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GESPONSERT VON

"Müssen uns nicht kleiner machen als wir sind"

Von Interview: Florian Regelmann
Christian Gentner trifft mit dem VfB Stuttgart in der Europa League auf Lazio Rom
© getty
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SPOX: Eine leidige Diskussion, nach der man die Uhr stellen kann, ist die Debatte um die Spielpläne. Kaum muss ein Bundesligist zwei Tage nach einem EL-Spiel in der Bundesliga antreten, geht das Gejammer los. Sie als NBA-Fan kennen zum Beispiel die Spielpläne in den USA. Wie ist Ihre Meinung?

Gentner: Ich kann nicht genau einschätzen, wie intensiv ein Basketball-Spiel ist, dadurch dass man jederzeit durchwechseln kann. Es ist schon hart für uns. Nach dem Spiel in Genk waren wir erst in der Nacht Freitagfrüh wieder zuhause, da bleibt wenig Zeit, um bis Samstagmittag so zu regenerieren, dass man wieder hundert Prozent abrufen kann. Es ist sicher nicht ganz glücklich, wenn eine andere Mannschaft dann drei, vier Tage Zeit hat, um sich auf das Spiel vorzubereiten. Aber wir wollen auf keinen Fall jammern. Wir haben uns gute Grundlagen erarbeitet, um diesen Rhythmus gehen zu können. Und ich persönlich mag es, viele Spiele zu haben.

SPOX: Was man ja auch an Ihren guten Leistungen sieht. Sie sind ein klarer Fixpunkt im VfB-Spiel und stehen so gut wie immer von der ersten bis zur letzten Minuten auf dem Feld. Das sah in der letzten Saison noch ganz anders aus.

Gentner: Das stimmt. Ich musste einen Prozess durchlaufen. Nach meiner Rückkehr nach Stuttgart lief sicher nicht alles optimal für mich, vor allem sportlich nicht. Mittlerweile habe ich mich aber dahin entwickelt, wie ich es mir vorstelle. Für mich war vor der Saison völlig klar, dass ich mich so durchsetzen werde, dass ich nicht mehr aus der Mannschaft wegzudenken sein werde. Diese Rolle möchte ich haben. Ich will eine feste Größe sein.

SPOX: Haben Sie speziell etwas verändert im Vergleich zur letzten Saison?

Gentner: Nein, das habe ich nicht. Wenn Dinge jahrelang gut laufen, sollte man nicht gleich panisch werden und von heute auf morgen alles über den Haufen schmeißen. Das ist vielleicht der wichtigste Punkt. Ich bin nicht mehr so ungeduldig, wie es Anfang der Karriere noch der Fall war. Ich weiß um meine Qualitäten. Ich musste den einen oder anderen Tag, die eine oder andere Woche, geduldiger sein als sonst, aber das habe ich gut hinbekommen. Das zahlt sich jetzt aus. Außerdem habe ich viele Gespräche geführt mit Freunden und engsten Vertrauen, das hat mir auch geholfen.

SPOX: Sind Sie vom Typ jemand, der gerade in so einer schwierigen Zeit wie in der letzten Saison, die Probleme abstreifen kann, wenn er zur Haustür reinkommt?

Gentner: Schwierig. Bei mir ist das ganz unterschiedlich. Auch je nachdem, wie das Spiel gelaufen ist. Manchmal brauche ich länger, um Dinge zu verarbeiten. Da kommen dann nachts die vergebenen Chancen noch einmal hoch. Oder im positiven Fall erinnert man sich an die Erfolgserlebnisse, das gibt es ja zum Glück auch. Man ist einfach emotional noch sehr drin und es dauert, bis der Körper runterfährt. Da ist wie gesagt Basketball eine tolle Ablenkung für mich. Oder auch mit der Familie bis spät abends zusammenzusitzen, um den Kopf frei zu bekommen. Das Gute ist gerade aber auch, dass die Abstände so kurz sind zwischen den Spielen, es geht immer sofort weiter.

SPOX: Einen Druck, den Sie sicher gerne wieder hätten, wäre der Druck in der Nationalmannschaft. Ihr letztes Spiel im DFB-Dress war 2010. Thema abgehakt?

Gentner: Warum sollte ich es abhaken? Ich bin 27 und habe hoffentlich meine besten Jahre vor mir. Wenn es für mich persönlich gut läuft und wir als Mannschaft Erfolg haben, glaube ich schon, dass die Nationalmannschaft wieder ein Thema für mich werden kann. Aber es ist nichts, was mir täglich im Kopf herumschwirrt. Komme ich da wieder rein? Oder war es das? So denke ich nicht. Fakt ist, dass die Nationalmannschaft gerade im Mittelfeld eine unheimliche Qualität besitzt. Ich sehe das ganz entspannt. Ich weiß, dass der Bundestrainer mich kennt, meine Stärken und Schwächen. Und wer weiß, vielleicht ist es mir ja noch vergönnt, bei einem großen Turnier dabei zu sein. Ein Traum wäre es sicher.

SPOX: Ganz zum Schluss noch einmal zurück zur NBA. Wie sieht Ihr Meistertipp aus?

Gentner: Ich hoffe auf die Clippers, aber ich glaube, dass es OKC macht.

Christian Gentner im Steckbrief

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