UFC

B.A. gegen den Hammer

Von Oliver Copp
Quinton "Rampage" Jackson trifft bei UFC 130 auf Matt "The Hammer" Hamill
© Getty

Bei der Ultimate Fighting Championship gibt es zwei Kategorien von Veranstaltungen. Entweder gibt es einen Hauptkampf, der das komplette restliche Programm überstrahlt und im Vorfeld das Einzige ist, was Fans und Experten wahrnehmen. Und dann gibt es Veranstaltungen wie UFC 130, die vielleicht nicht die Strahlkraft der ganz großen Events besitzen, dafür aber einige Kämpfe zu bieten haben, die die Zukunft in den jeweiligen Gewichtsklassen nachhaltig beeinflussen.

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Eigentlich war als Hauptkampf für UFC 130 in Las Vegas der dritte und entscheidende Fight zwischen dem UFC Weltmeister im Leichtgewicht, Frankie Edgar, und dem bis dato ungeschlagenen Gray "The Bully" Maynard, der dem Weltmeister vor drei Jahren die einzige Niederlage seiner Karriere zugefügt hat, geplant.

Doch leider schlug das Verletzungspech gleich doppelt zu: Zunächst sagte der Weltmeister wegen eines Rückenleidens ab, und danach zog sich auch der Herausforderer zurück, um sich am Knie operieren zu lassen.

Hauptkampf abgesagt

Da dies nur wenige Wochen vor dem Event geschah, war ein adäquater Ersatzkampf nicht mehr zu beschaffen. Es ist mit wenig Vorlauf fast ausgeschlossen, einen eines Hauptkampfes würdigen Fighter zu überreden, mit wenig Vorbereitungszeit ins Octagon zu steigen. Die Wahrscheinlichkeit, gleich zwei zu finden, ist gleich Null.

Folglich rückten die anderen Kämpfe in der Bedeutung um einen Rang auf. Der offizielle Hauptkampf der Veranstaltung ist ein Halbschwergewichtskampf zwischen dem früheren Weltmeister und Star der Neuverfilmung des A-Teams, Quinton Rampage Jackson, und dem gehörlosen Publikumsliebling Matt "The Hammer" Hamill.

Ein beeindruckender Sieg würde Jackson höchstwahrscheinlich einen Titelkampf im Oktober gegen Weltmeister Jon Bones Jones einbringen. Auch Hamill könnte unter den richtigen Umständen mit einem Erfolg für eine Titelchance gehandelt werden, denn er hält einen glücklichen Disqualifikationssieg gegen den Weltmeister. Jon Jones hätte seinerseits großes Interesse daran, diese Scharte auszuwetzen.

Jackson Favorit gegen Hamill

Doch zunächst einmal muss man konstatieren, dass Rampage als haushoher Favorit in den Kampf gegen Hamill gehen wird. Seine Rechte hat dieselbe Aufprallwucht wie ein 410 Kilogramm schwerer Stein, der einem mit einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern gegen den Kopf geworfen wird.

Gleichzeitig hat Jackson ein ausgezeichnetes Kinn und ist ringerisch gut genug, dass er selten zu Boden gebracht wird. Er hat in der Vergangenheit Kämpfe mit spektakulären Slams beendet und ist an guten Tagen für seine Explosivität in den ersten Runden berüchtigt. Seine einzigen beiden wirklichen Schwächen sind seine oft fragwürdige Kondition und seine Trainingsmotivation.

Hamill braucht Lucky Punch

Die Szenarien, in denen sich Matt Hamill den Sieg holt, sind dagegen eng begrenzt. Entweder er gewinnt durch einen Headkick aus dem Nichts - wie gegen Mark Munoz - oder er muss sein Ringen nutzen, um den Gegner zu neutralisieren und über die volle Distanz festzupinnen. Hamill zeigt gute Beinarbeit, bekommt aber wenig Kraft hinter seine Schläge.

Er ist offensiv ein ausgezeichneter Ringer, hat bislang aber am Boden wenig Talent oder Können gezeigt. Hamills größte Schwäche ist, dass er sich in den letzten fünf Jahren kaum entwickelt hat. Sein Striking ist technisch gut, verfügt jedoch über zu wenig Dampf, um wirklich gefährlich zu sein.

Vor diesem Hintergrund wundert es wenig, dass Jackson im Trainingslager keine sonderlich große Motivation verspürt haben soll. Unterschätzt er Hamill, ist das die Chance für einen Überraschungssieg für den Ultimate-Fighter-Veteranen. Die Wahrscheinlichkeit dafür würde ich aber mit unter zehn Prozent beziffern.

