BVB - Erkenntnisse zu Borussia Dortmund nach dem Remis in Leverkusen: Mourinho-Fußball statt spielerischer Klasse

Antonios Papadopoulos
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Borussia Dortmund zeigt beim 1:1 in Leverkusen eher Mourinho-Fußball statt spielerischer Klasse. Der Unmut von Trainer Edin Terzic angesichts eines ausgebliebenden Elfmeterpfiffs ist nachvollziehbar. Und: U23-Spieler Antonios Papadopoulos lieferte eine überraschend starke Leistung ab. Die Erkenntnisse zum BVB.

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BVB: Mourinho-Fußball statt spielerischer Klasse

"Es stimmt, es ist heute ein Topspiel und zu einem Topspiel gehören immer zwei Mannschaften - also auch wir", hatte Edin Terzic vor der Partie in Leverkusen bei DAZN gesagt. Nicht nur nach dem Spielverlauf, der Borussia Dortmund ein schmeichelhaftes 1:1 bescherte, stellt sich die Frage: Ist der BVB in dieser Saison wirklich ein Spitzenteam, wie es die Aussage des Trainers suggerieren sollte?

Eine klare Antwort darauf fällt wie so oft bei der teils unergründlichen Borussia schwer. Nach 13 Spielen hat Dortmund 25 Punkte geholt, 20 Gegentore kassiert und als Tabellenfünfter weiterhin zehn Punkte Rückstand auf Rang eins, fünf sind es nun auch auf Platz drei. Diese (Zwischen-)Bilanz rechtfertigt ein eindeutiges "Nein" als Antwort. Die Auftritte in der prominent besetzten Champions-League-Gruppe, in der man sich vorzeitig für die K.o.-Runde qualifizierte, ließen hingegen ein "Ja" zu.

Nach der Partie meinte Terzic, dass es gegen einen solch guten Gegner wie Bayer Kompromisse bräuchte, die man eingehen müsse. Sein Team verteidigte in der Tat sehr leidenschaftlich. Die Hausherren wiederum waren die gesamte Spielzeit über extrem dominant, strahlten für ihre hohen Spielanteile allerdings eher wenig Gefahr aus.

Es sagt aber eine Menge über den aktuellen BVB und seinen Kader aus, wenn Dortmund eine solche Underdog-Herangehensweise wählen muss, um sich Chancen auf Punkte in Leverkusen auszurechnen. Die Westfalen enttäuschten spielerisch einmal mehr in dieser Saison. Kam man einmal zu den seltenen Umschaltaktionen, dann legte die Borussia eine schlechte Passqualität an den Tag, spielte viel zu ungenau und verlor sehr früh die Bälle (Passquote nach 90 Minuten: 73 Prozent). Entlastung und Torchancen blieben daher weitestgehend Mangelware.

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BVB: Oft heiligt der Zweck die Mittel

Es erinnerte ein wenig an den berüchtigten Defensivfußball von José Mourinho und sah phasenweise so aus, als würde Dortmund mit einem Mann weniger agieren, so dass man sich tief in die eigene Hälfte verzog und dort geschlossen gegen den Ball arbeitete. Das gelang Terzics Team auch über weite Strecken gut, bisweilen mit dem nötigen Glück, aber es war eine disziplinierte Leistung zu sehen. Trotz der Dominanz kamen die Hausherren in Halbzeit eins beispielsweise nur auf einen Expected-Goals-Wert von 0,46 (Dortmund lag bei 0,41).

Auch war es nicht das erste Mal, dass der Dortmunder Trainer einen solchen Matchplan wählte. Auch die Spielverläufe in der Königsklasse in Newcastle und teils kürzlich in Mailand ähnelten jenem in Leverkusen - keines dieser Spiele ging verloren. Der BVB muss gegen ebenbürtige oder bessere Gegner, und davon gibt es derzeit (zu) viele, stets ans Limit gehen, um etwas zu holen. Schön sieht das meist nicht aus, doch oft schon heiligte der Zweck letztlich die Mittel.

