Mit Beständigkeit, Draxler und frischem Blut

Von Fatih Demireli
Das ist der FC Schalke 04 in der Saison 2013/2014
© getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: Schalke 04.

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Die Saison 2012/13 war auf bestem Wege, eine verkorkste Saison zu werden. Schalke war am 24. Spieltag Sechster, der Trainerwechsel von Huub Stevens zu Jens Keller schien nicht zu greifen. Doch dann gelang der von vielen Verletzungen heimgesuchten Truppe die Kehrtwende und landete auf der Zielgeraden auf dem vierten Platz. Immerhin Champions-League-Qualifikation. Schalkes großes Ziel heißt jetzt: Wieder etwas mehr Beständigkeit.

Das ist neu

Schalke nahm in der Sommerpause viel Geld zur Hand. Zum ersten Mal in der Amtszeit Horst Heldts überschritten die Transferausgaben des FC Schalke 04 den zweistelligen Millionenbereich. Geholt wurden mit Adam Szalai (Mainz 05), Leon Goretzka (VfL Bochum), Christian Clemens (1. FC Köln) und mit dem ablösefreien Felipe Santana (Borussia Dortmund) vier hochwertige Spieler, die vor allem den Konkurrenzkampf fördern und sogar bisher unangefochtene Stammspielern auf die Pelle rücken sollen.

So müssen beispielsweise Klaas-Jan Huntelaar und Jermaine Jones plötzlich bangen: "Er und ich waren es doch, die Konkurrenz gefordert haben. Da können wir uns natürlich nicht ausnehmen", sagt Jones.

Die neue Situation soll der Schalker Mannschaft Beine machen und bestenfalls auch eine gesunde Rotation herstellen. Sportchef Horst Heldt nimmt da den FC Bayern der vergangenen Saison als Vorbild, auch wenn "der Trainer die Entscheidung trifft", wie es gemacht wird.

Jens Keller, dessen Zukunft bis ins Endstadium der vergangenen Saison noch unklar war, ist inzwischen gestärkt aus der Situation herausgekommen und ist sowohl bei Vorgesetzten, als auch in der Mannschaft anerkannt. "Er findet einfach einen guten Mix aus kon­zentrierter Arbeit, intensiver Ansprache und dem Gespür, wann die Spieler auch mal Spaß brauchen. Damit erfüllt er viele Anforderungen, die man heute als guter Trainer braucht", sagt Heldt im "kicker".

Schalke sieht in Keller eine langfristige Lösung, die letztlich auch eine beständige Schalker Fußball-Welt bewerkstelligen soll. Gelingt dies, ist die halbe Miete wohl schon erreicht.

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Die Taktik

Nach dem urplötzlichen Abschied von Michel Bastos, den es zu Al-Ain zog, könnte Plan B bei den Schalkern greifen. Der heißt: 4-4-2. Dies würde auch das Luxusproblem im Sturm lösen, wo sich Neuzugang Adam Szalai in der Vorbereitung in blendender Verfassung präsentierte und sich mindestens als hochwertige Alternative für Huntelaar empfahl.

Allerdings hätte dies zum Nachteil, dass Julian Draxler auf die ungeliebte linke Seite ausweichen müsste. Der Youngster sieht sich im Zentrum, verankerte dies sogar in die Vertragsverhandlungen im Sommer. Daher wäre es sehr überraschend, wenn Jens Keller nicht auf ein 4-2-3-1 mit Draxler als zentraler Taktgeber setzt. Die 1a-Lösung auf der linken Außenposition heißt noch Christian Clemens, wobei Schalke auf der Suche nach einer externen Lösung ist. Allerdings handelte sich Heldt schon Absagen vom FC Bayern (Xherdan Shaqiri), von Bayer Leverkusen (Sidney Sam) und vom VfB Stuttgart (Ibrahima Traore) ein.

