Wahnsinn! Kerber gewinnt Krimi gegen Lisicki

Von SPOX
Vier Matchbälle brauchte Kerber, um Lisicki zu bezwingen
© Getty

Angelique Kerber steht zum ersten Mal im Halbfinale von Wimbledon. In einem hochklassigen und spannenden Match setzt sie sich in drei Sätzen gegen Sabine Lisicki durch. Im Halbfinale wartet nun Agnieszka Radwanska. Bei den Herren geht das Märchen weiter: Florian Mayer und Philipp Kohlschreiber haben das Viertelfinale erreicht. Auch Murray und Ferrer sind durch. Serena Williams wirft die Titelverteidigerin aus dem Turnier.

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Damen - Viertelfinale (alle Ergebnisse)

Angelique Kerber (GER/8) - Sabine Lisicki (GER/15) 6:3, 6:7, 7:5

Nach genau zweieinhalb Stunden ließ Angelique Kerber mit einem lauten Schrei die angestauten Emotionen heraus, ballte die Faust in Richtung ihrer Box und reckte triumphierend beide Arme in die Höhe. So lange hatte es gedauert, bis sie in einem unglaublich spannenden und teilweise hochklassigen Match ihre Fed-Cup-Kollegin Sabine Lisick bezwungen hatte und zum ersten Mal ins Halbinfale der All England Championships eingezogen war.

6:3, 6:7 (7:9) und 7:5 hieß es am Ende, Kerber brauchte fünf Matchbälle, um eine aufopferungsvolle Lisicki, Nummer 15 der Welt, in ihre Schranken zu weisen. Damit steht nach Lisicki im vergangenen Jahr wieder eine Deutsche Spielerin im Halbfinale von Wimbledon. "Es war ein unglaublich hartes Match, Sabine hat sehr gut gespielt. Es war mein erstes Match auf dem Centre Court, das Publikum war fantastisch. Hoffentlich darf ich im Halbfinale wieder hier spielen", erklärte Kerber nach dem Spiel.

Die Weltranglistenachte erwischte den besseren Start ins Match und lag schnell mit dem Doppelbreak 4:1 vorn. Kerber spielte nahezu fehlerlos, während Lisicki mit ihrer Nervosität zu kämpfen hatte und vor allem von der Grundlinie immer wieder unbedrängt Fehler einstreute. Kerber musste zwar ein Break zum 3:4 hinnehmen, hatte aber im ersten Satz bei eigenem Aufschlag sonst keine Mühe und gewann den Durchgang nach 32 Minuten mit 6:3.

Lisicki kommt zurück

Zu Beginn des zweiten Satzes ließ sich Lisicki zunächst wegen einer Blase an der linken Hand behandeln. Die Probleme waren aber vor allen Dingen psychischer Natur: Schnell lag sie mit 0:3 zurück, bevor sie endlich zu ihrem Spiel fand und begann, die Grundlinienduelle mehr und mehr zu dominieren. Sie gewann die nächsten drei Spiele in Folge, den Zuschauern zeigte sich wieder die lockere, fröhliche Lisicki aus dem Match gegen Maria Scharapowa. Ihre Fehlerquote bekam sie allerdings nie in den Griff. Beim Stand von 5:4 hatte Kerber zwei Matchbälle, konnte aber beide nicht nutzen. Im Tiebreak wartete Matchball Nummer drei, aber Lisicki hatte sich endgültig freigespielt und zeigte phasenweise außergewöhnliche Grundschläge. Mit 9:7 gewann sie den Tiebreak.

Der dritte Satz glich einer Achterbahnfahrt. Insgesamt sieben Breaks sahen die Zuschauer auf dem Centre Court, aber keine der beiden Damen konnte sich zunächst absetzen. Kerber begann, mit sich selbst zu hadern und schien zwischendurch an der eigenen Physis zu scheitern: Sie hielt den Ball nur noch im Spiel und konnte selbst keinen Druck mehr erzeugen, schien das eine oder andere Mal sogar zu stolpern. Zudem war ihr das Hawkeye nicht hold, ein ums andere Mal verlor sie im Match ihre Challenges.

