Nächster Neustart

Von Daniel Börlein
Der 1. FC Nürnberg wurde in der letzten Saison Tabellensechster in der Bundesliga
© Getty

In den Tagen vor dem Start der neuen Bundesliga-Saison stellt SPOX alle 18 Klubs in einer Vorschau-Serie vor - mit allen Transfers, Hintergründen und der Saison-Prognose. Diesmal: 1. FC Nürnberg.

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Sechs Spiele, sechs Siege - beim Club lief's in der Vorbereitung auf die neue Saison richtig rund. Alles wie gehabt also in Nürnberg, lieferten die Franken doch im letzten Jahr auch eine richtig runde Spielzeit ab. Als Abstiegskandidat gehandelt, kam das Team von Trainer Dieter Hecking nie wirklich in Bedrängnis.

Am Ende stand nicht nur der souveräne Klassenerhalt, sondern ein starker sechster Platz und nach 2007 die zweitbeste Bundesliga-Saison in den letzten 22 Jahren. Dass es schwer wird, daran anzuknüpfen, weiß man in Nürnberg. Der Fokus liegt auch in diesem Jahr wieder in erster Linie auf dem Klassenerhalt - und darauf, den erneuten Umbruch zu meistern.

Das ist neu

In die letzte Saison startete der Club als Underdog und Abstiegskandidat. Dass man letztlich völlig souverän die Klasse hielt und dabei vermeintliche Top-Klubs wie Bremen, Hamburg oder Stuttgart hinter sich ließ, hat neues Selbstbewusstsein entstehen lassen.

"Ich sehe nicht, warum Hamburg, Bremen oder Stuttgart uns überholen sollten. Diese Vereine hatten letztes Jahr Probleme - und wie es derzeit aussieht, sind diese Schwierigkeiten noch lange nicht überwunden", sagt Hecking. "Wir haben eine Mannschaft, die es der Konkurrenz sehr schwer machen wird."

Mit der Mannschaft der letzten Saison hat Heckings neues Team allerdings nur noch wenig zu tun. Insgesamt neun Spieler haben den Club verlassen, darunter die Stammkräfte Ilkay Gündogan (Dortmund), Julian Schieber (Stuttgart), Andreas Wolf und Mehmet Ekici (beide Bremen).

Doch für Ersatz hatte Club-Manager Martin Bader bereits frühzeitig gesorgt. Für Gündogan und Ekici sollen Markus Feulner (Dortmund) und Daniel Didavi (Stuttgart) das Mittelfeld verstärken. Bislang hinterließ das Duo einen guten Eindruck. Gut möglich, dass beide zum Saisonstart in der Startelf stehen. Hinzu kamen mit Wilson Kamavuaka (21, Hoffenheim), Philipp Klement (18, Kaiserslautern) und Manuel Zeitz (20, Saarbrücken) drei Mittelfeldspieler mit Perspektive.

Im Angriff soll vor allem Tomas Pekhart die Lücke schließen, die Schieber hinterlassen hat. Der 22-jährige Tscheche kommt von Sparta Prag, hat allerdings nach der Teilnahme an der U-21-EM noch Trainingsrückstand. "Zum Bundesligastart will ich ihn soweit haben", sagt Hecking. "Sportlich hat er schon angedeutet, dass er eine gute Verpflichtung ist."

Das hat auch Alexander Esswein bereits bewiesen. Der Neuzugang aus Dresden ist eine der positiven Überraschungen der Vorbereitung. Mit seiner Schnelligkeit ist der 21-Jährige eine echte Alternative für den linken Flügel.

Ein Platz in der ersten Elf kommt für Timm Klose dagegen wohl noch zu früh. Der Schweizer, der wie Pekhart an der U-21-EM teilnahm und dort überzeugte, braucht noch etwas Zeit, sich ans Tempo in der Bundesliga zu gewöhnen. Vorerst ist der Abwehrhüne als Alternative zu Philipp Wollscheid und Per Nilsson in der Innenverteidigung eingeplant.

Dort war beim Club zuletzt Andreas Wolf gesetzt. Nach seinem Wechsel nach Bremen gibt's beim Club mit Raphael Schäfer nun einen neuen Kapitän. Der 32-Jährige wurde von den Mannschaftskollegen zum zweiten Mal nach 2006 zum Spielführer gewählt und gibt schon mal ein Versprechen ab: "Ich bin als Stammtorhüter noch nie abgestiegen. Und das wird auch so bleiben bis zum Ende meiner Karriere. Und da die noch drei, vier Jahre gehen wird, kann sich der FCN-Anhang so lange auch auf die 1. Bundesliga freuen."

