Frankfurts neuer Überflieger

Von Jakob Kunz
Sebastian Rode (l.) und Kapitän Pirmin Schwegler sind maßgeblich am Erfolg der Eintracht beteiligt
© Getty

Sebastian Rode ist der Shootingstar der laufenden Saison. Die halbe Bundesliga hat das Mittelfeldjuwel von Eintracht Frankfurt auf dem Zettel. Bundestrainer Joachim Löw traut ihm sogar den Sprung in die Nationalmannschaft zu und hat sein Interesse bereits öffentlich bekundet.

Anzeige
Cookie-Einstellungen
Heribert Bruchhagen war nie ein Mann der großen Worte. Er galt stets als unaufgeregter und in seinen Entscheidungen sehr nüchterner Fußballfunktionär, der die Geschicke von Eintracht Frankfurt leitet. Kenner schätzen ihn als hochkompetent. Ein "Macher im Hintergrund", der sich noch nie bewusst in den Vordergrund gedrängt hat und großen Wert auf seinen Ruf als solider Manager legt.

Umso erstaunlicher, dass der sonst so bedachte und zurückhaltende Kaufmann nun unerwartet deutlich in die Offensive ging. Dieses Mal drehte es sich allerdings nicht um den Trainer, sondern um den neuen Shootingstar der Frankfurter Eintracht: Sebastian Rode.

Der beste Eintracht-Spieler der letzten zehn Jahre

"Er ist der beste Spieler, seitdem ich in Frankfurt arbeite, und das sind immerhin schon neuneinhalb Jahre", adelte Bruchhagen den defensiven Mittelfeldspieler vor kurzem in der "Welt am Sonntag". Eine Aussage, die aus dem Mund des SGE-Managers zumindest überraschend klingt.

Als sei das nicht genug des Lobes und der Wertschätzung, legte Bruchhagen unverzüglich nach und erklärte Rode selbst für ein Angebot über zehn Millionen Euro für unverkäuflich: "Ich habe Sebastian gesagt, dass er sich bloß nicht einbilden soll, irgendein Verein könne ihn aus seinem Vertrag herauskaufen. Bis 2014 spielt er auf jeden Fall bei uns, eine vorzeitige Freigabe wird es nicht geben."

"Seppl" ist der Leader

Ob Frankfurt diesen Standpunkt halten kann, ist aber mehr als fraglich. Dortmund, Bayern, Schalke und Gladbach. Die Liste der angeblichen Rode-Interessenten ist lang. Der 22-Jährige hat mit seinen jüngsten Auftritten Begehrlichkeiten geweckt und steht sinnbildlich für den guten Saisonstart der Eintracht. Im Verbund mit Kapitän Pirmin Schwegler bildet Rode die wichtigste Schaltzentrale im Frankfurter Mittelfeld.

"Seppl", wie er innerhalb der Mannschaft genannt wird, ist nicht etwa der Freund und Wegbegleiter der berühmten Handpuppe "Kasperle", sondern schlüpft zunehmend in die Rolle des Leaders seines Teams. Seine aggressive und spritzige Spielweise genießt sowohl bei SGE-Verantwortlichen als auch bei Fans und Experten allerhöchste Wertschätzung.

Großes Lob von Möller

Andreas Möller, der Rode noch aus seiner Zeit als Sportdirektor bei Offenbach kennt, bestätigt gegenüber SPOX: "Er ist ein sehr lauf- und zweikampfstarker Mittelfeldspieler, der auch technisch sehr begabt ist. Er antizipiert sehr gut und denkt immer einen Schritt voraus. Es gibt in der Bundesliga im Moment nicht viele Spieler seiner Leistungsstärke, die über diese Qualität verfügen, gerade im Mittelfeld eine solch tragende Rolle zu spielen."

Zudem ist sich der dynamische Mittelfeldmotor nicht zu schade, weite Wege zu gehen. Auch wenn sie oft umsonst sind. Diese Einstellung findet Anerkennung. Deshalb verwundert es kaum, dass selbst Bundestrainer Jogi Löw aufmerksam wurde und sein Interesse am U-21 Nationalspieler unlängst kundtat: "Rode gefällt uns sehr gut!"

Höhen und Tiefen in Offenbach

Auch wenn es noch keinen Kontakt gab: So gut wie im Moment lief es für Rode nicht immer. Nach verschiedenen Jugendstationen landete er 2005 bei den Offenbacher Kickers und trainierte bereits ab der Saison 2008/09 bei den Profis in der dritten Liga mit. Diese Zeit war für Rode gespickt mit Höhen und Tiefen. In seinem ersten Jahr brachte es der talentierte Spieler immerhin auf zwei Einwechslungen. In der darauffolgenden Spielrunde steigerte sich die Zahl der Einsätze. Nach einer gelungenen Vorbereitung überzeugte der Youngster mit starken Auftritten im Mittelfeld der Kickers und absolvierte insgesamt 15 Spiele.

