WM-Titel gibt Bruder Witali Kraft

SID
Wladimir Klitschko hatte mit seinem Gegner Alex Leapai keine Mühe
© getty

In seinem roten Trainingsanzug sah Witali Klitschko dem Weltmeister zum Verwechseln ähnlich. "Steht mir gut, was?", scherzte der Ex-Champion und strahlte, als habe er selbst gerade den WM-Titel im Schwergewicht verteidigt. Der K.o.-Sieg seines Bruders Wladimir im Kampf gegen den völlig überforderten Australier Alex Leapai brachte Witali Klitschko das Lachen zurück.

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Weit weg schienen in diesem Moment die Schüsse auf dem Maidan und die Krise im Osten der Ukraine zu sein.Gerne zitieren die erfolgreichsten Brüder in der Geschichte des Boxens in diesen Tagen Nelson Mandela. "Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern", hatte der Friedensnobelpreisträger aus Südafrika einst gesagt. In den Stunden nach Wladimirs Gala-Vorstellung von Oberhausen hatte der Sport zumindest Witalis Gemütslage verändert. Der leidgeprüfte Politiker aus Kiew, der für seine Berufung in der Heimat das Boxen aufgegeben hat, plauderte geradezu gelöst.

Wladimir habe Leapai "wie einen Anfänger" aussehen lassen, sagte der 42-Jährige. Fünf Runden lang hatte Witali Klitschko den Spaziergang seines Bruders zum 62. Profisieg (bei 65 Kämpfen) in der Ringecke verfolgt. Dann ging der Herausforderer endgültig zu Boden. Wladimir Klitschko, der nun seit mehr als zehn Jahren ungeschlagen ist, sagte später: "Alex hat mich nicht einmal getroffen."

Nie gefährdeter Sieg

Der 38-Jährige langte dafür mit Jabs und Geraden umso mehr und härter zu, der 53. K.o.-Sieg seiner Karriere war nie gefährdet. Welch willkommene und entspannte Abwechslung muss das ungleiche Duell für seinen Bruder Witali gewesen sein? Einen Tag Auszeit vom Konflikt in der Heimat, vom Verhandlungstisch der Weltpolitik hatte er sich gegönnt - einfach, weil er noch nie einen Kampf seines Bruders verpasst hat.

Gemeinsam haben die Klitschkos die Box-Welt erobert, ihr Zusammenhalt hat auch Witalis Karriereende überdauert. In Oberhausen bestätigte er, nie wieder in den Ring zurückzukehren. Den vakanten WBC-Titel, den er einst besaß, "soll nun Wladimir zurück in die Familie holen". Stimmen die Verantwortlichen des Weltverbandes zu, steigt der Vereinigungskampf bereits im September. Entweder Chris Arreola (USA) oder Bermane Stiverne (Kanada) hieße dort der Gegner.

Doch was heißt eigentlich Gegner? Derart dominant, wie Wladimir Klitschko vor 12.000 Zuschauern gegen Leapai - immerhin die Nummer eins der WBO-Weltrangliste - auftrat, wäre Opfer die passendere Bezeichnung. "Er wird von Kampf zu Kampf besser und besser", sagte Witali und prophezeite Wladimir noch "locker zehn weitere Jahre". Ihren Haussender RTL dürfte dies freuen. Die Kölner freuten sich einmal mehr über eine hervorragende Einschaltquote. Im Schnitt verfolgten 8,21 Millionen Zuschauer den Fight vor den Bildschirmen. Das entsprach einem Marktanteil von 39,5 Prozent.

"Will noch besser werden"

Der Hochgelobte glaubt selbst nicht daran, so schnell vom Schwergewichts-Thron zu stürzen. "Die größte Herausforderung für mich bin ich selbst", sagte Wladimir Klitschko. Die Kritik ("Glaskinn"), die ihn einige Jahre seiner Karriere begleitete, hat er nicht vergessen: "Ich meine es ernst, ich will noch etwas beweisen - und bin noch nicht fertig."

Egal, gegen wen es für Wladimir im September geht, Witali wird wieder in seiner Ringecke stehen. Bis dahin wird der Politiker wieder Trainingsanzug gegen Sakko und Krawatte tauschen, das Strahlen aus seinem Gesicht verschwinden. So einfach - und im Alleingang - wie die Aufgabe Leapai wird der Konflikt in der Ukraine nicht zu lösen sein. Selbst für einen Klitschko nicht.

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