Oscar Pistorius beteuert: "Es war keine Absicht"

SID
Wird Pistorius auf Kaution freigelassen? Aktuell gibt es bei dem Mordfall noch viel Rätselraten
© Getty

Oscar Pistorius steht seit Dienstag vor Gericht. Der Staatsanwalt warf dem Paralympics-Star vor, seine Freundin Reeva Steenkamp am vergangenen Donnerstag "vorsätzlich" ermordet zu haben. Pistorius wehrte sich über seinen Anwalt: "Ich hatte nicht die Absicht, meine Freundin zu töten." Die Kautionsverhandlung wurde auf Mittwoch vertagt. Inzwischen hat Pistorius seine Sponsorenverträge mit Nike und Oakley verloren.

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Schweigend und mit gesenktem Blick folgte Oscar Pistorius der Kautionsverhandlung. Als der Staatsanwalt die Vorwürfe gegen den Paralympics-Star präzisierte, kamen Pistorius die Tränen. "Vorsätzlich" soll der Südafrikaner seine Freundin Reeva Steenkamp am vergangenen Donnerstag ermordet haben, sagte Staatswanwalt Gerrie Nel: "Er hat eine unschuldige und unbewaffnete Frau erschossen."

Gegen die Anschuldigungen wehrte sich der an beiden Beinen amputierte Pistorius über seinen Anwalt.

Pistorius: "Wir waren sehr verliebt"

"Ich hatte nicht die Absicht, meine Freundin zu töten", hieß es in einer von Barry Roux verlesenen eidesstattlichen Erklärung: "Ich weise die Vorwürfe entschieden zurück. Wir waren sehr verliebt, wir hätten nicht glücklicher sein können."

Laut Staatsanwalt Nel soll Pistorius insgesamt vier Schüsse durch die Badezimmertür abgefeuert haben, dreimal habe er getroffen. Ein mögliches Motiv nannte Nel noch nicht. Eine Freilassung auf Kaution, wie von Pistorius Anwälten beantragt, lehnte er ab. Am Dienstag traf das Gericht noch keine Entscheidung, am Mittwoch wird die Anhörung fortgesetzt. Richter Desmond Nair ließ durchblicken, dass sich der Sprintstar wenig Hoffnung auf eine Entlassung aus der Untersuchungshaft machen darf.

Pistorius beharrt auf Einbrecher-Version: "Ich hatte große Angst"

In seiner Erklärung schilderte der sechsmalige Paralympics-Sieger den Hergang aus seiner Sicht. Er habe einen Einbrecher im Haus vermutet und sich ohne seine Prothesen dem Badezimmer genähert. "Es war dunkel, ich hatte große Angst. Da ich meine Prothesen nicht anhatte, fühlte ich mich sehr verwundbar. Ich habe dann Schüsse auf die Tür abgegeben und geschrien", hieß es. Erst anschließend habe er realisiert, dass seine Lebensgefährtin nicht im Bett lag.

Auch Roux hatte im mit 100 Journalisten aus aller Welt überfüllten Gerichtssaal zuvor darauf bestanden, dass der Tod Steenkamps kein Mord gewesen sei: "Es gibt keinen Beweis, dass es vorsätzlich geschehen ist." Als Roux Pistorius' Erklärung verlas, brach der sechsmalige Paralympics-Sieger erneut in Tränen aus. Nair musste die Anhörung daraufhin unterbrechen. "Sie müssen sich auf die Verlesung konzentrieren", sagte er zu Pistorius. Der ergriff am Dienstag nur einmal das Wort, um zu bestätigen, dass er nicht vorbestraft sei. "Ja, Euer Ehren", sagte der sechsmalige Paralympics-Gewinner mit brüchiger Stimme.

Staatsanwalt: Keinerlei Zweifel am Vorsatz

Die Staatswaltschaft stellte die Geschehnisse in ihrem Plädoyer völlig anders dar. Pistorius habe sich am frühen Morgen des 14. Februar bewaffnet und seine Prothesen angelegt, anschließend sei er sieben Meter gelaufen und habe die Schüsse durch die geschlossene Badezimmertür abgefeuert, sagte Nel. Dies belege den Vorsatz der Tat. "Es gibt keinen Zweifel", sagte der renommierte Staatsanwalt.

Sir Philip Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC), hat sich zutiefst "schockiert" über das Drama um den einstigen Vorzeige-Athleten Oscar Pistorius gezeigt. "Wir reden über eine furchtbare Tragödie, aber die paralympische Bewegung lebt, und sie ist wohlauf", sagte Craven.

Die Familie des ehemaligen Models Steenkamp erhofft sich Erklärungen. "Alles, was wir wollen, sind Antworten. Warum das passiert ist, warum unsere Tochter auf diese Weise sterben musste", sagte Steenkamps Mutter June in einem Interview mit der südafrikanischen Times. Die Familie empfinde "keinen Hass", sagte der Onkel des Models, Michael Steenkamp, der Nachrichtenagentur AFP: "Wir haben Fragen. Und wir hoffen, dass die Wahrheit ans Licht kommt."

Am Dienstagvormittag wurde Reeva Steenkamp beigesetzt. Der private Gedenkgottesdienst und die Einäscherung fanden in einem Krematorium in Port Elizabeth statt, wo Steenkamp aufgewachsen war. "Wir werden all die positiven Eigenschaften meiner Schwester in Erinnerung behalten. Wir werden sie sehr vermissen", sagte Adam Steenkamp nach der einstündigen Zeremonie. Die 29-jährige Steenkamp war am Donnerstag in Pistorius' Haus in einem Nobelvorort von Pretoria getötet worden.

Pistorius verliert Sponsoren

Nach der Mordanklage gegen Oscar Pistorius (26) hat der südafrikanische Paralympics-Star seine Sponsorenverträge mit dem Sportartikel-Giganten Nike und dem Sonnenbrillenhersteller Oakley verloren.

"Nike hat keine Pläne für Oscar Pistorius in den kommenden Kampagnen", teilte ein Nike-Sprecher mit. Zuletzt hatte der Ausrüster eine Kampagne zurückgezogen und Plakate vom Markt genommen, auf denen der Slogan "Ich bin die Kugel in der Kammer" ("I am the bullet in the chamber") prangte.

Auch Oakley kündigte die Zusammenarbeit mit Pistorius mit sofortiger Wirkung auf. "Unsere Herzen sind bei den Familien in dieser schwierigen Zeit", teilte das US-Unternehmen mit. Oakley hatte sich erst im vergangenen Oktober vom gefallenen Radsportstar Lance Armstrong getrennt.

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