"Durch Tuchel wird's für Bayern eng"

Niko Bungert etablierte sich unter Thomas Tuchel als Stammspieler in Mainz
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SPOX: Hat sich das Team mittlerweile gefunden, nachdem im Sommer mit Shinji Okazaki und Johannes Geis wieder zwei wichtige Leistungsträger gewechselt sind?

Bungert: Total. Im ersten Moment ist es zwar immer bitter - gerade wenn uns Spieler verlassen, die eine richtig starke Saison gespielt haben. Die Erfahrung zeigt aber, dass wir es immer hinbekommen haben. Das sagt viel über unseren Verein aus, in dem man sich wohlfühlen und entwickeln kann. Man hat schließlich gesehen, dass die Leistungen vieler Spieler in Mainz besser waren als anschließend in den neuen Vereinen. Es ist das Mainzer Umfeld, welches die Spieler besser werden lässt. Somit ist es vergleichsweise leicht, Neuzugänge wieder zu neuen Leistungsträgern zu machen.

SPOX: Sehen mittlerweile dennoch viele Spieler zu hastig nur das große Geld?

Bungert: Chancen muss man als junger Spieler ergreifen. Zum einen, weil es sportlich noch einen großen Schritt nach vorne gehen kann, zum anderen muss man im Fußball natürlich auch das Finanzielle sehen. Wenn jemand einen Vierjahres-Vertrag eines großen Klubs vor Augen hat, kann man keinem übel nehmen, wenn er diese Chance sportlich und wirtschaftlich nutzen möchte. Es gibt viele Beispiele in beide Richtungen. Einem Andre Schürrle kann man nicht nachsagen, mit seinem Wechsel etwas falsch gemacht zu haben. Er hätte definitiv etwas verpasst, wenn er den Weg nicht eingeschlagen hätte. Auf der anderen Seite gibt es im Business Fußball sicher auch Spieler, denen es egal ist, wo sie spielen, solange die wirtschaftlichen Bedingungen stimmen.

SPOX: Sie selbst sagten, nicht in den englischen Fußball zu passen. Meinten Sie das charakterlich oder auf Ihre Spielweise bezogen?

Bungert: (lacht) Ich gewinne zwar viele Zweikämpfe, stehe mit meinem körperlichen Erscheinungsbild aber nicht für den klassischen Prototypen des Innenverteidigers, von denen es in England einige gibt. Es wäre sicher interessant, mal ein Jahr in England zu spielen, in der Bundesliga tue ich mich aber wohl leichter.

SPOX: Ein Grund, weshalb Abgänge nie groß ins Gewicht fielen, ist Christian Heidel. Im kommenden Sommer droht sein Abgang. Wie sehr trifft die Thematik auch das Team?

Bungert: Im Moment überhaupt nicht, da es uns in der täglichen Arbeit nicht tangiert. Natürlich wissen wir, was wir an unserem Manager haben und was er geleistet hat. Es ist sicher nicht das erste Mal, dass sich ein anderer Verein für Christian Heidel interessiert. Dieses Mal ist es eben an die Öffentlichkeit geraten. Im Moment ist er unser Manager und wir gehen davon aus, dass er es auch weiterhin sein wird.

SPOX: Heidel steht für Mainz 05 und umgekehrt. Er erlebte beide Bundesliga-Aufstiege mit, förderte unter anderem Jürgen Klopp und Thomas Tuchel und ist der dienstälteste Manager der Liga. Stellt es für den FSV eine große Gefahr dar, wenn er geht?

Bungert: Wenn es irgendwann einmal dazu kommt, muss natürlich vorgearbeitet werden, um das Ganze aufzufangen. Es wird aber nur unter der Bedingung passieren, dass die Nachfolge geregelt ist. Das versichert er auch immer wieder. Der Aussage vertrauen wir. Christian Heidel wird seine Entscheidung nur mit einem guten Gefühl für den Verein fällen.

SPOX: Ihre eigene Zukunft ist auch noch nicht geklärt. Sie haben nur einen Vertrag bis 2016. Wie ist der aktuelle Stand?