Interessant zu beobachten wird auch der Mehrkampf im defensiven Mittelfeldzentrum. Leon Goretzka drängt vor, auch wenn er in der Vorbereitung Auf und Abs zu verzeichnen hatte. Auch Benjamin Höger bekräftigte offensiv, ins Mittelfeld zu gehören. Diesen Anspruch hat aber auch Roman Neustädter. Naheliegend ist, dass der defensivstarke Jones gesetzt ist und daneben ein offener Dreikampf geführt wird. Goretzka wäre die offensivste Lösung - mit dem neuen Selbstverständnis in Gelsenkirchen vielleicht auch mittelfristig die idealste.

Der Spieler im Fokus

Julian Draxler. Die Vertragsverlängerung des Youngsters löste bei Schalke eine Riesen-Begeisterung aus. Der Klub ließ Werbetafeln im Ruhrgebiet chauffieren, um Draxlers Verbleib zu verkünden. Es soll die Saison des Teenagers werden, der schon in der Vorsaison groß aufspielte. Nun sollen aber auch Führungsaufgaben dazu kommen: die Rolle als zentraler Fixpunkt im Spielsystem inbegriffen. Dass Draxler funktioniert, und damit auch Schalke funktioniert, hätte nicht nur sportliche Vorteile. Der Erfolg würde möglicherweise auch einen längeren Verbleib Draxlers gewährleisten, zumal auch die hohe festgeschriebene Ablöse im Vertrag des Spielmachers keineswegs abschreckend für interessierte Klubs wirkt. Manchester City machte direkt nach der Vertragsverlängerung ein Angebot - Draxler lehnte ab. Erst einmal.

Das Interview

SPOX: Durch die Stärke der Bayern und des BVB wird vor einem drohenden Duopol in der Bundesliga gewarnt. Ist Schalke in der Pflicht als designierte dritte Kraft?

Heldt: Um die Duopol-Diskussion herrscht tatsächlich zu viel Hype. Wir würden gut daran tun, etwas von der Aufgeregtheit herauszunehmen. Bayern war, ist und wird immer dominant bleiben. Alle anderen Kandidaten dahinter sehe ich auf Augenhöhe. Natürlich hat Dortmund in den letzten beiden Jahren mit der Meisterschaft einiges aufgeholt und vieles richtig gemacht, wobei der Abstand zu uns und den anderen Vereinen nicht so groß ist, als dass wir das nicht aufholen könnten.

SPOX: Sie waren in Ihren ersten zwei Jahren ein Mann des Ausgleichs. Sie beruhigten das Schalker Umfeld und warnten vor zu hohen Erwartungen. In diesem Sommer veränderten Sie Ihre Rhetorik, äußerten sich wie im SPOX-Interview wesentlich forscher - und hatten von außen betrachtet Ihren Anteil daran, dass eine gewisse Irrationalität zurückkehrte. Ist die Beobachtung richtig?

Heldt: Das kann gut sein. Nach unserem dritten Bundesliga-Platz habe ich versucht, die Mannschaft und den Gesamtverein zum nächsten Schritt zu bewegen. So wertvoll ein dritter Platz ist, auf Dauer wollen wir alle mehr. Und mit unseren Möglichkeiten können wir mehr erreichen. Das war mein Hintergedanke, als ich eine neue Tonart anstimmte, um neue Reizpunkte zu setzen.

SPOX: Wie sehr fühlen Sie sich selbst mittlerweile als Schalker Galionsfigur?

Heldt: Ich fühle mich durch und durch als Schalker, obwohl ich erst seit drei Jahren im Klub und erst seit zwei Jahren Mitglied bin. Uralte Schalke-Fans könnten das vielleicht verpönen, weil das nicht vergleichbar ist. Das stimmt auch. Aber ich identifiziere mich zu hundert Prozent mit dem Verein und versuche herauszufinden, was die Leute bewegt. Ich möchte in die Schalker Seele blicken.

Die Prognose

Schalke ist gut aufgestellt und hat auch in der Breite eine Qualität im Kader, die vielen Bundesligisten voraus ist. Schon zu Beginn der letzten Saison spielte Schalke ganze vorne mit, war zwischendurch gar Bayern-Jäger Nummer eins. Sollten die Königsblauen in der neuen Saison keinen erneuten Einbruch erleiden und die Neuzugänge die erhoffte Wirkung erzielen, ist ein Kampf um Platz zwei nicht unrealistisch.

Der Kader des FC Schalke 04