Michael Ballacks bitteres Deja-vu

SID
Michael Ballack (M.) sitzt enttäuscht auf der Bank. Ob er für Bayer nochmal spielt schein offen
© Getty

Sie reden kein Wort mehr miteinander - Michael Ballack und der Trainer. Der Abgang des ehemaligen Kapitäns war nach all den erfolgreichen Jahren glanzlos und eines einstigen Superstars unwürdig. Jetzt vermisst ihn niemand mehr auf dem Platz.

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So verlief das Ende der Ära Ballack in der Nationalmannschaft vor etwa einem Jahr. Ein kleines Deja-vu scheint der 35-Jährige nach dem 1:1 in Bremen bei seinem Verein Bayer Leverkusen zu erleben.

Dort entwickelt sich das Verhältnis des 35-Jährigen zu seinem Arbeitgeber in die gleiche Richtung: Nach zahlreichen Verletzungen und einer ordentlichen Hinrunde scheint die Situation nach der Winterpause zu eskalieren.

In Leverkusen dreht sich alles um Michael Ballack - nur die Mannschaft scheint all dies nicht zu interessieren. Sie absolvierte am Samstag bei einem der erfolgreichsten Heimteams der Liga "mit das beste Saisonspiel", wie Mittelfeldspieler Andre Schürrle sagte und erkämpfte einen wichtigen Punkt im Kampf um einen Europapokal-Platz gegen einen direkten Konkurrenten. Ohne Ballack.

Ballack sieht starke Teamkameraden

Der 98-malige Nationalspieler lief zwar pünktlich mit ins Weserstadion ein, klatschte und winkte brav zu den wenigen mitgereisten Leverkusener Fans, machte sich ordentlich warm und nahm dann artig auf der Bank Platz.

Dort konnte er sich 90 Minuten lang Gedanken darüber machen, warum ihn Sportdirektor Rudi Völler eine Woche zuvor beim 3:2-Sieg gegen Mainz am liebsten schon zur Halbzeit ausgewechselt hätte und warum Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser unter der Woche nachgelegt hatte, indem er sagte, dass das Projekt Ballack gescheitert sei.

Zudem sah er aus unmittelbarer Nähe besonders nach der Pause einen sehenswerten Tempofußball seiner Kollegen. "Das war besonders in der zweiten Hälfte ein sehr gutes Spiel von meiner Mannschaft", sagte Trainer Robin Dutt nach der Partie.

"Es war verdammt viel Tempo drin", meinte auch Simon Rolfes, der statt Ballack spielte. Und Verteidiger Daniel Schwaab war gar der Meinung: "Da haben wir gepresst, sind voll drauf gegangen. Spritzigkeit und Aggressivität haben gestimmt, wir haben Werder keine Luft gelassen."

Wiese patzt

Tatsächlich war Werder vor 40.060 Zuschauern im Weserstadion zunächst durch Torjäger Claudio Pizarro in Führung gegangen. Bei seinem 13. Saisontreffer verarbeitete der Peruaner eine maßgenaue Flanke vom ersten 18-jährigen Tom Trybull mit der Brust und ließ Bayer-Torwart Bernd Leno mit einem Flachschuss keine Chance.

Leverkusens Stefan Reinartz sorgte dann in der 57. Minute für den verdienten Ausgleich. Nachdem sich Werder-Schlussmann Tim Wiese bei einem Eckball von Michal Kadlec verschätzt hatte, köpfte der Verteidiger zum 1:1-Endstand ein.

Alles dreht sich um den Capitano

Doch selbst der krasse Patzer war nach der Partie kein Thema: "Wenn man prominente Spieler hat, dann gehört das eben dazu", versuchte Dutt das Thema Ballack kleinzureden.

"Was diese Woche passiert ist, sind Nebengeräusche, aber die Mannschaft hat sich nicht ablenken lassen." Dass Ballack nicht zum Einsatz kam, erklärte der Trainer mit rein sportlichen Gründen: "In der zweiten Hälfte gab es keinen Grund für mich zu wechseln. Ich bin froh über jeden Spieler in unserem Kader und natürlich wird Michael in Zukunft noch Spiele für uns machen."

Wechsel in die USA?

Genau das wurde zuletzt bezweifelt, und im Sommer endet der Vertrag zwischen Ballack und Bayer. Der Chemnitzer will noch weiterspielen, allerdings haben die Leverkusener bereits angekündigt, dass eine Zusammenarbeit über den Sommer hinaus unwahrscheinlich ist.

Nach insgesamt fünf Jahren im Bayer-Trikot - seit Sommer 2010 und zuvor von 1999 bis 2002 - wird die Ehe Bayer-Ballack in diesem Jahr enden.

Sie hatten sich in Leverkusen mehr versprochen vom "Projekt Ballack", daraus hatte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser unter der Woche keinen Hehl gemacht, und das überraschend deutlich kommuniziert.

Vielleicht kommt der Abschied auch schon etwas früher, denn in die nordamerikanische Major League Soccer können Spieler auch noch im Frühjahr, also nach dem Ende der Transferperiode im Januar, wechseln.

Man kann den Beteiligten nur wünschen, dass es nicht so laufen wird wie bei Ballacks unrühmlichen Abschied aus der Nationalelf. Holzhäuser sagte, man werden die kommenden Monate "professionell abwickeln". Immerhin.

Bremen - Leverkusen: Daten zum Spiel

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