Die Taktik

Der Club hat im letzten Jahr gut funktioniert, deshalb wird Hecking am Auftreten seiner Mannschaft kaum etwas ändern. Nach wie vor gilt: Defensiv kompakt stehen, aggressiv gegen den Ball agieren und nach Ballgewinn schnell umschalten und den Abschluss suchen.

Dafür setzt Hecking weiterhin auf ein 4-2-3-1, aus dem je nach Bedarf auch ein 4-1-4-1 werden kann. Vor der Abwehr ist dabei Timmy Simons gesetzt, um die beiden anderen Plätze im Zentrum streiten sich mit Feulner, Didavi, Almog Cohen und Jens Hegeler aktuell vier Mann. Im Pokal bekamen Feulner und Hegeler den Vorzug.

Im Spiel nach vorne will Hecking künftig noch mehr das Flügelspiel forcieren. Der Grund: Mit Christian Eigler, Albert Bunjaku, Alexander Esswein, Markus Mendler und Robert Mak gibt es dort jetzt zahlreiche Akteure, die ihre Stärken in Schnelligkeit und Tempodribbling haben.

Vor allem Mak ist bislang der große Gewinner der Vorbereitung und auf Rechtsaußen ein Hoffnungsträger. "Über die Flügel können wir jetzt sehr viel Druck ausüben", sagt Hecking, "das ist eine Weiterentwicklung im Vergleich zum Vorjahr".

Der Spieler im Fokus

Philipp Wollscheid. Der 22-Jährige war eine der großen Entdeckungen der vergangenen Bundesliga-Saison. Kurz vor Weihnachten schaffte er den Sprung in die erste Elf, gab ihn fortan nicht mehr her und überzeugte seinen Trainer wie auch die Experten in allen Bereichen.

Schnell gab es deshalb auch Gerüchte um das Interesse anderer Klubs. Vor allem Leverkusen schien Wollscheid auf dem Wunschzettel zu haben. Der verlängerte allerdings seinen Vertrag in Nürnberg bis 2014 und will erstmal die Leistungen aus seinem ersten Jahr bestätigen.

Gelingt ihm das mit erneut beeindruckenden Auftritten dürfte wohl künftig nicht nur Leverkusen Interesse zeigen, sondern auch der eine oder andere Top-Klub - und womöglich sogar Bundestrainer Joachim Löw.

Das Interview

SPOX: Ihr neuer Coach heißt Dieter Hecking. Sie sagten, dass seine Philosophie der von Jürgen Klopp sehr ähnelt. Wie sieht diese Philosophie konkret aus?

Markus Feulner: Beim Club ist der Ansatz sicher noch ein bisschen defensiver. Aber grundsätzlich gilt für beide: Defensiv sehr kompakt stehen, dem Gegner das Leben bei Ballbesitz möglichst schwer machen und über die Pressingsituation schnell ins Spiel reinfinden. Man darf sich nie locken lassen und muss mit viel Geduld, Engagement und Laufbereitschaft agieren.

Hier geht's zum kompletten Interview mit Markus Feulner

Die Prognose

Eines ist klar: Eine vergleichbare Saison wie im vergangenen Jahr wäre aus Nürnberger Sicht eine Sensation. Platz sechs scheint in dieser Spielzeit für die Franken unerreichbar. Doch darauf schielt man beim Club überhaupt nicht. Was zählt, ist auch in dieser Saison der Klassenerhalt - im Idealfall der möglichst frühzeitige.

Der Nichtabstieg ist zweifelsohne möglich, das vorhandene Potenzial keineswegs geringer als das vermeintlicher Mitkonkurrenten. Viel schiefgehen darf allerdings auch nicht.

Nilsson muss Wolf gleichwertig ersetzen, Pekhart schnell zum erhofften Torjäger werden, die Shootingstars Wollscheid, Chandler und Cohen müssen an ihr erstes Jahr anknüpfen und das Umfeld muss ruhig bleiben, wenn's mal nicht so läuft. Funktioniert das alles - und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr, ist der Club womöglich auch wieder für eine Überraschung gut.

Der Kader des 1. FC Nürnberg im Überblick