Angst vor dem Stillstand der ewigen Uhr

Von Adrian Bohrdt
Dem Hamburger SV droht möglicherweise der erste Bundesliga-Abstieg
© Getty
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Hertha BSC (Platz 17, 27 Punkte, 31:54 Tore)

Brennpunkt: Während die Hertha zuhause große Schwierigkeiten hat (nur 12 Punkte, zuletzt drei Niederlagen in Folge bei 2:12 Toren), klappt es auswärts besser. Beim 0:0 in Gladbach am vergangenen Wochenende zeigte das Team von Otto Rehhagel, dass es in der 1. Liga mithalten kann - nur um drei Tage später zuhause gegen Freiburg wieder zu patzen.

Ein großes Problem stellt dabei die Verletzungsmisere in der Defensive dar. Mit Hubnik (Außenbandanriss), Franz (Kreuzbandriss), Mijatovic (Achillessehnenreizung), Lustenberger (Fußprellung), Janker (Leistenverletzung) und Neumann (Oberschenkelprellung) fehlen sechs Defensivkräfte im Abstiegskampf, was der ohnehin schon viertschwächsten Defensive der Liga im Saisonfinale Probleme bereiten wird.

Stimmen: Für die Hertha ist noch alles drin, bei Otto Rehhagel schrillen in Bezug auf die mentale Stärke seiner Mannschaft aber die Alarmglocken: "Es stimmt nicht im Kopf. Alle Spieler wissen, dass sie sich nicht den geringsten Fehler leisten dürfen. Wenn wir uns in Leverkusen wieder nach sieben Minuten ein Selbsttor reinlegen, wird es nicht besser. Dann werden wir wieder flattern."

Dabei prangerte er nicht nur die Mentalität, sondern auch die Körpersprache einiger Spieler an: "Ich habe festgestellt, dass die Jungs zu wenig aus sich herausgehen. Andreas Ottl ist ein feiner Fußballer. Aber diese Körpersprache...! Oder Raffael - ein sehr, sehr guter Spieler. Doch er redet fast nie. Selbst bei Kobi stimmt das Gesamtpaket nicht."

Seine Spieler gehen optimistischer in den Endspurt: "Ich hoffe, dass wir heute noch einmal mit einem blauen Auge davongekommen sind und das in den kommenden zweieinhalb Wochen korrigieren können.", sagte Christian Lell nach der 1:2-Niederlage gegen Freiburg. Andreas Ottl gibt sich, ganz wie von Rehhagel gewünscht, sogar leicht martialisch: "Noch ist alles drin. Die Schlacht ist noch nicht verloren."

Darauf liegt der Fokus im Endspurt: Offensiv durchschlagskräftiger werden. Zu häufig hatte die Hertha, die unter Rehhagel nur sieben Punkte aus acht Spielen holte, gute Chancen liegen lassen und so leichtfertig Punkte verschenkt, zuletzt zu sehen beim 1:4 gegen Wolfsburg und beim 0:0 in Gladbach.

Betrachtet man außerdem die schweren Auswärtsaufgaben in Leverkusen, wo noch um die Euro League gekämpft wird, und auf Schalke, das mit 37 Heimpunkten nur zwei Zähler hinter Bayern, der besten Heimmannschaft, liegt, dann wird klar: Hertha muss beide Heimspiele gewinnen um noch eine Chance zumindest auf den Relegationsplatz zu haben.

Gegen völlig harmlose und zu diesem Zeitpunkt eventuell schon abgestiegene Lauterer sollte das drin sein. Falls sich die Hertha am letzten Spieltag noch retten kann, wartet dann aber die TSG Hoffenheim, die plötzlich wieder Hoffnungen auf die Euro-League-Teilnahme haben kann - und das ausgerechnet mit Ex-Hertha-Trainer Markus Babbel.

Restprogramm: Leverkusen (A), Kaiserslautern (H), Schalke (A), Hoffenheim (H)

1.FC Kaiserslautern (Platz 18, 20 Punkte, 19:44 Tore)

Brennpunkt: 19 Spiele sind die Pfälzer mittlerweile ohne Sieg in der Bundesliga - ein katastrophaler Wert, der nur drei Mal unterboten wurde (Tasmania Berlin, Dynamo Dresden, Blau-Weiß 90 Berlin), alle drei stiegen am Ende als Letzter ab.

Den Lauterern half auch der Trainerwechsel von Marko Kurz zu Krassimir Balakow nichts, unter dem Bulgaren wurden alle vier Spiele verloren, unter anderem gegen die direkte Konkurrenz aus Freiburg 0:2) und Hamburg (0:1). Auch der einst legendäre Betzenberg hat seine Wirkung scheinbar verloren: Elf magere Punkte bedeuten den letzten Platz in der Heimtabelle.

Am kommenden Spieltag steht das Duell mit Nürnberg an, die mit einem Sieg fast durch wären. Verliert der FCK gegen den Club bei gleichzeitigem Punktgewinn der Kölner, wäre der Abstieg besiegelt.

Stimmen: Selbst Balakow, der zuletzt noch stets der optimistischste Mann am Betzenberg war, scheint so langsam die Hoffnung zu verlieren: "Wir müssen realistisch bleiben. Wir wissen, dass wir nah an der zweiten Liga sind und müssen uns darauf einstellen."

Auch die Spieler haben die Erkenntnis gewonnen, dass der Abstieg wohl nicht mehr zu verhindern ist, wie auch Torhüter Tobias Sippel nach dem 1:2 gegen Hoffenheim am vergangenen Wochenende bestätigte: "Man muss heute sagen, es reicht nicht für die Bundesliga." Stefan Kuntz übt sich im Angesicht des Abstieges auch in Selbstkritik: "Wir müssen uns eingestehen, dass die Personalentscheidungen nicht von dem gewünschten Erfolg waren. Ich hätte nach dem ersten Jahr Bundesliga einen Sportdirektor einstellen müssen."

Derweil laufen in der Pfalz bereits die Planungen für die kommende Saison. "Ich bin 30. Ich kann schon noch Bundesliga spielen", hofft beispielsweise Kapitän Christian Tiffert auf Angebote. Anders sieht die Lage bei Sippel aus: "Ich bin keiner, der davonläuft. Ich möchte als Führungsspieler auch bei einem Abstieg dabei bleiben."

Darauf liegt der Fokus im Endspurt: Der Glaube an ein Wunder ist in der Pfalz der Ernüchterung gewichen. 19 Tore nach 30 Spielen, sowie 19 sieglose Spiele in Folge reichen nicht für den Klassenerhalt.

Für Kaiserslautern, das immerhin von allen Abstiegskandidaten die beste Defensive stellt, geht es darum, die richtige Einstellung für die letzten Spiele zu finden, schließlich kämpfen alle kommenden Gegner noch um ihre Saisonziele.

Restprogramm: Nürnberg (H), Berlin (A), Dortmund (H), Hannover (A)

Die aktuelle Bundesliga-Tabelle

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