Als Lisicki das Break zum 5:3 gelang, sah alles nach einem Sieg für die 22-Jährige aus. Aber die plötzliche Außenseiterrolle schien Kerber zu beflügeln. Nach dem Motto "Alles oder Nichts" riskierte sie mehr in ihren Grundschlägen und schaffte das Rebreak. Plötzlich lief es wieder für Kerber, sie glich zum 5:5 aus und nahm Lisicki direkt deren Aufschlag ab. Mit ihrem insgesamt 50. vermeidbaren Fehler beendete Lisicki das Match. Zwar gelangen ihr auch 55 Winner, darunter 10 Asse, aber Kerber war letzten Endes einfach konstanter und produzierte im gesamten Match nur 13 unforced Errors.

Im Halbfinale trifft Kerber nun auf die Gewinnerin der Partie Agnieszka Radwanska - Maria Kirilenko, dass beim Stand von 4:4 im dritten Satz wegen Dunkelheit abgebrochen werden musste.

Kerber-Lisicki im Re-Live

Petra Kvitova (CZE/4) - Serena Williams (USA/6) 3:6, 5:7

Die Titelverteidigerin ist raus: Petra Kvitova war gegen die viermalige Wimbledon-Siegerin Serena Williams letzten Endes chancenlos. Auch, weil die Amerikanerin bei den wichtigen Punkten voll da war. "Deswegen ist sie ein großer Champion: weil sie weiß, wie sie die wichtigen Punkte spielen muss. Deswegen ist es schwer, sie zu schlagen", sagte Kvitova nach dem Spiel.

Bei 86 Prozent gewonnener Punkte bei eigenem Service reichte Williams im ersten Satz ein Break, um diesen nach einer halben Stunde mit 6:3 für sich zu entscheiden. Im zweiten Durchgang musste sie beim Stand von 4:5 einen Satzball abwehren, konnte sich dabei aber - wie im gesamten Match - auf ihren Aufschlag verlassen. Insgesamt 13 Asse schlug Williams, Kvitova gelangen nur drei. Sie verbuchte mehr Winner (27:21) und machte weniger Fehler (10:14). Nach 84 Minuten zog Williams mit einem Ass ins Halbfinale ein und trifft nun entweder auf Viktoria Azarenka oder die Österreicherin Tamira Paszek.

Victoria Azarenka (BLR/2) - Tamira Paszek (AUT) 6:3, 7:6

Victoria Azarenka hat das nächste Gigantentreffen im Halbfinale klar gemacht. Gegen die Überraschung im Viertelfinale, Tamira Paszek aus Österreich, hatte sie zwar im zweiten Satz viel Mühe und konnte ein Break zweimal nicht halten, im Endeffekt war es aber business as usual. Paszek fährt mit ordentlich Preisgeld im Gepäck heim, die Australien-Open-Gewinnerin nimmt ihren ersten Wimbledon-Erfolg in Angriff. Ob sie oder Serena Williams im Halbfinale erfolgreich ist - die Gewinnerin wird Favorit auf den Titel sein. Nur die 46 Fehler stören das Gesamtbild ein wenig. Das muss gegen Serena besser werden.

Agnieszka Radwanska (POL/3) - Maria Kirilenko (RUS/17) 7:5, 4:6, 7:5

Agnieszka Radwanska und ihre russische Widersacherin mussten nach einer langen Regenpause gegen halb zehn Londoner Zeit nochmal auf den Court und den dritten Satz zu Ende spielen - sie wechselten von Court 1 auf den Centre Court. Da hatte dann Radwanska die besseren Nerven und trifft somit im Halbfinale auf Angelique Kerber.

Der Stand der WTA-Weltrangliste

Herren - Achtelfinale (alle Ergebnisse)

Florian Mayer (GER/31) - Richard Gasquet (FRA/18) 6:3, 6:1, 3:6, 6:2

Florian Mayer ist wie eine Schachtel Pralinen: Man weiß nie, was man kriegt. Nun, gestern und heute bekam man einen bärenstarken Mayer zu sehen, der bewies, warum Gras sein Lieblingsbelag ist. 6:3 und 2:1 führte er nach der gestrigen Regenpause, und heute legte er gleich los wie die Feuerwehr. Vier Spiele in Folge holte er zum Auftakt und tütete den zweiten Satz in ganz kurzer Zeit ein.

