"Sechzig war Bayern überlegen"

Von Interview: Johannes Rohrmaier
Phillipp Steinhart kegelte mit den Sportfreunden Lotte Bremen und Leverkusen aus dem Pokal
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SPOX: Ein großes Thema beim FC Bayern ist der Bau des neuen Nachwuchsleistungszentrums.

Steinhart: Die Gegebenheiten bei Bayern waren so schon sehr gut. Mit dem neuen Nachwuchsleistungszentrum schafft der Verein aber jetzt die optimalen Voraussetzungen, um auch in der Jugendarbeit auf internationalem Topniveau zu agieren. Das muss aber für den FC Bayern auch das Ziel sein.

SPOX: Denken Sie, dass sich damit die Chancen für Nachwuchsspieler erhöhen?

Steinhart: Unterm Strich ist jeder Spieler selbst für seine Entwicklung verantwortlich. Bayern wird aber in Zukunft sicher noch einiges in die Jugendarbeit investieren, damit die Spieler bestmöglich auf den harten Weg zum Profifußballer vorbereitet werden. Und ich denke, dass es in Zukunft wieder mehr Spieler aus der eigenen Jugend schaffen können.

SPOX: Vor Ihrer Zeit bei Bayern haben Sie die vielgerühmte Jugendarbeit beim TSV 1860 durchlaufen. Gab es Unterschiede?

Steinhart: Richtig, ich war insgesamt zehn Jahre bei Sechzig und habe beinahe die komplette Jugend durchlaufen. Damals waren die Kräfteverhältnisse in der Jugendarbeit noch etwas anders: Sechzig war Bayern überlegen - zumindest einen Tick. Heute befinden sich die beiden aber auf Augenhöhe. Große Unterschiede in der Ausrichtung existieren meiner Meinung nach nicht mehr.

SPOX: In der vergangenen Saison haben Sie München verlassen und sind von der Zweitvertretung des FC Bayern zu den Sportfreunden Lotte gewechselt. Wie kam der Wechsel zustande?

Steinhart: Die erste Kontaktaufnahme lief über meinen Berater. Dann bin ich nach Lotte gefahren und habe mir alles angeschaut und Gespräche mit Trainer Ismail Atalan und dem Obmann Manni Wilke geführt. Das war alles sehr positiv, deswegen war es für mich die richtige Entscheidung.

SPOX: Nicht nur sportlich, sondern auch persönlich war es ein großer Schritt für Sie. Sie sind zum ersten Mal weiter von zu Hause weggezogen. Wie hat sich das sprichwörtliche Durchtrennen der Nabelschnur angefühlt?

Steinhart: Für mich war das auf jeden Fall ein Schritt aus der Komfortzone. Ich habe gemerkt, dass das für meine Entwicklung wichtig war. Hier habe ich mich schnell eingelebt, zumal die Mannschaft es mir wirklich leicht gemacht hat. Wir sind eine super Truppe.

SPOX: Wie unterscheidet sich ein Verein wie Lotte im Alltag von einem Klub wie Bayern oder Sechzig?

Steinhart: Lotte ist ein kleinerer Verein, aber dafür sehr familiär. Die Trainingsbedingungen sind nicht mit denen bei Bayern oder 1860 zu vergleichen, aber wir versuchen, das Beste daraus zu machen, was uns auch ganz gut gelingt. Unser Stadion ist klein aber fein. Ich kann jedem empfehlen, das einmal selbst zu erleben.

SPOX: Ihr Trainer Ismail Atalan gilt als "Fußball-Professor" und soll sehr detailversersessen sein. Ist er in dieser Versessenheit vergleichbar mit Pep Guardiola?

Steinhart: Er ist ein akribischer Arbeiter, der immer versucht, uns perfekt auf jeden Gegner einzustellen und immer einen genauen Plan vor Augen hat. In der Art und Weise wie präzise und detailversessen die beiden arbeiten, kann man sie vielleicht vergleichen, dennoch sind es zwei unterschiedliche Charaktere. Ich denke aber schon, dass sich unser Trainer, der ja noch sehr jung ist, Sachen bei solch großen Trainerpersönlichkeiten abschaut.

SPOX: Mit Lotte haben Sie in den ersten beiden Pokalrunden die Bundesligisten aus Bremen und Leverkusen ausgeschaltet. Waren das die größten Spiele Ihrer Karriere?

Minimalisten-Bayern bezwingen harmlose Wölfe

Steinhart: Gerade das Spiel gegen Leverkusen gehörte definitiv dazu. Wir waren in Unterzahl und sind in der Verlängerung nochmal zurückgekommen.

SPOX: Dann ging es ins Elfmeterschießen. Sie waren der dritte Schütze für Lotte und Ihre Mannschaft hatte die ersten beiden Elfmeter verschossen. Was ging in diesem Moment in Ihnen vor?

Steinhart: Ich war sehr angespannt. Aber ich war mir irgendwie auch sicher, dass ich ihn reinmache. Es ist toll, wenn man vor all den Fans zum Elfmeter antritt. Ich bin froh, dass ich getroffen habe und wir weitergekommen sind.

SPOX: Im Achtelfinale empfangen Sie die Münchner Löwen. Hat das eine besondere Bedeutung für Sie?

Steinhart: In der dritten Pokalrunde zu stehen, ist für uns sowieso schon ein Highlight. Aber für mich ist es logischerweise noch einmal etwas ganz Besonderes, gegen meinen Ex-Klub zu spielen. Es wird zwar sehr schwierig, aber ich hätte nichts dagegen, wenn wir das wieder positiv gestalten könnten.

Philipp Steinhart im Steckbrief

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