FC Bayern München - "Wollten wir so haben": Wie Tuchel eine überraschende Kane-Diskussion erstickte

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Harry Kane agierte beim 3:0-Sieg des FC Bayern München gegen den SC Freiburg tief wie nie zuvor. Damit erstickte Trainer Thomas Tuchel vorerst eine überraschende Diskussion, Kane blieb aber erneut ohne Treffer - generell ist seine Torquote selbstredend weiterhin gut. Wie schlägt sich der Neuzugang im Vergleich zu seiner vergangenen Saison und Robert Lewandowskis letzter in München?

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Harry Kane traute sich am Sonntag etwas, was die Stürmer des gegnerischen SC Freiburg konsequent verweigerten: Tatsächlich näherte sich der Mittelstürmer des FC Bayern immer wieder der Münchner Hälfte an - in seinem Fall im Rückwärtsgang. Teilweise wagte es Kane sogar, die Mittellinie zu übertreten. So nah kamen die erschreckend harmlosen Freiburger dem Münchner Keeper Sven Ulreich kaum.

Nach den zuletzt aufflammenden Diskussionen über seine mangelhafte Einbindung ins Kombinationsspiel agierte Kane beim 3:0-Sieg gegen Freiburg tief wie nie zuvor für den FC Bayern. Bei eigenem Ballbesitz ließ er sich oftmals nicht nur hinter die Flügelstürmer Kingsley Coman und Leroy Sané fallen, sondern auch noch hinter Thomas Müller und Leon Goretzka. Die beiden agierten als Achter/Zehner, aufgrund von Kanes Bewegungen könnte man aber nicht nur mathematisch auch sagen: Neuner.

"Das wollten wir heute so haben", erklärte Trainer Thomas Tuchel danach. "Wir haben die beiden Zehner hoch im Feld gehabt und Harry hat tiefer gespielt. Er war an sehr vielen Aktionen beteiligt, die das Spiel beschleunigt haben, weil wir in seinem Rücken gute Laufwege hatten. Das ist das, was er mag. Dann ist er mehr im Spiel, mehr beteiligt."

Vor allem Coman und Sané profitierten von Kanes Drang ins Mittelfeld: Damit zog der 30-jährige Engländer Freiburgs Viererkette auseinander und schuf Räume für die quirligen Flügelstürmer. Beide schossen zwei Tore, das schönste durch Sané zählte wegen einer knappen Abseitsstellung jedoch nicht. Sanés regulären Treffer bereitete Kane mit einem genialen Doppelpass vor.

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© Getty Images

Harry Kane und die überraschende Einbindungs-Diskussion

Dank dieser taktischen Maßnahme war Kane alle 1,44 Minuten am Ball. In seinen vorherigen Pflichtspieleinsätzen für den FC Bayern hatte dieser Wert noch bei 2,95 gelegen. Interessant ist diesbezüglich ein Blick auf Kanes Werte aus der Vorsaison bei Tottenham Hotspur. Damals war er im Schnitt alle 2,23 Minuten am Ball, also deutlich öfter als vor dem Freiburg-Spiel beim FC Bayern. Robert Lewandowski verzeichnete in seiner letzten Saison in München 2021/22 alle 2,39 Minuten einen Ballkontakt, ebenfalls öfter als der Vor-Freiburg-Kane.

Die Entwicklung der vergangenen Wochen kam durchaus überraschend. Generell mag es Kane nämlich, aktiv am Spiel teilzunehmen. Bei seinem Startelf-Debüt für den FC Bayern gegen Werder Bremen hatte er das auch direkt unter Beweis gestellt. "Er tut unserem Spiel sehr gut, weil er sowohl vollstrecken als auch mitspielen und andere in Szene setzen kann", analysierte damals Joshua Kimmich.

Diese Stärke ging zuletzt aber sukzessive verloren, nach dem Champions-League-Duell beim FC Kopenhagen kamen erstmals Diskussionen über Kanes mangelhafte Einbindung ins Kombinationsspiel auf. "Ich weiß nicht genau, woran das lag", sagte Tuchel danach. Gegen Freiburg gab Tuchel Kane daraufhin die klare Anweisung, sich tiefer fallen zu lassen. So war der Mittelstürmer involvierter, erzielte aber keinen eigenen Treffer. Bei seinen beiden gefährlichen Abschlüssen in der Anfangsphase verzog Kane knapp.

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Tore, Schüsse, Effektivität: Harry Kane im Vergleich

Nach zehn Pflichtspielen hält Kane zwar bei starken neun Toren, vier davon resultierten jedoch aus Elfmetern. Sowohl gegen Kopenhagen am Dienstag als auch gegen Freiburg blieb Kane torlos, in den vergangenen drei Partien gelang ihm kein Treffer aus dem Spiel heraus. "Er hatte heute und in Kopenhagen nicht das Glück, dass die Bälle für ihn hinfallen", sagte Tuchel nach dem Freiburg-Spiel.

Zeit für ein erstes Zwischenfazit: Wie torgefährlich, abschlussfreudig und effektiv präsentiert sich Kane beim FC Bayern bisher im Vergleich zu seiner vergangenen Saison bei Tottenham und Lewandowskis letzter in München? Kane trifft für den FC Bayern alle 89 Minuten. Bei Tottenham lag dieser Wert bei 134, Lewandowskis in München bei 80. Zum Abschluss kommt Kane beim FC Bayern alle 25,94 Minuten. Eine leichte Steigerung zu den 27,39 bei Tottenham. Lewandowski war auch hier besser mit einem Abschluss alle 20,13 Minuten.

Beachtlich ist, dass Kane für seine bisher neun Treffer lediglich einen xG-Wert von 7,49 benötigte. Aber auch in der vergangenen Saison war er effektiver, als es statistisch erwartbar gewesen wäre: 32 Tore statt 25,41. Lewandowski schloss in seiner letzten Saison beim FC Bayern diesbezüglich etwas schlechter ab: Für seine 50 Treffer benötigte er einen xG-Wert von 45,33.

In einem Interview mit der SportBild prophezeite Lewandowski seinem Nachfolger neulich, dass "das erste Jahr sicher nicht leicht" für ihn wird: "Harry braucht Zeit, den FC Bayern zu verstehen. Das ist eine Herausforderung." Kane selbst wollte nach dem Sieg gegen Freiburg über seine aktuelle Situation nicht sprechen. "Not today", sagte er freundlich und verabschiedete sich in die Länderspielpause.