Arsenal holt sich blutige Nase

Von Florian Bogner
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© Getty

München - Das wohl drastischste Zeichen, dass etwas auf dem Platz nicht stimmt, ist, wenn sich Teamkollegen gegenseitig an den Kragen gehen.

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In England hat das bereits Tradition - 1995 prügelten sich die Blackburner Graeme Le Saux und David Batty während eines Europapokal-Matches gegen Spartak Moskau windelweich, zehn Jahre später gingen sich die Newcastle-Profis Kieron Dyer und Lee Bowyer während eines Ligaspiels gegen Aston Villa massiv an die Wäsche.

Und seit Dienstagabend sind der guten (oder bösen!) Dinge drei: Gerade als die Fans des FC Arsenal dachten, es könne nicht mehr schlimmer kommen, mussten sie mit ansehen, wie Emmanuel Adebayor und Nicklas Bendtner erst Nettigkeiten austauschten, und der Togolese dem Dänen dann mit einer Kopfnuss eine blutige Nase verpasste.

Zuvor hatte Arsenal das Rückspiel des Ligapokal-Halbfinals beim Erzrivalen Tottenham Hotspur bereits mit 1:5 abgeschenkt (Spielbericht) und damit zum ersten Mal seit 22 Spielen mal wieder ein Nordlondoner Derby verloren.

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Wenger will nichts mitbekommen haben

Während Tottenham den ersten Einzug in ein Pokalfinale seit 1999 feierte, diskutierte ganz England bereits die Szene zwischen Adebayor und Bendtner. Am Mittwochmittag gab sogar der Verband FA bekannt, sich mit dem Vorfall zu befassen. Man habe Video-Material angefordert. Nur Arsenal-Coach Arsene Wenger beteuerte, von alldem nichts mitbekommen zu haben. "Ich weiß nichts darüber, keine Ahnung wovon sie reden", raunte er die Journalisten nach dem Spiel an.

Abwehrspieler William Gallas, der Bendtners blutige Nase aus nächster Nähe betrachtet hatte, wusste da schon mehr. "Beide wissen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Wahrscheinlich werden sie dem Trainer noch erklären müssen, was sie da geritten hat", so Gallas' Vermutung.

"Die beiden sind jung und waren wohl etwas nervös. Sie waren eben enttäuscht über die Niederlage, wie wir alle. Das war schwer zu akzeptieren", meinte der Franzose zu den Beweggründen der Streithähne.

Wenger-Boys "nicht erwachsen genug"

Der finale Kopfstoß passte eigentlich so gar nicht zur emotionslosen Vorstellung, die Arsenal zuvor abgeliefert hatten. Nach dem 1:1 im Hinspiel wären die Gunners eigentlich unter Zugzwang gewesen - die junge B-Elf, die Wenger aufgeboten hatte, konnte den Spurs jedoch zu keiner Zeit Paroli bieten.

"Der erste Schuss war gleich drin, das zweite Tor war ein Eigentor und das dritte Tor fiel direkt nach der Halbzeit. Danach war das Spiel gelaufen", resümierte Wenger. Sein Team sei "nicht erwachsen genug" gewesen, um die klug vorgetragenen Konter der Gäste zu stoppen.

"Das Endergebnis klingt brutal, aber es gibt nicht das wieder, was ich auf dem Platz gesehen habe", beschloss der Arsenal-Coach seine Analyse. Auf der Gegenseite kannte der Jubel hingegen nach dem höchsten Sieg über den Erzrivalen seit 1983 (5:0) keine Grenzen.

Ramos "Mr. Cup-Competition"

Vor allem Trainer Juande Ramos, der Tottenham im Oktober auf einem Abstiegsplatz übernommen hatte, wurde von den Spurs-Fans euphorisch gefeiert. "Es macht mich enorm glücklich, wenn die Fans meinen Namen singen, aber die Architekten dieses Sieges sind alleine die Spieler", gab der Spanier das Lob brav an seine Angestellten weiter.

Dabei könnte Ramos getrost auch "Mr. Cup-Competition" genannt werden: Der Coach, der mit Sevilla in den vergangenen beiden Jahren den UEFA-Cup und einen spanischen Pokal geholt hatte, ist seit sage und schreibe zwei Jahren in sämtlichen Pokalwettbewerben unbesiegt.

"Ich will alles gewinnen, egal ob Pokal, UEFA-Cup oder Meisterschaft, aber ich weiß wirklich nicht, warum ich besonders in Pokalwettbewerben so gut bin", sagte Ramos. Nach dem ersten Finaleinzug nach neun Jahren spürte Stürmer Robbie Keane, der einen Treffer beigesteuert hatte, vor allem tiefe Genugtuung.

"Ich bin schon eine ganze Weile hier und musste lange auf das erste Finale warten, aber das war es wert. Ich weiß, wie viel es den Spieler und den Fans bedeutet", sagte der Ire. Auch Ramos widmete den Sieg den Fans: "Es ist lange her, seitdem sie in den Geschmack eines Finals gekommen sind. Das wiegt das Leiden der letzten Jahre auf."

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