"Eines Tages verliebte ich mich in dich"

Von Oliver Birkner / Ben Barthmann
"Kommt schon Freunde, wo ist meine Hose?"
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Primera Division

von Ben Barthmann

Zauberei des Spieltags: Es soll ja diese Spiele geben, in denen der Underdog dem haushohen Favoriten so richtig auf die Pelle rückt. Das Problem von Sporting Gijon an diesem Wochenende war allerdings, dass nicht mehr Rafa Benitez an der Seitenlinie der Königlichen Getränke nachschenkt, sondern inzwischen Zinedine Zidane sein Charisma versprüht. (Vielleicht liegt es auch an Co-Trainer Bettoni, der ja eigentlich gar kein Co-Trainer ist, sondern Zeugwart, schließlich hat er nicht die passende Trainerlizenz, aber gibt trotzdem fleißig Anweisungen: "Sergio. Bub. Du kannst doch hier nicht so rumgrätschen. Schau doch mal dein Trikot jetzt an. Wie soll ich das wieder rauskriegen?"). Aber wir waren ja gerade beim Charisma, richtig. Laut Fabio Capello ist Zidane dermaßen charismatisch, dass glatt der CL-Titel möglich ist.

Wir fragen uns dann zwar, warum der SC Paderborn mit Charisma-Bombe und Cheftrainer Stefan Effenberg noch immer gegen den Abstieg spielt, wollen jetzt aber auch nicht zu weit ausholen. Das Charisma reichte zumindest aus, um schon nach 15 Minuten für drei BBC-Treffer zu sorgen. Das erste Mal in der Geschichte des Trios übrigens, dass jedes Mitglied so schnell ein Tor erzielte. Dann wäre da noch das schnellste 4:0 seit 1989, aber ganz ehrlich: Wayne interessieren eigentlich diese Statistiken? Uns nicht. Wir fragen uns viel eher, woran diese plötzliche Steigerung eigentlich festzumachen ist und sind noch immer unschlüssig. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass Gijon als Tabellenvorletzter momentan nur fünf einsatzfähige Abwehrspieler hat, die gemeinsam auf rund 40 LaLiga-Spiele kommen. Aber das ist nur so eine Vermutung.

Mit dem zweiten Kantersieg in Folge könnte nun also alles Friede, Freude, Tortilla sein in der spanischen Hauptstadt - wäre da nicht ein Zidane, bei dem die neuen Gegebenheiten im Verein noch nicht so ganz zünden. Unter Papa Zinedine noch Stammspieler und zwischenzeitlich Kapitän in Reals Castilla, ist Sohn Enzo seit dem Trainergeschacher der Königlichen nur noch der Joker für die letzten 20 Minuten. Warum das so ist? "Das entzieht sich unserer Kenntnis." (W. Niersbach, 2015, DFB-Verlag, irgendwo zwischen "Die Frage kann ich nicht beantworten" und "Da müssen sie Franz Beckenbauer fragen").

Gemecker des Spieltags: Dieses Friede-Freude-Gedöns könnte man auch auf anderen Plätzen erwarten, findet es dann doch aber nur sehr, sehr selten. In Spanien brennt es bei so vielen Vereinen derzeit lichterloh, dass eigentlich immer ein Spiel in der Post-Match-Pressekonferenz zur Lanz'schen Diskussionrunde verkommt. So geschehen bei Valencia gegen Rayo Vallecano. Die eher semi-bärenstarken Gastgeber, seit der Übernahme von Gary Neville noch nicht ein einziges Mal in Führung gegangen, trafen im Mestalla auf das inzwischen gar nicht mehr so coole Rayo Vallecano. Die Madrilenen, früher noch Hipster-Fav-Numero-Uno, kämpfen erbittert gegen den Abstieg und so liegen die Nerven so blank wie die Glatze des Trainers.

Mitteilen möchte man das Paco Jemez allerdings nicht. Der Rayo-Coach war nach dem Last-Minute-Remis dermaßen angefressen, dass er einen Journalisten geradezu in Grund und Boden starrte. Die Gestik und Mimik im Steno: Aufgerissene Augen (Ist der wirklich so blöd?), resignierendes Kopfschütteln (Ja, er ist wirklich so blöd), kurzes Grinsen (Wo bin ich hier eigentlich gelandet?), interessantes Augenbrauenzucken (Cabron! Wieso fragt der nochmal nach?), entsetzter Blick und demonstratives Zurücklehnen im Stuhl kombiniert mit offenem Mund (Der meint das wirklich ernst!). Die folgende Resignation dürfte man angesichts der schwachen Valencia-Leistung durchaus nachvollziehen: "Wenn Valencia aus diesem Spiel drei Punkte mitgenommen hätte, hätte ich mich direkt in der Kabine aufgehängt."

Weil er nicht über den Schiedsrichter diskutieren wollte - der hatte immerhin Valencia ein rechtmäßiges Tor und damit den Sieg aberkannt - ließ Jemez eben eine Fußball-Weisheit folgen: "Es gibt Tage, da bist du nach einem Spiel enttäuscht, weil du nichts zu diesem Sport beigetragen hast. Und an den anderen Tagen fällt dir auf, dass der Fußball eine einzige Scheiße ist." Viel zu lachen hat der Mensch wohl nicht.

Langweiler des Spieltags: Des Spieltags? Ach was. Der Saison! Atletico Madrid sammelte auch gegen Las Palmas drei Punkte ein und verteidigte souverän die Tabellenführung. Wieder zu Null, wieder zwei Treffer von Antoine Griezmann. Aber wer will es ihnen verdenken? Wer bei acht Auswärtssiegen kein einziges Gegentor fängt, der ist zwar ein bisschen langweilig, an anderer Stelle aber auch wieder richtig, richtig cool.

Damit es bei Barcelona gegen Athletic Bilbao ähnlich langweilig wird, nahm sich Gorka Iraizoz direkt in der ersten Minute selbst vom Platz. Dermaßen eingeschüchtert vom riesigen Lionel-Messi-Plakat (Hallo!? Messi ist mit 1,69 Metern schon unschlagbar) auf der Tribüne vor Spielbeginn senste er Luis Suarez im eigenen Strafraum aus dem Weg und sah vom Schiedsrichter den Roten Karton. Kann man so machen, muss man aber nicht.

Langweiler Teil drei ist übrigens nochmals Real Madrid. Die dürfen demnächst keine Spieler mehr kaufen und werden dementsprechend so schnell auch keine Leistungsträger abgeben. Weil Zlatan Ibrahimovic neuerdings in der U-Bahn arbeitet, war PSG doch eigentlich stark an Cristiano Ronaldo interessert. Dieser erteilte allerdings allen Gerüchten eine Absage: "Natürlich will Zidane, dass ich bleibe. Wie man sieht, versteht er etwas von Fußball."