"We're broken."

Von Shoto
James Harden und Dwight Howard haben derzeit wenig Grund zum jubeln
© getty
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Also: Houston, haben wir ein Problem? Offenbar, und wenn es nur das zu offen auftretende und zu verbreitete Peter-Pan-Syndrom, dem "nicht-erwachsen-werden-wollen" der Hauptprotagonisten, ist. Aber allein das reicht in der NBA, um aus einem talentierten, vielleicht etwas zu erfolgsverwöhntem Team ein graues Durchschnittsteam zu machen. Und doch besteht so etwas wie Hoffnung: Denn auch wenn man seine zu starke Fixierung auf die statistische Seite des Basketballs nicht mögen muss (oder kann, vielleicht ist es durchgeklungen...), so befindet sich mit Daryl Morey eben trotzdem ein General Manager an der Spitze der Rakete, der unablässige Optimierung betreibt. Und kaputte Dinge repariert. Und nachdem quasi "festgestellt" wurde, was denn kaputt ist, lassen sich auch Möglichkeiten zur Reparatur skizzieren. In der NBA sind es zumeist zwei an der Zahl.

Die erste, und momentan aktuellste, Möglichkeit, ist sicherlich chirurgisch in das Teamgebilde einzugreifen: Bestandteile auszutauschen und durch neue zu ersetzen. Lies: Ein Trade muss her! Nur: Wer soll überhaupt feilgeboten werden?

James Harden? Der mit dem in Houston ja fast schon alles anfing? Ein Spielertyp, der genau zu Moreys Idee von Basketball passt und der noch bis einschließlich 2017-18 an die Franchise gebunden ist? Kaum vorstellbar.

Oder einer jener, dessen Vertrag im Sommer ausläuft, die 30 noch nicht passiert hat und moderates Gehalt (sofern man in der heutigen Zeit davon überhaupt sprechen kann) fordern würde? Also Terrence Jones oder Donatas Motiejunas? Schon eher vorstellbar, doch was würden sie an realistischem Gegenwert einbringen? Schließlich müssten die heutigen Schwachpunkte gefixt werden, ohne neue Löcher im Kader aufzureißen. Zumal nahezu jede Franchise im kommenden Sommer dank des "Cap Spike" (offenbar ist das ein Begriff) jenen Spielern auch unmoralisch viel Geld anbieten könnte, ohne ein "Asset" (wieder so ein Begriff) im Austausch zu verlieren.

Vielleicht dann doch einer der Ehemaligen? Die Ty Lawsons, Trevor Arizas und Josh Smiths dieser Welt? Aber auch hier gilt wie schon oben: Was ist ein realistischer Gegenwert, den Houston verlangen und bekommen könnte? Schließlich scheinen selbst die östlichen (New York) und westlichen (Sacramento) Mülldeponien weniger stark zu brennen (wenn auch im Fall der Kings eher dadurch bedingt, dass kaum noch Brennmaterial vorhanden ist). Und um den Nets einige wertige Güter für minimalen Gegenwert zu entlocken, ist man circa drei Jahre zu spät.

Superstar oder Fußfessel?

Es bleibt wahrscheinlich nur noch einer: Dwight Howard. Zwei Wörter, bei denen vor Jahren noch respektvoll Gänsehaut auf den Rücken gegnerischer Center auftauchte, bis Zucker-induzierte Launen seine Reputation allmählich dahinsiechen ließen. Aber es ist eben dennoch ein klangvoller Name und dem Vernehmen nach der, der am ehesten zu haben wäre. Und ich weiß, es wird langweilig, aber auch hier muss der Rockets-Fan, der bereits DeMarcus Cousins herbeifantasiert, gebremst werden. Es macht mir doch auch keinen Spaß. Denn: Was wäre ein realistischer Gegenwert für Dwight Howard? Und gibt es den überhaupt? Howard ist immer noch, trotz Reputationsnachlasses, ein mindestens guter Center, dessen Spiel ohnehin eher auf die Postseason ausgelegt ist. Und doch befindet er sich altersbedingt auf der falschen Seite der 30.

