Russland droht mit Klage

SID
Mindestens 15 Medaillengewinner sollen gedopt gewesen sein
© getty

Der russische Staat droht Whistleblower Gregori Rodtschenkow und der New York Times nach der Veröffentlichung der Doping-Vorwürfe mit rechtlichen Konsequenzen.

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Die Reaktionen nach den massiven Doping-Vorwürfen gegen Russland kamen prompt - und von ganz oben. "Das sind Verleumdungen eines Deserteurs", sagte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow. Wut und Verärgerung waren in allen Äußerungen sowohl von sportlicher als auch staatlicher Seite deutlich zu spüren. "Dies sind absolut unhaltbare Vorwürfe", ereiferte sich Peskow weiter und verfiel zeitweise in Rhetorik wie in Zeiten des Kalten Krieges.

Die Anschuldigungen gegen die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 treffen das Gastgeberland tief. Immerhin waren die milliardenschweren Spiele eines der Vorzeigeprojekte von Staatspräsident Wladimir Putin. Dieser hatte sich in einer in englisch gehaltenen Rede persönlich vor dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) für die Vergabe nach Sotschi stark gemacht. Russland lag am Ende der Spiele auf Platz eins des Medaillenspiegels - nun droht Sotschi zur Farce zu werden.

Kreml unterstützt Klage

Der ehemalige Leiter des Moskauer Anti-Doping-Labors, Gregori Rodtschenkow, hatte in der New York Times schwere Vorwürfe gegen das russische Team während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi erhoben. Rodtschenkow sprach von einem staatlichen Dopingsystem. Dutzende russische Sportler, darunter mindestens 15 Medaillengewinner, sollen gedopt an den Start gegangen sein.

Sportminister Witali Mutko hatte sich präventiv schon vor der Veröffentlichung an die heimischen Medien gewandt, anschließend betitelte er den Bericht als "Unsinn" - und wurde am Freitag erneut vom Kreml unterstützt.

Selbst eine Klage gegen Whistleblower Rodtschenkow und die renommierte New York Times wird nun diskutiert. "Von Seiten des Ministeriums und von Seiten der Sportler werden gerade alle juristischen Aspekte - auch der Gang vor ein Gericht - bearbeitet", sagte Jurij Nagornich, Mutkos Stellvertreter im Sportministerium. Putins Sprecher Peskow erklärte, der Kreml würde eine rechtliche Auseinandersetzung unterstützen.

Schon Alexander Legkow, Goldmedaillengewinner in Sotschi über 50 km und Zweiter mit der russischen Staffel, hatte juristische Schritte ins Spiel gebracht. "Ich habe 300 Millionen Prozent Vertrauen in mich. Wo ist Rodtschenkow? In Miami, Los Angeles? Es ist sehr einfach, Quatsch zu reden, wenn man weit weg ist", sagte Legkow dem russischen Fernsehsender Match TV: "Ich denke, wir sollten ihn verklagen. Ich werde das mit meinem Management besprechen."

"Ich habe nie verbotene Stoffe genommen"

Auch die namentlich genannten Olympiasieger Alexander Subkow und Alexander Tretjakow wiesen die Vorwürfe zurück. "Dies ist eine Verleumdung gegen die russischen Athleten und gegen mich besonders", sagte Subkow, Doppel-Olympiasieger im Bob, der Zeitung Sport Express: "Ich habe an fünf Olympischen Spielen teilgenommen und drei Medaillen gewonnen. Jedes Mal habe ich Doping-Kontrollen absolviert. Und jetzt beschuldigt mich jemand."

Tretjakow sah als Hintergrund der Vorwürfe - wie so viele in Russland - politische Motive. "Ein Mensch, den ich nie im Leben gesehen habe, beschuldigt mich, Dopingmittel genommen zu haben. Wenn solche politischen Spiele laufen, werden alle Methoden genutzt - allen sind die Würde und Ehre der Beschuldigten egal", sagte Tretjakow: "Ich habe nie verbotene Stoffe genommen und werde sie nie nehmen. Und ich kann es beweisen."

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