Vier Erlebnisberichte aus Englands Fußball: "Preston’s a shithole, I wanna go home!"

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Interview bei Bradford City: Am Trainingsgelände

Um 11 Uhr beim Valley Parade Stadion, so hatte ich es zum zumindest mit Edin Rahic ausgemacht. Seit über einem Jahr besitzt der Schwabe den englischen Drittligisten Bradford City und ich besuchte ihn, um mir seine Geschichte erzählen zu lassen. Den Weg vom Bahnhof zum Stadion legte ich zu Fuß zurück, vorbei an Läden, deren Dasein als Läden aber schon lange zurückliegt, vorbei an einer Autoreparaturwerkstatt und dann nach rechts.

Überpünktlich, ein paar Minuten vor 11 Uhr traf ich an der Rezeption ein. Dort wurde mir jedoch erklärt, dass mein Interview mit Rahic vom Stadion ans Trainingsgelände verlegt werden müsse. Wie ich da zu Fuß oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln hinkäme, fragte ich, was die Rezeptionistin in einen leicht panischen Zustand versetzte. Man hätte mich mit dem Auto erwartet und meine Alternativvorschläge kämen nicht in Frage. "Zu weit weg und keine Bus-Verbindungen", erklärte sie und rief einen Kollegen an, der sich freundlicherweise sofort bereiterklärte, mich zu chauffieren.

Etwa eine Viertelstunde dauerte die Autofahrt, auf der ich zu ergründen versuchte, mit wem ich es bei meinem Fahrer eigentlich zu tun hatte. Sein Akzent machte das Unterfangen nicht leichter, letztlich legte ich für mich fest, dass es sich um einen Burschen für alles handeln müsse. Eine Mischung aus Platzwart, Trainer-Assistent und Spielerbetreuer.

Als wir dann am Trainingsgelände ausstiegen, erklärte er mir bereitwillig, dass er mich noch zu Edin bringen werde. Wir betraten also das Hauptgebäude, das das Flair einer Schulsportanlage versprühte und, wenn ich es richtige verstanden hatte, auch eigentlich eine ist. Wir gingen in den ersten Stock und dann in einen Gemeinschaftsraum, der - naja - eben das Flair eines Schulsportanlagen-Gemeinschaftsraums hatte und auch dementsprechend muffig roch.

Am Billardtisch in der Mitte des Raumes duellierten sich gerade zwei junge Männer in Bradford-Trainingsanzügen, wohl Spieler. Zwei weitere verfolgten das Geschehen von den Bänken, die den Tisch umgaben. An der angrenzenden Küche wusch eine etwas betagtere Frau Tassen. Mein Fahrer fragte, ob sie Edin heute schon gesehen hätte, doch sie verneinte.

Also verließen wir das Gebäude und betraten es von einer anderen Seite erneut. In einem Büro dort vermutete er Rahic nun, doch der Raum war menschenleer. Mittlerweile hektisch eilten wir zurück zum anderen Eingang, in den ersten Stock, vorbei am Billardraum und hinein in ein weiteres Büro, offenbar das des Trainerteams. "Edin? Den haben wir heute noch nicht gesehen", hieß es auch hier.

Jetzt reichte es meinem Fahrer, er rief Rahic persönlich an. Er sei schon auf dem Weg und auch gleich da, entschuldigte er sich. Ich solle doch im Billardraum warten, sagte mein Fahrer, dort werde mich Edin bald abholen. Da saß ich dann also und verfolgte das Billardspiel, ehe mir die Dame aus dem Nebenraum netterweise einen Kaffee anbot, den ich gerne annahm.

Das Billardspiel spitzte sich unterdessen zu, wurde hitziger und resultierte letztlich darin, dass der Besiegte wutentbrannt den Raum verließ. Etwa zeitgleich kam ein weiterer junger Mann im Bradford-Trainingsanzug herein, hinsichtlich seiner Größe sicherlich der Torwart, wie ich beschloss. Er visierte den Kühlschrank an, holte vier Eier, schlug sie in eine Schale und stellte sie in die Mikrowelle. Bevor ich die Fertigstellung dieses Sportler-Nahrungserzeugnisses aber begutachten konnte, kam Rahic in den Raum, begrüßte erst die Spieler und schließlich mich. Dann war Zeit für das Interview.