Hauptkampf: Mir vs. Nelson

Der wahre Hauptkampf der Veranstaltung findet im Schwergewicht statt. Mit dem früheren Weltmeister Frank Mir und dem Ultimate Fighter 10-Sieger Roy Big Country Nelson stehen sich zwei Lokalmatadoren erstmals in einem MMA-Kampf gegenüber. Über die Hälfte der verkauften Karten wurden an Bürger von Las Vegas verkauft, was für die tourismusstarke Wüstenstadt ungewöhnlich ist.

Das zeigt, wie sehr man sich vor Ort auf den lang erwarteten Fight der beiden großen Grappler der Stadt freut. Mir und Nelson waren gemeinsam auf der High School und sind seit ihrer Kindheit gut befreundet. In einer Sache gibt es dagegen seit vielen Jahren Streit: Beide nehmen für sich in Anspruch, der beste Grappler des Schwergewichts zu sein.

Auf dem Papier hat Nelson in der Diskussion die Oberhand, weil er Mir vor acht Jahren beim wichtigsten Grapplingturnier der Stadt mit 15-2 Punkten besiegte - bis heute die krasseste Deklassierung in der Geschichte des "Grappler's Quest"-Turniers. Seitdem sind acht Jahre vergangen, und aus den rudimentären MMA-Kämpfern Frank Mir und Roy Nelson wurden Vollprofis auf Weltniveau.

Mir will K.o. in Runde eins

Mir wird nicht müde zu betonen, dass ein Kampf im Octagon weit mehr ist als nur reiner Bodenkampf und sagt sogar einen K.o.-Sieg in der ersten Runde voraus. Nelson gibt sich betont cool und sagte gegenüber SPOX.com, Mir werde am Samstag schon sehen, warum der Zug für ihn abgefahren ist.

Auch jenseits des Lokalpatriotismus ist dieser Kampf ausgesprochen interessant und ein gutes Beispiel für Schein vs. Sein. Mir, der frühere Weltmeister, konnte schon deutlich mehr große Namen besiegen als Nelson. Er ist ein Großmaul und gewinnt entweder beeindruckend oder geht mit fliegenden Fahnen unter, um dann im Nachhinein zu erklären, warum er ja eigentlich gar nicht verloren habe.

Mir ist unterhaltsam und vermarktet sich selbst ausgezeichnet. Seine Leistungen sind jedoch durchwachsen, und für jeden wichtigen Sieg ging er auch einmal auf die Bretter. Seine Kondition verbessert bzw. verschlechtert sich mit der Muskelmasse, die er mit sich herumträgt. Je aufgepumpter Mir ist, desto weniger Puste bleibt ihm.

Nelson technisch besser

Auf der anderen Seite musste er in neunzehn Profikämpfen erst zweimal in die dritte Runde. Mir verfügt über ausgezeichnete Aufgabegriffe am Boden, dafür hält sein Kinn aber wenig aus. Er ist ein guter - wenngleich berechenbarer - Striker mit einer sehr gefährlichen Rechten.

Roy Nelson ist mindestens genau so von sich überzeugt wie Mir, doch scheint in seinem Fall mehr Substanz dahinter zu sein. Während Frank Mir bei seinen Aufgabegriffen viel mit reiner Kraft arbeitet, ist Nelson technisch ausgezeichnet und nutzt seinen massigen Bauch, um den Gegner zu blockieren und teils auch, um einen besseren Hebel hinzubekommen.

Big Country verfügt über ein Granitkinn und eine deutlich bessere Ausdauer, als seine Fülle unterstellen würde. Nelson hat zwar keine so bekannten Namen auf seinem Kampfrekord wie Mir, dafür hat er bewiesen, mit Gegnern eines jeden Stils gut umgehen zu können. Mir zeigte in Vergangenheit Schwächen gegen schwere Gegner, die gleichzeitig gut im Ringen sind und eine gute Balance haben.

Prognose: Nelson gewinnt

Roy Nelson überstand letztes Jahr drei Runden gegen Junior Dos Santos, ohne ausgeknockt zu werden. Glaubt dann ernsthaft jemand, dass Mirs Striking Nelson gefährlich werden kann? Am Boden sind die Vorteile klar bei Roy Nelson, und sollte der Kampf in die dritte Runde gehen, wird Nelson der Frischere sein. Das Bauchgefühl mag einem sagen, dass Frank Mir in diesem Kampf der Favorit ist, doch die Fakten deuten eher in Richtung Roy Nelson.

Diese beiden Kämpfe und noch acht weitere erwarten uns in der Nacht von Samstag auf Sonntag ab 3 Uhr auf SPOX.com und UFC.tv. Bereits um 1 Uhr startet die Liveübertragung der Vorkämpfe auf der offiziellen Facebook-Seite der UFC.

SPOX wird live aus Las Vegas berichten.

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