Er könnte einem Team zu Postseason-Ruhm verhelfen, aber in wie vielen noch zu spielenden Saisons? Komplett krankheitsbefreit war er weiß Gott nicht. Für moderates Salär vielleicht sogar eine fantastische Ergänzung, aber offenbar fordert er einen letzten Max Contract. Und wir erinnern uns: Big Men haben (zumindest ist das meine subjektive Wahrnehmung) die Tendenz, gerne abrupt an ihre Leistungsgrenze zu stoßen, um dann in rasanter Geschwindigkeit zum Rotationsspieler (bestenfalls) zu verkommen. Und diesem Spieler soll ein Team einen letzten großen Vertrag offerieren? Ja, das Salary Cap steigt, aber 30 Millionen Dollar sind selbst bei 92 Millionen Dollar knapp ein Drittel des verfügbaren Spielraums. Will sich jemand wirklich diese Fußfessel anlegen und im Gegenzug wertige "Assets" in Richtung Houston schicken? Ich vermag es nicht zu glauben. Auch wenn mich die NBA schon so manches Mal bekehrt hat.

Why can't we be friends?

Aber vielleicht geht es ja auch anders. Teamintern. Die Probleme ansprechen und aktiv an ihnen arbeiten. Natürlich ist das ein deutlich schwierigerer, aufwendigerer Weg. Aber ein schlechterer? Ich meine: Nein. Gerade dann, wenn die Probleme eher auf Seiten der Defensive zu suchen sind. Dann anders als in der Offensive, in der mangelnde Kreativität und individuelle Klasse sehr spürbar sind, können in der Defensive mindestens annehmbare Resultate erzielt werden, wenn man die Grundlagen abermals verinnerlicht und mit erhöhter Intensität agiert wird. Bizarrerweise sind gerade die Portland Trail Blazers hier ein Beispiel, wie man mit simpelsten Mitteln und Kampfgeist das DefRtg. steigern kann.

Wir erinnern uns: In den Monaten November bis Januar waren die Blazers defensiv immer im unteren Drittel der Liga angesiedelt, zwischenzeitlich sogar auf einem desolaten 29. Platz (DefRtg. im Dezember; 107.8). Und dann kann die Wende. Nach einer schmerzhaften Niederlage gegen die Philadelphia 76ers im Mitte Januarnutze man einen längeren Aufenthalt in Oregon, um Videoanalyse zu betreiben. Fehler aufzuzeigen. An den Grundlagen zu arbeiten. Den Spielern die Wichtigkeit einzuimpfen. Ihren Kampfgeist - der sicherlich schon vorher vorhanden war - noch einmal zu schärfen. Das Ergebnis? Seit dem Spiel gegen die Sixers stellen die Blazers mit 99.0 das zweitbeste DefRtg. der Liga.

Natürlich ist das keine große Stichprobe. Und in jenem Zeitraum musste man sicherlich nicht zu häufig gegen den Ligaprimus antreten. Realistisch wird man natürlich niemals den zweiten Platz bis zum Ende der Saison halten. Na und? Selbst wenn die Blazers wieder abrutschen, kann man aus ihrer Justierung Lehren ziehen. Und gerade dann, wenn man in der Situation der Rockets ist.

This is the end - Is this the end?

Und wenn man aus dieser Kolumne außer einer unterschwelligen Abneigung von Basketball-Raketen vielleicht doch eines mitnehmen kann, dann eben das: Manchmal sind keine Trades nötig, um selbst größere Probleme zu lösen. Manchmal kann man Probleme auch mit nicht oder zumindest schwer messbaren Variablen begegnen. Attribute, die ihre Herkunft vor allem oberhalb des Halses haben, können auch dienlich sein.

Führungsmerkmale halt. Jetzt bietet sich vielleicht zum letzten Mal für Harden und Howard die Möglichkeit, jene unter Beweis zu stellen. Sich zusammenzuraufen. Am Talent, welches vorhanden ist, festzuhalten und stattdessen vor allem an der eigenen Einstellung zu arbeiten. Um das Ziel "Playoffs" gemeinsam anzugehen.

Wollte ich bis vor zehn Minuten noch schreiben. Dann bekam ich einen Link zu einem Tweet (fuck yeah, 2016!) zugeschickt in dem grob übersetzt steht, Harden und Howard hätten nach der Playoff-Niederlage gegen die Blazers versucht, den jeweils anderen traden zu lassen. Und wisst ihr was: Jetzt lasse ich eine Harden/Howard'sche Attitüde heraushängen. Den Scheiß "verifiziere" ich nicht. Lasst die Rockets doch an ihrer eigenen Einstellung zugrunde gehen. Lasst sie doch Howard traden. Nach Charlotte, Miami, Atlanta, mir doch egal. Ich bin raus - so wie Dwight aus Houston.

Die Houston Rockets im Überblick

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