Nun ist Richard Gasquet ja keine Laufkundschaft, und das bewies der Franzose, immerhin die Nummer 18 der Setzliste, im dritten Durchgang. Er holte sich das Break zum 4:2 und ließ sich den Vorsprung nicht mehr nehmen. Es hat schon Tage gegeben, da ist Mayer in einer solchen Situation mental weggebrochen. Aber nicht heute: Mit seinem Repertoire aus krachenden Grundschlägen, feinen Slices und überraschenden Netzangriffen schaffte er es, seinen Gegner teilweise völlig zu entnerven. Er holte sich das Break zum 4:2, danach war der Widerstand von Gasquet endgültig gebrochen. Nach einer Stunde und 52 Minuten verwandelte Mayer mit einem Rückhand-Passierschlag seinen zweiten Matchball und sank überwältigt auf den Rasen. Er bekommt es morgen mit dem Titelverteidiger Novak Djokovic zu tun.

Philipp Kohlschreiber (GER/27) - Brian Baker (USA) 6:1, 7:6, 6:4

Keine Mühe hatte Philipp Kohlschreiber mit dem amerikanischen Qualifikanten Brian Baker, der bei einem Sieg erst der dritte Qualifikant im Viertelfinale in der Geschichte des Turniers geworden wäre. Aber dazu kam es nicht. Ganze 27 Minuten dauerte der erste Satz, Baker war mit der Situation wohl noch überfordert. 6:1 hieß es recht schnell für Kohlschreiber, Baker machte nur 12 Punkte in Durchgang eins.

Im zweiten Satz hielt er wesentlich besser mit, die Partie war nun ausgeglichen und ging dementsprechend in den Tiebreak. Dabei hatte Kohlschreiber die besseren Nerven und gewann 7:4. Im dritten Satz holte er sich das schnelle Break zum 3:1 und gab seinen Aufschlag nicht mehr ab, auch wenn er bei 5:4 einen Breakball abgeben musste.

Ein Blick auf die Statistik beweist Kohlis Überlegenheit: 23 Asse schlug er Baker um die Ohren, dieser schaffte nur sieben. 46:35 Winner, 12:16 Fehler: Insgesamt war es eine klare Sache. Trotzdem muss Kohlschreiber sich noch steigern, denn morgen wartet Jo-Wilfried Tsonga - der kann den kleinen Filzball ganz ordentlich übers Netz dreschen.

Kohli und Mayer im Re-Live

Andy Murray (GBR/4) - Marin Cilic (CRO/16) 7:5, 6:2, 6:3

Ganz klare Sache für den local hero Andy Murray. Nur im ersten Satz bereitete ihm Cilic dank einer konstanten Leistung etwas Probleme, aber vor den Augen seiner Freundin Kim Sears hatte Murray in den weiteren Durchgängen keine Mühe mehr und stand nach zwei Stunden und zehn Minuten als Viertelfinalist fest. Mehr Asse (16:4), mehr Winner (35:23), weniger Fehler (15:24) - klare Sache für Andy. Nadal ist raus, der Weg ins Finale eigentlich weit offen - eigentlich. Den jetzt wartet David Ferrer, und der kann auch auf Rasen.

Jo-Wilfried Tsonga (FRA/5) - Mardy Fish (USA/10) 4:6, 7:6, 6:4, 6:4

Der Regen bereitete dem an Fünf gesetzten Tsonga letzten Endes mehr Probleme als Mardy Fish aus den USA. Beim Stand von 4:6 und 1:1 aus der Sicht von Tsonga wurde das Match wieder aufgenommen - wenn man so will also ein glatter Dreisatzerfolg für Tsonga heute. 7:4 im Tiebreak des zweiten Satzes, danach reichte jeweils ein Break, um das Ding nach Hause zu schaukeln. 20 Asse, 56 direkte Punkte bei 17 Fehlern: Tsonga ist sehr gut drauf. Auf geht's, Kohli!

David Ferrer (ESP/7) - Juan Martin Del Potro (ARG/9) 6:3, 6:2, 6:3

Hammer-Aufschlag, Hammer-Vorhand - wie gemacht für Rasentennis ist dieser Juan Martin Del Potro, oder? Naja, vielleicht vor 15 Jahren. Heutzutage können auch eigentliche Sandplatzwühler Aufschlagenriesen in Wimbledon wegbügeln. Was die Leistung von David Ferrer keinesfalls schmälern soll. Der Spanier machte im ganzen Match ganze acht Fehler und nahm Del Potro fünf Mal das Service ab - selbst wurde er kein einziges Mal gebreakt. Das wird keine leichte Aufgabe für Murray morgen.

Der Stand der ATP-Weltrangliste

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