VfB: Die Samariter der Liga

Von Stefan Rommel
Er war (leider) einer der Hauptdarsteller: Schiedsrichter Guido Winkmann nach seinem Elferpfiff
© Getty

Der Mainzer Sieg gegen den VfB Stuttgart bot viel Anlass für Diskussionen, vor allem die Fehlentscheidung von Schiedsrichter Guido Winkmann sorgte für Aufsehen. Die Partie hatte aber noch viel mehr zu bieten: Mainz kann zu Hause doch noch siegen und hat einen neuen Helden. Und der VfB? Bleibt weiter der Samariter der Liga.

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Reaktionen:

Thomas Tuchel (Trainer FSV Mainz 05): "Man muss sich ja schon fast entschuldigen, wenn eine Mannschaft hier in Mainz mal wieder gewinnt. Die Erleichterung ist natürlich groß, auch wenn wir uns auch in der langen sieglosen Serie nie chancenlos gesehen haben. Den Ärger des VfB über den Elfmeter kann ich zu 100 Prozent nachvollziehen."

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Bruno Labbadia (Trainer VfB Stuttgart): "Es ist ärgerlich, weil wir in Führung gegangen sind und die Mainzer da hatten, wo wir sie haben wollten. Beim Gegentor zum 1:1 standen wir nicht gut geordnet. Nach dem Elfmeterpfiff kam viel Hektik auf, trotzdem müssen wir abgeklärter sein. Jede Kleinigkeit wurde heute bei uns abgepfiffen. Nach dem 3:1 hatten wir noch einige Chancen, haben aber zu unsauber gespielt. Ich bin gespannt, was der Schiedsrichter in seinem Bericht zu der gelb-roten Karte für Maza schreiben wird."

Fredi Bobic (Sportdirektor VfB Stuttgart): "Der Schiedsrichter hat das Spiel leider ziemlich zerpfiffen und unnötig Hektik und Nervosität ins Spiel gebracht. Der Elfmeterpfiff war abenteuerlich. Wenn Shinji sich davor bei der Situation mit Wetklo fallen lässt, gibt es Elfmeter, aber er ist ein Sportsmann. Am Ende war es sehr emotional, die gelb-rote Karte war unnötig. Maza wird uns fehlen. Wir müssen uns vorwerfen, nach der Führung keine Ruhe bewahrt zu haben. Wir hätten früher so spielen müssen, wie nach dem 1:3."

Andreas Ivanschitz (FSV Mainz 05): "Wir haben uns voll reingebissen und alles gegeben. Endlich haben wir uns mal wieder belohnt, das ist enorm wichtig für uns. In unserer Situation ist auch ein dreckiger Sieg wichtig. Wir standen alle in der Kritik und mussten mehr zeigen, das haben wir getan."

Cacau (VfB Stuttgart): "Die Emotionen sind hoch gekocht. Wir sind unzufrieden mit der Leistung des Schiedsrichters. Aber wir haben nicht nur wegen dem Schiedsrichter verloren, sondern müssen uns auch an die eigene Nase packen. Das dritte Gegentor dürfen wir nicht zulassen, ansonsten hätten wir noch mal zurückkommen können. Schade, dass wir jetzt mit einer Niederlage in die Länderspielpause gehen."

Nachbetrachtung:

Mainz 05 gewinnt ein Heimspiel. Fünf Versuche und 89 Tage lang hat es gedauert, dann fand das 2:0 gegen Leverkusen vom ersten Spieltag seine Wiederholung.

Zur allgemeinen Mainzer Erheiterung war das 3:1 gegen den VfB Stuttgart auch noch der erste Sieg nach neun Spielen ohne dreifaches Erfolgserlebnis.

Gezielte Tuchel-Provokationen?

Unter der Woche tobte in den Medien die Kritik an Thomas Tuchels aufbrausender und bisweilen auch ungerechter Art den Unparteiischen gegenüber. Sicherlich hat sich der Mainzer Trainer für seine persönliche Außendarstellung damit keinen großen Gefallen getan.

Sollte er die gezielten Tiraden zuletzt aber abgelassen haben, um den Fokus in der bevorstehenden schweren Woche in Mainz voll und ganz auf sich und weg von der Mannschaft zu lenken, wäre ihm damit ein Glanzstück gelungen.

Auf jeden Fall zeigte sich seine Mannschaft wenig beeindruckt von ihrem Negativlauf, spielte ihr Spiel weiter so wie in den letzten Wochen. Nur dass dieses eine Mal das nötige Glück Pate stand. Der schnelle Ausgleich war Gold wert für Mainz, jede Minute mehr hätte dem Team dann wohl doch irgendwann zugesetzt.

Ujah explodiert

Dass dann auch noch die vorentscheidende Szene geradezu grotesk glücklich für Mainz war, macht die Sache rund. Letztlich waren es neben der emotionalen Befreiung für Mannschaft und Fans drei enorm wichtige Punkte. Der Blick auf die Tabelle lässt Mainz die Länderspielpause etwas erträglicher verbringen.

Dazu hat Zugang Anthony Ujah seine ersten beiden Tore in der Bundesliga erzielt. Der Nigerianer widerlegte eine andere Mainzer Schwäche der letzten Wochen, als der FSV beste Chancen nicht verwerten konnte und schon an der Qualität der Angreifer gezweifelt wurde.

Aufbauhilfe für schwächelnde Klubs

Auf der anderen Seite bleibt ein Gegner zurück, der einmal mehr einen durchaus möglichen Sieg leichtfertig hergeschenkt hat. Und da muss sich der VfB Stuttgart an die eigene Nase fassen, Fehlentscheidungen hin oder her.

Mittlerweile sind die Stuttgarter so etwas wie die Samariter der Liga, schon die zu Hause darbende Hertha und den Hamburger SV inmitten seiner schlimmen Krise haben die Schwaben uneigennützig unterstützt und reichlich mit Punkten beschenkt. "Scheinbar ist der VfB immer gut als Aufbaugegner, das hat man schon gegen den HSV gesehen", formulierte es Martin Harnik treffend.

Stuttgart noch nicht so gefestigt

Wie sich die bis dato drittbeste Defensive der Liga innerhalb von elf Minuten zweimal düpieren ließ, war völlig untypisch für den VfB. Aber es zeigt auch, dass die Mannschaft noch nicht so gefestigt ist. Die Spieler beschäftigten sich zu sehr mit dem fehlerhaften Elfmeterpfiff und vernachlässigten ihren eigentlichen Job.

Einem Team mit internationalen Ambitionen - so sie beim VfB denn ernsthaft gehegt werden - sollte auch ein Rückschlag nicht so durcheinanderbringen wie Stuttgart in den Minuten nach dem 1:2.

Es ehrt die Stuttgarter Protagonisten, dass die Kommentare in Richtung Unparteiischer nach dem Spiel relativ milde ausfielen. Vielleicht erinnerten sich einige aber auch an die Fehlentscheidungen der letzten Wochen, die dem VfB zuträglich waren - in Nürnberg und zuletzt gegen den BVB.

Mainz - Stuttgart: Daten zum Spiel

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