Allerdings ließ auch der erste herbe Rückschlag nicht lange auf sich warten. Im Herbst 2009 erlitt Rode in einer Partie gegen die Amateure von Werder Bremen einen Kreuzbandriss und fiel über ein halbes Jahr aus. Für Rode begann eine lange Leidenszeit, in der er sein Ziel aber nie aus den Augen verlor: "Nach 7-monatiger Verletzungspause, in der ich hart für die Rückkehr gearbeitet habe, konnte ich mich am Ende der Saison auf Anhieb wieder in die erste Elf spielen", schreibt er auf seiner Homepage.

Hölzenbein holt Rode zur Eintracht

Doch nicht nur bei den Profis konnte Rode überzeugen. In seiner Zeit bei Offenbach reifte er zum Junioren-Nationalspieler und ist heute fester Bestandteil der U 21 unter Trainer Rainer Adrion. Der Sprung in die A-Mannschaft ist nach Einschätzung Möllers nur noch eine Frage der Zeit: "Er ist sehr ehrgeizig. In den nächsten eineinhalb Jahren wird Rode zum Kader gehören."

Zur Saison 2010/11 wechselte Rode schließlich von den Kickers ausgerechnet zum verhassten Rivalen Eintracht Frankfurt. Auf hartnäckiges Drängen des Chefscouts Bernd Hölzenbein überwies der von Rode nicht gänzlich überzeugte Bruchhagen mehr oder weniger widerwillig rund 300.000 Euro für den damals 19-Jährigen nach Offenbach.

Obwohl der Rohdiamant gegen Ende seiner ersten Eintracht-Vorbereitung aufgrund eines Knorpelschadens im Knie einen weiteren Nackenschlag zu verkraften hatte und abermals für vier Monate außer Gefecht gesetzt war, hat Bruchhagen diese Investition bis heute nie bereut. "Die Eintracht hat damals den besten Transfer der letzten Jahre getätigt", ist sich Möller sicher.

Vertragsverlängerung ungewiss

Ob der Sechser seinen 2014 auslaufenden Vertrag vorzeitig verlängern wird, steht derzeit noch in den Sternen. Rode strebt nach Größerem. Mit Mittelmaß will sich der Youngster keineswegs zufrieden geben. In einem Interview mit der "Sport-Bild" verwies er jüngst auf seine Ambitionen: "Für mich ist es wichtig, dass eine sportliche Zukunft in Frankfurt vorhanden ist. Ich verfolge meinen festen Karriereplan. Ab 2014 ist, Stand jetzt, alles offen. Eintracht möchte mit mir verlängern. Ich sehe aber keinerlei Zeitdruck und gehe das ruhig an."

Heißt: Rodes Zukunft bei der Eintracht hängt nicht nur vom Klassenerhalt sondern auch vom Erreichen des internationalen Geschäfts ab. Als Vorbild nennt er immer wieder Hannover 96, das es auch mit geringen Mitteln geschafft hat, sich dauerhaft in der Europa League zu etablieren. Dass sich die Verlängerung der Arbeitspapiere von Jung (ebenfalls Vertrag bis 2014) und Rode hinauszögert, stößt bei den SGE-Verantwortlichen auf Verständnis. "Dass beide den internationalen Fußball als ihr Ziel genannt haben, ist absolut nachvollziehbar", sagt Sportdirektor Bruno Hübner.

Der Verein steht vor einer Mammutaufgabe. "Eintracht wird sich strecken müssen, um dem Spieler diese sportliche Perspektive geben zu können", sagt Möller.

Eintracht muss Rode Entwicklung aufzeigen

Selbst Trainer Armin Veh hat seinen Verbleib an die Zukunft Rodes geknüpft: "Wenn mein Verein sich zu einem Verkauf von Rode oder Jung entschließen sollte, dann wäre das legitim. Nur würde ich diesen Weg nicht mitgehen", sagte Veh dem "Kicker" und setzt den Verantwortlichen damit die Pistole auf die Brust.

Der Coach ist sich aber auch sicher, dass es gelingen kann, das Mittelfeldtalent zum Bleiben zu bewegen: "Es ist ganz wichtig für den Verein, dass er Seppl aufzeigt, welche Perspektive er in den nächsten Jahren hat. Denn Seppl will diese Perspektive sehen, er will eine Entwicklung bei Eintracht sehen."

Schafft Frankfurt das nicht, läuft der Verein Gefahr, gleich zwei tragende Säulen zu verlieren. Am Samstag gastiert "Seppl" mit seiner Eintracht in der Münchner Allianz Arena (15.30 Uhr im LIVE-TICKER). Möglich, dass das Interesse der Bayern an Rode nach diesem Spiel konkreter wird und Boss Heribert Bruchhagen ein weiteres Machtwort sprechen muss.

Sebastian Rode im Steckbrief

Artikel und Videos zum Thema