So stoppte man nun den Lauf der Werkself, die als erstes Team in der Bundesliga-Historie an jedem der ersten zwölf Bundesliga-Spieltage mindestens doppelt traf und die vergangenen 14 Partien allesamt gewonnen hatte. Dennoch kann es langfristig nicht der Anspruch sein, dass man von den aktuell drei besten Teams der Liga derart dominiert wurde. Es zeugt vielmehr davon, dass es im Dortmunder Kader reichlich Platz für Optimierungen gibt.

Edin Terzic, Daniel Siebert
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BVB: Der Unmut von Edin Terzic ist nachvollziehbar

Eine Woche ist es her, als Hans-Joachim Watzke auf der Jahreshauptversammlung des BVB über die andauernde Kritik am Video-Assistenten sprach und für den Januar eine Aufarbeitung ankündigte. "Wenn der VAR eine Zukunft haben will, müssen wir das in den Griff bekommen. Im Januar werden wir uns mit dem Thema intensiver auseinandersetzen", sagte Dortmunds Geschäftsführer.

Als hätte er es geahnt: In den zwei darauffolgenden Spielen seines Vereins litt die Borussia genau darunter. Zunächst indirekt in der Königsklasse, als Paris Saint-Germain weit in der Nachspielzeit ein extrem fragwürdiger Handelfmeter nach VAR-Intervention zugesprochen wurde. Nur deshalb steht der BVB noch nicht als Sieger der Gruppe F fest.

Am Sonntag in Leverkusen schließlich verweigerte Schiedsrichter Daniel Siebert den Westfalen beim Stand von 1:0 einen Strafstoß, nachdem Karim Adeyemi von Edmond Tapsoba im Strafraum gelegt wurde. Der Leverkusener traf dabei eindeutig das Knie des Dortmunders, der deshalb in vollem Lauf zu Boden fiel.

Dies brachte den sonst sehr beherrschten Trainer Terzic auf die Palme: "Wir diskutieren Woche für Woche über den VAR. Wir diskutieren über klare Fehlentscheidungen, wir diskutieren über Handspiel, Foulspiel und so weiter und so fort und jetzt heute ist es zu wenig." Terzic fühlt sich angesichts der gegen den BVB bislang verhängten Elfmeter benachteiligt: "Welche Elfmeter haben wir denn bekommen? In Frankfurt, wo Marius Wolf der Ball an den Arm geschossen wird? Das ist nicht zu wenig. Das ist es einfach, was mich komplett aus der Fassung bringt. Weil das ist nicht gerecht. Die Elfmeter, die gegen uns gepfiffen werden, egal ob national oder international, die stehen in keinem Verhältnis zu dem, was heute passiert ist oder was letztes Jahr passiert ist in Bochum."

Edin Terzic, BVB
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Viel zu diffuse Regelauslegung bei Vergehen aller Art

Terzics Unmut ist durchaus nachvollziehbar. Dabei geht es jedoch weniger um die einzelne Szene mit Adeyemi in Leverkusen - die einen Elfmeter gerechtfertigt hätte -, sondern viel grundsätzlicher um die längst viel zu diffuse Regelauslegung bei Vergehen aller Art. Es gibt mittlerweile kaum noch eine einheitliche Linie, stattdessen lassen sich angesichts der gesammelten Erfahrungen mit dem VAR für zahlreiche Szenen genügend Für und Wider finden - weil in der Praxis deutlich zu schwammig gepfiffen wird. Sowohl die Handhabung der Regeln, als auch die des VAR ist in entscheidenden Situationen zu häufig mangelhaft.

Terzic hob bei seiner Kritik sogar den Blick und kam auf vergleichbare Szenen in der Bundesliga zu sprechen. So spielte er auf den Strafstoß des VfB gegen Bremen an, der am Samstag zum 2:0 der Schwaben führte. "Und gestern in Stuttgart der Elfmeter? War auch nicht zu wenig?", sagte der Coach. "Unser Elfmeter, den wir in Stuttgart bekommen haben mit Gregor Kobel, war auch nicht zu wenig der Kontakt? Dann wird uns erklärt, es gab einen klaren Kontakt, den müssen wir geben. Hier wird uns erklärt: 'Nee, das muss ich mir gar nicht angucken, weil ich bin mir sicher, das war zu wenig.' Darum geht es einfach."

