Heikle Lage in vergnüglichen Zeiten

SID
Sorgte mit seinem Elfmeter-Treffer für den 1:0-Sieg der Bayern beim OSC Lille
© Getty

Die Leichtigkeit des Spiels hat auch Jupp Heynckes erfasst. Vielleicht ist es aber umgekehrt, und die Mannschaft von Bayern München ist auch deshalb so gut drauf, weil es der Trainer ist. Heynckes scheint jedenfalls derzeit nichts aus der Ruhe zu bringen. Keine Niederlage, keine leicht prekäre Situation wie die in der Champions League.

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Vor dem Heimspiel am Mittwoch gegen den OSC Lille (Mi., 20.30 Uhr im LIVE-TICKER) belegen die Münchner in der Gruppe F nur den dritten Platz hinter Valencia und Borissow.

In Europas Königsklasse fehlt den Münchner zwar die Souveränität, mit der sie in der Bundesliga derzeit für Vergnügen sorgen, aber der Bayern-Trainer ist sicher, dass die am Mittwoch zurückkommt.

"Zu Hause sind wir schon in der Lage, kreativ zu spielen." Anders als beim mühevollen 1:0 vor zwei Wochen in Lille "müssen wir nach vorne ein gewisses Risiko eingehen", sagt er. Der derzeit überragende Franck Ribery versprach vor dem Duell mit seinen Landsleuten: "Wir werden das Spiel sicher nicht auf die leichte Schulter nehmen."

Heynckes gibt sich locker. Schon drei Tage vor dem Duell mit den Franzosen hatte er preisgegeben, dass Arjen Robben spielen darf. Eine ungewöhnliche Maßnahme, weil sich der Bayern-Trainer in der Regel weigert, Fragen zur Aufstellung und Taktik zu beantworten. Ob allerdings der nach einer leichten Erkältung wieder kurierte Toni Kroos von Anfang an spielen wird, ließ Heynckes offen.

Heynckes findet Lobeshymnen übertrieben

Der Erfolg ist der eine und auch wichtigste Grund für Heynckes' Gelassenheit, der andere, dass er es schaffte, die Fronten mit Matthias Sammer zu klären. Anfang Oktober hatte der Bayern-Trainer öffentlich gerügt, dass der Sportvorstand die Mannschaft nach einem mittelmäßigen aber erfolgreichen Auftritt kritisiert hatte.

Damit sicherte sich Heynckes Autorität in der Mannschaft. Nun haben sich die beiden arrangiert. Nach der Niederlage gegen Leverkusen vor zehn Tagen, der bisher einzigen in dieser Fußball-Bundesligasaison, verzichtete Sammer auf ein wohl von vielen Seiten erwartetes Donnerwetter.

Ein paar Tage später, nach dem die Bayern zunächst Kaiserslautern im DFB-Pokal und dann Hamburg abgefertigt hatten, lobte Sammer den mit 67 Jahren ältesten Bundesligatrainer als Planungskönig.

Heynckes, sagte Sammer, "ist klar in der Analyse . Er hat alle Dinge im Kopf." Dem Trainer sind die Lobeshymnen für ihn, für die Spieler, derzeit "etwas zu positiv, zu euphorisch, denn wir haben ja noch nichts erreicht."

"Es funktioniert doch alles"

Die Position von Heynckes ist derzeit so gut wie wohl noch nie während seines dritten Engagements in München. Eigentlich sollte nach dieser Saison Schluss sein für den Bayern-Trainer, aber längst denken die Verantwortlichen darüber nach, den Vertrag mit Heynckes zu verlängern.

"Es funktioniert doch alles", sagt Ehrenpräsident Franz Beckenbauer. Er sieht den vom Naturell eher ruhigen, bedächtigen Heynckes als ideale Ergänzung zum temperamentvollen Sportvorstand. "Wenn du als Trainer den gleichen Hitzkopf hast wie Sammer, da weiß ich nicht, wie das funktionieren soll", sagte Beckenbauer.

Die gute Laune bei den Bayern könnte aber ebenso schnell verfliegen wie die Gedanken, Heynckes weiter zu beschäftigen. So wichtig es dem Rekordmeister auch ist, in der Bundesliga Dortmund endlich in die Schranken zu weisen, die Champions League genießt trotzdem einen sehr hohen Stellenwert.

"Es kann noch ganz dramatisch werden"

Nach den beiden Finalniederlagen innerhalb von 24 Monaten haben die Münchner noch eine Rechnung offen, die sie begleichen wollen, am liebsten natürlich im Finale im kommenden Mai im Londoner Wembley-Stadion.

Mit einem Scheitern in der Vorrunde beschäftigt sich deshalb niemand beim FC Bayern, aber nach der Niederlage am zweiten Spieltag in Minsk "sind wir etwas unter Druck geraten", stellte Präsident Uli Hoeneß fest.

"Es kann noch ganz dramatisch werden." Vor dem zweiten Duell mit den Franzosen fordert Hoeneß: "Wir müssen die wegputzen." Mit der Leichtigkeit und dem Schwung aus der Bundesliga.

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