absolut überragend. Der Spanier punktete, ackerte am Brett wie ein Berserker und griff sich einen Offensiv-Rebound nach dem anderen ab - und defensiv ließ er Boston mit einigen Monster-Blocks verzweifeln.

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Finley muss aufs Feld...

Für Lakers-Coach Phil Jackson ist das Matchup zwischen Gasol und Kevin Garnett das Schlüsselduell der Finals. Vor zwei Jahren schubste Garnett Gasol noch durch die Gegend, jetzt hätte es in Spiel eins keinen eindeutigeren Sieger geben können als Gasol.

Aufgrund seiner Dominanz konnten es die Lakers locker kompensieren, dass Top-Backup Lamar Odom sich ganz schnell drei Fouls einhandelte und überhaupt kein Faktor war.

Ganz anders die Problematik bei den Celtics. Trotz ihrer Defizite waren sie kurz vor Ende des ersten Viertels (19:20) voll im Spiel, weil sie immerhin den Weg an die Freiwurflinie fanden und so in der Partie blieben. Aber dann kassierte Schlüssel-Backup Tony Allen sein drittes Foul, Ray Allen hatte wie erwähnt bereits zwei auf dem Konto - also musste Coach Doc Rivers Michael Finley aufs Parkett schicken.

Finley war mal ein All-Star, er war mal ein großartiger Spieler, aber es gibt einen Grund, warum er eigentlich nicht zur Rotation der Celtics gehört. Weil er darin nichts zu suchen hat. Innerhalb von kürzester Zeit machten ihn Jordan Farmar und Shannon Brown total nass und zogen für Layups an ihm vorbei.

Bryant dreht im dritten Viertel auf

Zu Beginn des zweiten Viertels war das Finley-Experiment schon wieder vorbei. Rivers brachte Nate Robinson und ließ den kleinen Spielmacher einige Zeit gemeinsam mit Rondo im Backcourt spielen. Und diese Lineup der Celtics funktionierte gar nicht schlecht.

Rasheed Wallace streute schnell fünf Punkte ein, Ray Allen traf einige Jumper - Boston lag fünf Minuten vor der Pause nur mit zwei Punkten in Rückstand (35:37), ehe L.A. wieder stärker wurde. Entscheidenden Anteil an einem 13:6-Lakers-Run bis zur Halbzeit hatte Artest, der innerhalb von 16 Sekunden einen Dreier traf und einen Korbleger nachlegte. In der Anfangsphase hatte Artest einige furchtbare Würfe genommen, aber er hatte auch immer wieder ganz starke Phasen wie diese.

Nur ein Buzzer-Beater vom bis auf seine notorische Freiwurfschwäche guten Rondo verhinderte, dass die Lakers nach 24 Minuten zweistellig in Führung lagen (50:41).

Wer gedacht hatte, dass die Celtics im dritten Viertel zurückschlagen würden, sah sich getäuscht. Im Staples Center übernahm nun einer das Kommando und er hatte ein gelbes Jersey mit der Nummer 24 an. Bryant drehte ganz groß auf und erzielte im dritten Abschnitt 14 Punkte.

Artest ist der X-Faktor

Nach einem Offensiv-Rebound von Artest besorgte Bryant das 61:50. Die Statistik der Second-Chance-Points zu diesem Zeitpunkt: Lakers 12 - Celtics 0. Es war bezeichnend. Die Lakers fighteten mehr, sie wollten dieses Spiel einfach mehr als die Celtics.

Dank der Bryant-Gasol-Show zog L.A. immer weiter davon. Zwei Minuten vor Ende des dritten Viertels brachte ein krachender Alley-oop-Dunk von Bryant nach Fisher-Pass die Halle zum Kochen (75:62). Wenig später traf Artest seinen zweiten Dreier der Partie und brachte die Lakers damit mit 20 Punkten in Führung (84:64).

Pierce: Dreier vorbei. Wallace: technisches Foul. Rondo: Offensiv-Foul/Turnover. Wallace: Dreier vorbei. Bei Boston ging absolut nichts mehr zusammen. Erst im Schlussviertel rappelten sich die Celtics noch einmal auf und kamen mit einem 10:1-Lauf recht schnell auf elf Zähler heran (74:85).

Dass es aber noch richtig spannend werden würde, ließen die Lakers nicht zu. Mitte des letzten Viertels blockte der X-Faktor Artest nach einer sensationellen Sequenz in der Defense Glen Davis, Jordan Farmar passte zu Gasol und dieser schloss den Fastbreak mit einem Slam-Dunk ab. Die Lakers führten wieder mit 15 Punkten Vorsprung (91:76), die Partie war endgültig gelaufen.

Lakers die besseren Celtics

In der Schlussphase traf Artest sogar noch seinen dritten Dreier. Wenn Artest 60 Prozent (3/5) von Downtown schießt und die Celtics als Team 10 Prozent (1/10), muss man eigentlich nicht mehr sagen. In den letzten Sekunden setzte Bryant dann noch mit einem weiteren Dreier den passenden Schlusspunkt eines perfekten Lakers-Spiels.

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Bryant beendete die Partie mit 30 Punkten, 7 Rebounds und 6 Assists, Gasol lieferte 26 Punkte, 14 Rebounds (8 offensiv), 3 Assists und 3 Blocks. Pierce war mit 24 Punkten (12/13 Freiwürfe) und 9 Rebounds der beste Mann bei den Celtics.

Fazit: Die Lakers sind mit einer dominanten Vorstellung in die Finals gestartet und bleiben in den Playoffs zuhause seit zwölf Spielen (9-0 diese Saison) ungeschlagen. Die Celtics müssen vor Spiel zwei am Sonntag in den Spiegel schauen und sich fragen, was sie da zum Auftakt eigentlich gemacht haben.

Es hatte auf jeden Fall nicht im Ansatz was mit dem zu tun, was ja eigentlich die Celtics-Mentalität ist. Aggressiv, physisch, tough, super Defense? Alles, was die Celtics so auszeichnet, zeigte nur eine Mannschaft: L.A. Kurzum: Die Lakers waren irgendwie die besseren Celtics.

"Sie waren das eindeutig physischere Team. Sie waren aggressiver und haben uns den ganzen Abend attackiert. Wir sind damit nicht gut umgegangen", sagte Rivers nach dem Spiel. Dass die Celtics die Serie gewinnen können, scheint vor allem wegen einer Statistik schon jetzt nahezu unmöglich. Die von Phil Jackson trainierten Teams in Chicago und Los Angeles haben 47 Playoff-Serien in Folge gewonnen, wenn sie das erste Spiel für sich entschieden haben.

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