Polizei bleibt gelassen

Von Stefan Moser
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© Getty

München - Mehr als 2,1 Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln leben in Deutschland. Einer von ihnen ist Hamit Altintop.

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Der 26-Jährige ist in Gelsenkirchen geboren, spielt beim FC Bayern München, hat jedoch die türkische Staatsbürgerschaft und absolvierte bereits 44 Länderspiele für die Türkei. Weil die drei letzten sicher zu seinen besten, oder zumindest zu den erfolgreichsten, zählten, steht er nun am Mittwoch im Halbfinale der EURO 2008 - ausgerechnet gegen Deutschland.

"Das ist ein ganz besonderes Spiel für mich. Ich habe Deutschland viel, eigentlich alles zu verdanken", sagt Altintop und erklärt seine Gefühlslage vor dem Spiel: "Sobald ich das türkische Trikot trage, fühle ich diesen Patriotismus, aber vielleicht bin ich beides - Türke und Deutscher."

Altintop fordert gemeinsame Feier

Gerade in dieser "Doppelfunktion" wird er im Vorfeld des Halbfinales immer mehr zum wohl wichtigsten Botschafter des deutsch-türkischen Verhältnisses. "Ich würde mich sehr freuen, wenn jeder Fan das Spiel als ein großes Volksfest zwischen den Nationen betrachten würde. Unabhängig vom Ergebnis ist das Spiel eine große Chance, der immer diskutierten Integration einen Schritt näher zu kommen", ist sich Altintop seiner Rolle durchaus bewusst.

Gleichzeitig appelliert er an die Fans aus beiden Lagern: "Entscheidend ist, dass man den Sieger feiert, nicht den Verlierer provoziert." Die mahnenden Worte kommen nicht von ungefähr, einige Sicherheitskräfte in Deutschland befürchten Ausschreitungen bei den vielen geplanten öffentlichen Fußball-Festen.

Polizei sieht Halbfinale gelassen entgegen

Besonders im Fokus stehen dabei die Metropolen Frankfurt, Hamburg und Berlin. Circa 200.000 Menschen türkischer Abstammung leben in der Hauptstadt, wo auf der extra für das Halbfinale erweiterten Fanmeile am Brandenburger Tor über eine halbe Millionen Fans erwartet werden.

Trotzdem rechnen die Ordnungskräfte nicht mit größeren Zwischenfällen. "Ich halte die Sorge, die sich im Vorfeld dieser Partie breit macht, für übertrieben", sagt Uwe Kozelnik, Sprecher der Berliner Polizei, im Gespräch mit SPOX.com.

"Es gibt keinerlei Hinweise dafür, dass es irgendwer darauf anlegt, am Mittwoch die Situation eskalieren zu lassen", so Kozelnik weiter, "insofern gehen wir gelassen in den Einsatz und rechnen mit einem friedlichen Verlauf."

Brennpunkte im Visier der Behörden

Trotzdem ist die Polizei auf kleinere Rangeleien vorbereitet: "Je nach Spielverlauf wird die Situation natürlich sehr emotionalisiert sein. Sicher wird es Fälle geben, in denen einzelne frustriert sind, oder aus anderen Gründen Krawall suchen. Aber darauf werden wir ein sehr wachsames Auge haben und die betreffenden Leute sehr schnell unschädlich machen", sagt Kozelink.

Zusätzliche werde die Polizei "an den bekannten neuralgischen Punkten Anti-Konflikt-Teams im Einsatz haben. Sollten wir dort erkennen, dass jemand auf Unfrieden aus ist oder die Stimmung zu kippen droht, werden wir ganz gezielt einschreiten."

Die Win-Win-Situation

Insgesamt aber rechnet Kozelnik mit einem "schönen Fußballfest. Gerade in Berlin, wo viele türkische Mitbürger schon in der zweiten oder dritten Generation hier sind, freuen sich die Leute einfach auf das Spiel. Es ist schon mehr eine integrative Veranstaltung. Wir treffen genügend Menschen, denen es fast egal ist, wer gewinnt: Ihr Herz schlägt türkisch, weil sie aber in Deutschland leben, freuen sie sich auch für die deutsche Elf. Eine Win-Win-Situation."

Auch der Berliner Integrationsbeauftragte Günter Piening erwartet ein "großes Fest der Gemeinsamkeiten. Gleichzeitig warnte er davor, vor dem Spiel unnötig Probleme zu beschwören. Er zeigte sich überrascht von der Debatte über Integration und mögliche Sicherheitsprobleme. "Die Menschen, die dies diskutieren, wissen nicht, wie groß die Normalität ist."

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