Bungert: In den nächsten Monaten wird es eine Entscheidung geben. Die Tendenz ist klar, beide Seiten sind sehr zufrieden. Ich spiele nicht umsonst bereits in der achten Saison in Mainz.

SPOX: Baumgartlinger, Malli, Karius: Zuletzt haben wichtige Leistungsträger beim FSV verlängert. Julian Baumgartlinger sagte im SPOX-Interview, dass es den FSV als Underdog in der Liga nicht mehr gebe. Merken Sie selbst auch, wie sich das Selbstverständnis in der Mannschaft geändert hat?

Bungert: Man merkt vor allem, wie sich unser äußeres Erscheinungsbild verändert hat und die Konkurrenz uns wahrnimmt. Das spricht für die Arbeit, die hier in den letzten Jahren geleistet wurde. Dennoch muss jedem klar sein, dass es eine absolute Ausnahme ist, wenn ein Verein mit unseren finanziellen Mitteln regelmäßig einstellige Tabellenplätze einfährt. Die Leistungen der letzten Jahre waren außergewöhnlich, bedeuten jedoch nicht, dass wir in Zukunft davor geschützt sind, auch mal eine schwächere Phase durchzumachen.

SPOX: Muss man also auch in Mainz aufpassen, dass der Anspruch auf den Rängen nicht zu hoch wird?

Bungert: Ein Teil unseres Umfelds ist mittlerweile deutlich schwerer zufriedenzustellen. Es wird beispielsweise erwartet, dass wir Augsburg auswärts weghauen, weil sie Tabellenletzter sind. Diese Erwartungshaltung ist in meinen Augen gefährlich und bringt Unruhe. Man gewöhnt sich fast daran, dass wir vor dem HSV oder Stuttgart stehen, jedoch dürfen wir uns nicht größer machen als wir sind. Auf Dauer haben diese Vereine mehr Geld und ganz andere Möglichkeiten. Mainz steht dafür, bodenständig zu sein. Ich finde es voll in Ordnung, lieber tiefzustapeln als plötzlich große Ziele auszugeben. Kaiserslautern, Freiburg, Hertha, Gladbach, Hoffenheim oder der HSV haben in den letzten Jahren Abstiege oder zumindest Relegationsspiele erlebt, mit einem gleichen beziehungsweise deutlich höheren Etat. Es gibt keine Garantie dafür, dass uns so etwas nicht auch passieren kann.

SPOX: Immerhin haben Sie gegen Wolfsburg zuletzt mal wieder zu Null gespielt. Von SPOX wurden Sie mit einer 2,5 benotet. Welche Bewertung hätten Sie sich denn selbst ausgestellt?

Bungert: Damit kann ich in jedem Fall leben. Wir haben zwar gut gespielt, durch die Rote Karte gegen Draxler ist ein Teil der Wolfsburger Offensivkraft jedoch weggefallen. Somit war auch die ganz große Belastung für unsere Abwehr nicht gegeben. Es ist aber unglaublich schwer, eine Bewertung in Zahlen auszudrücken. Das zeigt schon die Tatsache, dass man in der einen Zeitschrift mal eine 4,5 erhält und in der anderen für dasselbe Spiel eine 2,5. Das kann schon sehr amüsant sein, vor allem in unserer Comunio-Liga.

SPOX: Spielen Sie selbst auch?

Bungert: Natürlich. (lacht)

SPOX: Dann werden Sie sich sicherlich für Ihr eigenes Team verpflichtet haben.

Bungert: Nein, ich habe nicht genug geboten. (lacht) Leider hat mich ein anderer geangelt, sodass ich meine eigenen Punkte nicht beeinflussen kann, was aber vielleicht gar nicht so schlecht ist.

Seite 1: Bungert über Gehirntraining unter Tuchel und die Wichtigkeit von Emotionen

Seite 2: Bungert über Heidels Zukunft, gefährliche Erwartungen und Comunio-Noten

Niko Bungert im Steckbrief

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