Natürlich waren Terzics seltene Emotionen in erster Linie auf die Pfiffe konzentriert, die bislang gegen den BVB ausfielen. Falsch liegt er jedoch damit auch nicht. Die Bandbreite der Unausgewogenheit bei den gegen Dortmund verhängten Strafstößen ist durchaus groß.

Watzke brachte es am Sonntag, eine Woche nach der JHV des Klubs, gegenüber den Ruhr Nachrichten noch einmal gut auf den Punkt: "National bekommen wir es nicht hin, international bekommen wir es nicht hin. Das Regelwerk wird mittlerweile in jedem Stadion ganz unterschiedlich gehandhabt." Bleibt zu hoffen, dass der anvisierte Termin im Januar ein klares, unzweifelhaftes Ergebnis zeitigt.

Antonios Papadopoulos
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BVB: Überraschend starke Leistung von Antonios Papadopoulos

Wie sehr die Borussia zum Jahresende hin auf der letzten Rille daherkommt, wurde in Leverkusen ziemlich deutlich: Lediglich dreimal wechselte Terzic aus - und zwei Spieler, die aufs Feld kamen, feierten ihr Saisondebüt.

Neben dem lange verletzten Thomas Meunier, dessen Vertrag am Saisonende ausläuft und der idealerweise bereits im Winter abgegeben wird, kam auch Antonios Papadopoulos zum Einsatz. Der 24-Jährige ist eigentlich Führungsspieler bei der zweiten Mannschaft in der 3. Liga, saß am Sonntag aber erstmals in dieser Spielzeit bei den Profis auf der Bank. Niklas Süle und Ramy Bensebaini hatten sich krank abgemeldet und machten diese Maßnahme notwendig.

Der Innenverteidiger hatte zuvor sechs Pflichtspiele für die erste Dortmunder Mannschaft absolviert und wies eine Bundesligaerfahrung von ganzen 27 Spielminuten auf. Die letzte Partie lag bereits über ein Jahr zurück. Da Nico Schlotterbeck angeschlagen runter musste, kamen für Papadopoulos nun aber plötzlich 26 Minuten oben drauf.

Und dies natürlich in einer Partie, in der man als Innenverteidiger sofort gefordert ist. Leverkusen besitzt nicht nur die zweitbeste Offensive der Liga, sondern spielte ja auch durchgängig auf das Dortmunder Tor. Es war also alles andere als leicht, dort hineingeschmissen zu werden.

Antonios Papadopoulos
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BVB: Antonios Papadopoulos vor Abgang im Winter?

Umso beachtlicher war daher die Leistung von Papadopoulos. Er gewann 80 Prozent seiner Zweikämpfe, kam auf vier klärende Aktionen, drei Tackles und drei Balleroberungen. Neun der zehn Pässe seiner insgesamt 20 Ballaktionen kamen an - darunter auch jener beinahe spielentscheidende auf Meunier, dessen Flanke jedoch Niclas Füllkrug per Kopf in der Nachspielzeit nicht nutzen konnte.

Papadopoulos war sofort auf Betriebstemperatur und legte auch die nötigen positiven Emotionen an den Tag, um sich umgehend in die Partie zu beißen. Es war zweifelsfrei ein Bewerbungsschreiben - nur fragt sich, für wen?

Schließlich läuft auch das Arbeitspapier des 2021 aus Halle zum BVB II gewechselten Papadopoulos nach der Saison aus. Nicht nur einmal stand er bereits vor einem Abgang. Zuletzt hieß es, er schiele auf einen Wechsel bereits im Januar. Für die zweite Mannschaft wäre dies definitiv ein Verlust. Nach der Leistung vom Sonntag hätten jedoch auch die Profis eine sehr solide Alternative weniger.

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BVB: Die restlichen Spiele von Borussia Dortmund im Jahr 2023

DatumWettbewerbGegner
6. Dezember, 20.45 UhrDFB-PokalVfB Stuttgart (A)
9. Dezember, 18.30 UhrBundesligaRB Leipzig (H)
13. Dezember, 21 UhrChampions LeagueParis Saint-Germain (H)
16. Dezember, 15.30 UhrBundesligaFC Augsburg (A)
19. Dezember, 20.30 UhrBundesliga1. FSV Mainz 05 (H)