"Selbst zuschauen hat Spaß gemacht"

Von Interview: Daniel Börlein
Markus Feulner (M.) wurde in der letzten Saison mit dem BVB deutscher Meister
© Imago

Markus Feulner wurde im letzten Jahr deutscher Meister mit Borussia Dortmund, war aber nur Ergänzungsspieler. Deshalb wechselte der 29-Jährige in der Sommerpause zum 1. FC Nürnberg. Im Interview spricht der Mittelfeldspieler über seinen Anteil am Titel des BVB, die Philosophie von Jürgen Klopp und Dieter Hecking und seine Jugend beim FC Bayern.

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SPOX: Herr Feulner, Sie sind nur rund 60 Kilometer entfernt von Nürnberg aufgewachsen, waren aber jetzt knapp 15 Jahre weit weg von der Heimat. Wie gut ist Ihr fränkisch noch?

Markus Feulner: Ich muss sagen: es geht noch (lacht). Ich verstehe es sehr gut, spreche aber sehr wenig, weil ich in den letzten Jahren einfach sehr viel in anderen Teilen Deutschlands unterwegs war.

SPOX: Sie gingen damals mit 15 vom 1. FC Bamberg direkt zum FC Bayern. Aufgrund der räumlichen Nähe wäre ein Wechsel nach Nürnberg doch eigentlich viel logischer gewesen: Gab's damals keinen Kontakt zum Club?

Feulner: Wenn ich mich recht erinnere, gab es schon eine Anfrage vom Club. Aber es war nicht so konkret wie bei den Bayern. Nürnberg hätte auch den Nachteil gehabt, dass ich jeden Tag von Bamberg aus hätte pendeln müssen. Da wäre die Schule dann auf der Strecke geblieben.

SPOX: Das war in München anders.

Feulner: Ich bin dort ins Jugendhaus des FC Bayern eingezogen, konnte ganz normal zur Schule gehen und gleichzeitig jeden Tag trainieren. Insofern waren das die idealen Bedingungen.

SPOX: Was haben befreundete Club-Fans damals gesagt, als Sie zum Erzrivalen nach München wechselten?

Feulner: Ich denke, dass das alle eher als Chance gesehen haben, deshalb haben sich auch alle für mich gefreut. Ich war ja damals noch weit davon entfernt, Profi zu werden. Es ging eher darum, es zu versuchen und die harte Schule in der Jugend dort in München zu durchleben.

SPOX: Wie hart war diese Schule denn für einen 15-Jährigen, weit weg von daheim ohne Freunde und Familie?

Feulner: Es war überhaupt nicht schwierig. Ich wollte in der ersten Zeit überhaupt nicht mehr nach Hause (lacht). Es war ja alles so perfekt. Ich hatte den Fußballplatz direkt vor der Haustür, konnte jeden Tag Fußball spielen, und im Jugendhaus waren mit mir jede Menge Jungs, die genauso gedacht haben. Das war einfach ein riesiges Abenteuer und hat von Anfang an Spaß gemacht.

SPOX: Wer waren damals Ihre ersten Bezugspersonen, die Ihnen das Eingewöhnen so leicht gemacht haben?

Feulner: Zunächst natürlich Frau Schweinberger, die das Jugendhaus damals geleitet hat und immer für uns da war. Mit mir waren dann zum Beispiel auch Steffen Hofmann und Owen Hargreaves im Haus. Da hat man sich schnell eingelebt. Und für alle war es natürlich die ultimative Chance, sich durchzusetzen.

SPOX: Gibt's noch Kontakt zu den Leuten von damals?

Feulner: Leider sehr wenig. Es hat sich im Laufe der Zeit dann doch etwas verlaufen, jeder ist seinen eigenen Weg gegangen. Aber ab und an trifft man sich doch mal und dann plaudert man schon über die alten Zeiten.

SPOX: Sie haben in München alle Jugendmannschaften durchlaufen, den Sprung zu den Profis gepackt und mit den ganz großen Namen trainiert und gespielt. Wer hat Sie als junger Kerl am meisten beeindruckt?

Feulner: Ganz schwierige Frage, es hatte ja jeder seine Qualitäten. Mehmet Scholl war ein überragender Techniker. Wie Olli Kahn und Stefan Effenberg eine Mannschaft geführt haben, war schon beeindruckend. Solche Typen gibt es heute kaum noch. Aber ich will da keinen herausheben. Es waren sehr viele besondere Persönlichkeiten dabei. Und es hat mich schon sehr stolz gemacht, mit ihnen zu spielen.

SPOX: Sie haben den FC Bayern 2003 nach sechs Jahren Richtung Köln verlassen. Wie schwer fiel Ihnen dieser Schritt?

