Vier Erlebnisberichte aus Englands Fußball: "Preston’s a shithole, I wanna go home!"

Fans der Bolton Wanderers
© getty

Einen Monat verbrachte SPOX-Redakteur Nino Duit in England, um über den dortigen Fußball zu berichten. In vier Erlebnisberichten erzählt er, was ihm abseits des Platzes widerfahren ist: im Pub, am Trainingsgelände, in der Mixed Zone und im Zug.

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FC Burnley - Newcastle United (1:0): Im Pub

Da stand ich in einem Pub im Zentrum von Burnley an der Bar und trank mein Bier, das hier erfrischend billig ist. Das Pint unter drei Pfund findet man nicht oft in England. Weniger erfrischend war dagegen, was den Musik-Boxen entsprang, denn das war eher krächzend. Die Erklärung dafür fand ich auf einem Poster am Fenster: Montag ist Karaoke-Abend, wobei das Wort "Abend" in diesem Fall eher irreführend ist: Los geht es um vier am Nachmittag.

Seit knapp zwei Stunden lief der Karaoke-Abend also schon, als ich vor dem Spiel zwischen dem FC Burnley und Newcastle United dem ersten Auftritt lauschte. Während eine etwas übergewichtige Frau sang und mit energischem Hüftschwung gleichzeitig die Reißfestigkeit ihres bedenklich spannenden Burnley-Trikots testete, wurde ich von einem Mann mittleren Alters angesprochen. Womöglich wirkte ich in diesem Ambiente so ganz ohne Trikot, stattdessen aber mit Rucksack, einfach etwas verloren. Sein Interesse (oder Mitleid) war dadurch offenbar geweckt.

Ob ich denn ein Auswärtsfan aus Newcastle sei, fragte er mich, und ich verneinte: "Nein, ein deutschsprachiger Journalist." Dass ich extra für das Spiel gekommen sei, war ihm offenbar Grund genug für eine kleine Belohnung. Umgehend wandte er sich zur Bedienung und bestellte zwei frische Biere, ehe er mich erwartungsgemäß fragte: "Warum? Warum bist du hier?" Dass ich einen Monat in England verbringen würde, um von ein paar Spielen zu berichten, sagte ich, und flunkerte ein bisschen: "Und da durfte ein Stopp in Burnley natürlich niemals fehlen." Dieser Umstand schien ihm dermaßen zu imponieren, dass er damit begann, mich der Reihe nach all seinen Bekannten im Pub vorzustellen.

Anfangs nahm ich das freudig-erstaunte Nicken der Leute geschmeichelt entgegen, aber etwas ermüdend wurde es, als sich langsam andeutete, dass die Anzahl seiner Bekannten im Pub in etwa deckungsgleich mit der allgemeinen Anzahl der Pub-Besucher war. Warum er hier so viele Leute kenne, fragte ich, und er erklärte mit gesenkter Stimme, dass er ein angesehener Kleinunternehmer sei: "Elektronikfachhandel!"

Schließlich kamen drei Polizisten in den Pub. Grund dafür gab es eigentlich keinen, denn die beiden anwesenden Newcastle-Fans schienen friedfertig und die Burnley-Fans waren größtenteils mit der Karaoke-Anlage beschäftigt. Mein Gesprächspartner kannte die Polizisten natürlich ebenfalls, erzählte natürlich auch ihnen, warum ich hier bin, und erklärte mir, ich müsse als Erinnerung unbedingt ein Foto mit ihm und den Polizisten machen, was ich zu seiner Zufriedenheit dann natürlich auch tat. Bevor aber Ähnliches noch mit den Bar-Bedienungen passierte, verkündete ich meinen Aufbruch Richtung Stadion - so viel gesungen wie im Pub wurde dort aber nicht.