Kapitän Ballack übernimmt Kommando

SID
EM 2008, Ballack, Nationalmannschaft
© DPA

Palma de Mallorca - Der Kapitän kommt an Bord und erhält von Joachim Löw gleich das Kommando - die Wackelkandidaten für die EM dagegen lässt der Bundestrainer bis zum letzten Moment zittern.

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Erst nach der Rückkehr der Nationalmannschaft vom Kurztrip zum vorletzten EM-Test gegen Weißrussland, bei dem Michael Ballack nach seinem Champions-League-Frust das Team anführen soll, wird Löw im DFB-Quartier auf Mallorca die drei überzähligen Akteure aus dem Aufgebot streichen.

"Wir gehen als Mannschaft hin - und kommen als Mannschaft zurück", verkündete Löw in Palma de Mallorca, wo neben Regen die Trainingspause einiger Akteure sowie eine verbale Attacke des ausgebooteten Timo Hildebrand ein wenig die gute Stimmung trübten.

Entscheidung bis zum Schluss offen

"Wir lassen uns Zeit bis Mittwoch, 12 Uhr", ergänzte Löws Assistent Hansi Flick mit Blick auf den Meldeschluss für den endgültigen Kader bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA). Man wolle das von Löw ausgerufene Casting um die 23 Kader-Plätze "mit Stil zu Ende bringen", betonte Flick.

Eine überstürzte Verabschiedung des Trios in der Hektik nach dem Schlusspfiff und dem direkten Rückflug nach Mallorca soll den betroffenen Akteuren erspart bleiben. "Das zwischen Tür und Angel zu machen, wäre nicht richtig", begrüßte der Stuttgarter Thomas Hitzlsperger die gewählte Vorgehensweise.

Wackelkandidaten gegen Weißrussland?

Ob sich Akteure wie Jermaine Jones, Patrick Helmes, Oliver Neuville, David Odonkor oder Piotr Trochowski, die vor allem als Streichkandidaten gehandelt werden, gegen Weißrussland noch einmal unter Wettkampfbedingungen empfehlen dürfen, mochte Löw noch nicht verraten.

"Wir werden am Montag ausfiltern, wer spielt und wie die Aufteilung sein wird."

Borowski und Friedrich fallen aus

Zunächst wollte er mit der medizinischen Abteilung abklären, wie viele Akteure überhaupt mit nach Deutschland fliegen. "Es ist möglich, dass der eine oder andere, der krank oder angeschlagen ist, hier auf Mallorca bleibt", sagte Löw der dpa.

Er kann ohnehin maximal 17 Akteure einsetzen. Die erkrankten Tim Borowski (grippaler Infekt) und Arne Friedrich (Magen-Darm-Infekt) dürften ausfallen. Die sportlichen Überlegungen skizzierte Löw nur grob: "Wollen wir schon alle Karten auf den Tisch legen oder nicht?"

Ballack spielt

Eingeplant ist, dass der erst in der Pfalz zum Team stoßende Ballack die Mannschaft auf den Platz führt. "Einen Teileinsatz wird er sicherlich haben", sagte Löw, der bislang auch nur einen SMS-Kontakt mit dem Kapitän hatte.

"Es hängt auch mit davon ab, wie er sich selbst fühlt", sagte der Bundestrainer in Bezug auf mögliche Nachwirkungen des verlorenen Champions-League-Finales. Es sei aber wichtig, "dass er sich schnell wieder in der Mannschaft einfindet". Auch andere Stützen wie Jens Lehmann, Christoph Metzelder, Torsten Frings oder Miroslav Klose benötigen dringend Spielpraxis.

Verweis auf Lehmann

Löw glaubt nicht, dass die Final-Niederlage mit dem FC Chelsea Ballack einen Knacks versetzt hat.

"Er kann das abschütteln", meint der Bundestrainer und erinnerte an Torhüter Lehmann, der vor der WM 2006 mit dem FC Arsenal auch ein Champions-League-Endspiel verloren hatte: "Jens hatte eine Rote Karte bekommen im Finale, das war noch viel härter. Mit neuen Zielen vergisst man die alten Dinge."

Auch Adler Sorgenkind

Zwei Wochen vor dem EM-Ernstfall gegen Polen gibt es auch andere Sorgenkinder im DFB-Lager. Borowski muss immer noch das Bett hüten und gerät damit auf die Streichliste. Allerdings sagte Löw: "Tim ist leider krank, dafür kann er nichts."

Auch Friedrich erlitt einen Rückfall. Torhüter Rene Adler konnte wegen einer Beckenprellung am Sonntag ebenfalls nicht beim geheimen Trainingsspiel mitmachen, bei dem Torjäger Mario Gomez nach seinen muskulären Problemen nur dosiert eingesetzt wurde.

Am Nachmittag hatten Akteure wie die Innendecker Metzelder und Per Mertesacker das seltene Vergnügen, mit einer alten Ju-52 über die Balearen-Insel zu fliegen.

"23 aus 26"

Die Entscheidung, mit 26 statt 23 Akteuren ins Trainingslager gereist zu sein, hat sich aus Sicht der Trainer schon jetzt als richtig erwiesen. Der Konkurrenzkampf habe zu "einem Training auf high level" geführt, erklärte Flick.

Die Mannschaft nimmt die verlängerte Auslese an: "Es geht um den mannschaftlichen Erfolg und nicht um Einzelschicksale", sagte Thomas Hitzlsperger.

Hildebrand tritt nach

Wie schwer eine Ausbootung aber zu verdauen ist, dokumentierte Timo Hildebrand.

Der Torhüter attackierte eine Woche nach seiner Nichtberücksichtigung Löw in diversen Interviews und warf dem Bundestrainer "fehlenden Respekt" vor, weil er ihn nicht persönlich unterrichtet hatte.

"Ich war jahrelang die Nummer 2, habe mich in den Dienst der Mannschaft gestellt - und werde dann so ausgebootet", beschwerte er sich.

Löw wollte das am Sonntag in Palma nicht bewerten: "Das ist kein Thema für uns hier."

Die voraussichtliche Aufstellung:

Lehmann - Lahm, Mertesacker, Metzelder, Jansen - Fritz, Frings, Ballack, Schweinsteiger - Klose, Podolski

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