Feulner: Er war einfach notwendig. Ich habe in München zu wenig Spielpraxis bekommen, wollte mich aber im Profi-Fußball durchsetzen. Deshalb war der Wechsel von Bayern der nächste logische Schritt für mich. Klar war es in München eine schöne Zeit, aber ich habe das immer sehr professionell gesehen: Ich wollte mich weiterentwickeln und mehr spielen. Das war auch der Grund für den Wechsel von Dortmund nach Nürnberg.

SPOX: Beim BVB haben Sie in zwei Jahren nur 15 Bundesliga-Spiele gemacht.

Feulner: Und trotzdem hat es mir dort richtig Spaß gemacht - selbst das Zuschauen, wenn ich draußen saß. Ich war Teil dieser Mannschaft, und das war wirklich toll. Aber meine persönliche Situation hat mich am Ende eben nicht mehr zufrieden gestellt.

SPOX: Welche Erklärung haben Sie dafür, dass Sie beim BVB nur selten zum Zug kamen?

Feulner: Ich hatte einen Syndesmosebandriss, der mich sicherlich weit zurückgeworfen hat. Aber das soll keine Ausrede sein. Die Mannschaft hat einfach auch wunderbar funktioniert, so dass der Trainer keinen Grund hatte zu wechseln. Einen Schuldigen für meine fehlenden Einsatzzeiten habe ich nie gesucht.

SPOX: Sind Sie nie zu Jürgen Klopp gegangen und haben gefragt, warum es nicht reicht?

Feulner: Nein. Der Trainer stellt ja immer die beste Mannschaft auf. Und wenn man da nicht dabei ist, weiß man, dass andere besser sind. Ich habe immer versucht, gut zu trainieren und mich über gute Trainingsleistungen zu zeigen. Der Trainer hat das auch wahrgenommen, aber letztlich hat ihm die Mannschaft die gesamte Saison über keinen Anlass gegeben, etwas zu verändern.

SPOX: Wie war es innerhalb des Teams: Gab's aufmunternde Worte von den Kollegen oder ist da jeder erstmal mit sich selbst beschäftigt?

Feulner: Jeder kämpft erstmal für sich um seinen Platz innerhalb der Mannschaft. Das gilt für die erste Elf wie auch für die Plätze dahinter. Jeder ist zunächst also mal Einzelkämpfer. Aber gleichzeitig ist es auch ganz wichtig, sich ins Team einzufügen und Teil des Gesamten zu sein.

SPOX: Hat man deshalb von Ihnen beim BVB auch kein öffentliches Klagen über Ihre Situation gehört oder Forderungen Richtung Jürgen Klopp?

Feulner: Vielleicht war das mein Beitrag zum Erfolg der Mannschaft. Es hätte auch nicht gepasst. Es hat gestimmt innerhalb des Kaders, die Jungs haben überragenden Fußball gespielt, da gab es keinen Grund, sich zu beklagen. Bei meinem Abschied hat sich Jürgen Klopp auch bei mir bedankt, für meine Art und Weise, wie ich Teil der Mannschaft war. Und weil ich immer 100 Prozent gegeben habe, in jedem Training und bei jedem Kurzeinsatz, habe ich mir rückblickend auch nichts vorzuwerfen.

SPOX: Ihr neuer Coach heißt Dieter Hecking. Sie sagten, dass seine Philosophie der von Klopp sehr ähnelt. Wie sieht diese Philosophie konkret aus?

Feulner: Beim Club ist der Ansatz sicher noch ein bisschen defensiver. Aber grundsätzlich gilt für beide: Defensiv sehr kompakt stehen, dem Gegner das Leben bei Ballbesitz möglichst schwer machen und über die Pressingsituation schnell ins Spiel reinfinden. Man darf sich nie locken lassen und muss mit viel Geduld, Engagement und Laufbereitschaft agieren. In Dortmund hat das wirklich überragend geklappt. Von elf Mann hat sich nie einer ausgeklinkt, weder in der Offensive noch in der Defensive. Es war für andere Mannschaften unheimlich schwierig, überhaupt zu Torchancen zu kommen. Ich habe noch nie in einer besser funktionierenden Mannschaft gespielt.

SPOX: Dieter Hecking sieht Sie beim Club auch als ein Spieler, der Führungsaufgaben übernehmen soll in einer insgesamt recht jungen Mannschaft. Ist das Ihr Ding?

Feulner: Ich habe das ja zu meiner Mainzer Zeit schon gemacht. Natürlich muss erstmal die Leistung auf dem Platz stimmen. Wenn das passt, dann kann man auch führen.

SPOX: Wann stimmt denn die Leistung?

Feulner: Ich möchte wieder daran anknüpfen, was ich in Mainz gezeigt habe. Wenn mir das gelingt, dann kann ich der Mannschaft ganz sicher helfen.

Markus Feulner im Steckbrief

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