Diesmal hat's Grafite verbockt

Von Daniel Börlein
grafite, barzagli, wolfsburg
© Getty

Während Frankfurt weiter auf den ersten Sieg wartet und Wolfsburg die erste Pleite kassierte, präsentierte uns der Rest der Liga - ob Werder Bremen, 1899 Hoffenheim, Bayer Leverkusen oder Borussia Dortmund - Tore satt.

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Nach dem 6. Spieltag fielen in Partien der derzeitigen ersten sechs Teams der Tabelle bereits 141 Treffer, in der Vorjahressaison waren das zum gleichen Zeitpunkt erst 89.

Im Liga-Zapping gibt es dieses Mal allerdings neben jeder Menge Buden auch den brasilianischen Sündenbock, einen Heilsbringer mit Übergewicht, Brychs englische Linie und dreckigen Fußball.

Karlsruher SC - VfL Wolfsburg 2:1: Nun hat es also auch den VfL erwischt. Die Magath-Elf kassierte als letztes Team die erste Niederlage der Saison und hängt damit erstmal im Nirvana der Tabelle fest. Und wie es so ist bei einer Niederlage: irgendeinen gibt es immer, der das Ding verbockt hat.

In diesem Fall war es Wölfe-Stürmer Grafite. Der Brasilianer verballerte reihenweise Top-Chancen und holte sich dann noch eine selten dumme, zweite Gelbe ab, als er KSC-Keeper Markus Miller ungebremst und völlig von Sinnen über den Haufen rannte.

"Grafite hat einen Anteil, dass wir verloren haben", sagte Magath, mochte seinen Angreifer dann aber doch nicht zum alleinigen Sündenbock machen. Und schob schnell hinterher: "Aber auch nicht mehr als alle anderen."

Eintracht Frankfurt - Arminia Bielefeld 1:1: Es gibt Leute, die mag man und Leute, die mag man nicht. Manche Eintracht-Fans beispielsweise mögen ihren Trainer nicht und deshalb gibt's für Friedhelm Funkel in letzter Zeit abwechselnd Pfiffe oder "Funkel-raus"-Rufe. Applaus, da kann der Eintracht-Coach machen, was er will, bekommt er von diesen Leuten wohl nicht mehr.

Anders sieht das bei Mittelfeldspieler Caio aus, da kann er machen, was er will. Aus dem Winterurlaub kehrte Caio mit ordentlich Speck um die Hüften zurück und musste deshalb lange Sonderschichten schieben. Zuletzt verballerte er im DFB-Pokal gegen Hansa Rostock kurz vor Schluss einen Elfmeter, die Eintracht schied aus.

Von den Fans wurde Caio nach seiner Einwechslung gegen Bielefeld dennoch bejubelt und bei fast jedem Ballkontakt gefeiert. Schon komisch, wie man in Frankfurt zum Hoffnungsträger wird.

Borussia Dortmund - VfB Stuttgart 3:0: Mehr Biss, mehr Laufbereitschaft, mehr Chancen - der Sieg für den BVB war vollauf verdient, darüber gibt es nichts zu diskutieren. Für einige Diskussionen sorgte allerdings der zweite Treffer der Borussia durch Felipe Santana.

Obwohl dem Kopfballtor des Brasilianers ein klares Foulspiel im Fünfer gegen Stuttgarts Keeper Jens Lehmann vorausging, gab Schiedsrichter Dr. Felix Brych den Treffer und begründete dies hinterher wie folgt: "Ich bin ein Schiedsrichter, der mehr laufen lässt, um den Spielfluss nicht zu unterbrechen. Mehr die englische Linie also."

Nur komisch, dass sich ausgerechnet Lehmann, zuletzt bekanntlich fünf Jahre auf der Insel beschäftigt, besonders echauffierte. "Der Mann gibt sein Bestes, aber wenn ich mein Bestes gebe und es reicht nicht, dann bin ich irgendwann weg. Ich denke bei einem Schiedsrichter sollte es genau so sein", so Lehmann. "Es ist schade, dass man mit solchen Leuten konfrontiert wird."

Hannover 96 - Bayern München 1:0: Lange musste Breno auf sein Startelf-Debüt in der Bundesliga warten, genauer gesagt sehr lange, oder ganz genau gesagt: 260 Tage und 22 Spiele. In Hannover war es nun soweit, der Brasilianer durfte statt Lucio (stand nicht im Kader) in der Innenverteidigung ran und machte seine Sache ordentlich.

Am schwachen und nach vorne harmlosen Auftritt der Bayern konnte er freilich nichts ändern. Dennoch deutete Breno an, warum die Münchner im Winter 13 Millionen Euro für ihn zahlten. Gutes Stellungsspiel, guter Antritt und längst nicht mehr das Pummelchen, als das er noch vor Monaten verspottet wurde. Fazit: Den kann Klinsi öfter bringen.

Hamburger SV - Borussia Mönchengladbach 1:0: Wieder mal kräftig durchrotiert, wieder mal kein Erfolg. Sechs Neue brachte Gladbach-Coach Jos Luhukay gegen den HSV, und irgendwie wird man den Eindruck nicht los, dass der Niederländer schon recht verzweifelt um seinen Job kämpft.

Dumm nur, wenn die Neuen da nicht mitspielen. Denn die Leistung beim HSV war ähnlich schwach wie die der vergangen Wochen. Luhukay und Manager Christian Ziege waren mit dem Auftritt der Fohlen dennoch zufrieden und erkannten: "Wir sind im Oberhaus angekommen und können nicht immer nur auf Wolke 7 schweben." Aber muss es denn gleich die Hölle sein?

Hertha BSC Berlin - Energie Cottbus 0:1: Da ist es wieder, dieses Energie Cottbus. So wie man es kennt. So wie es vergangene Saison den Klassenerhalt schaffte. Und so wie es die Gegner fürchten. Dreckig und schmutzig. Heißt: Cottbus mauert, Cottbus fightet, Cottbus kontert exzellent. Bis ein Tor gelingt. Dann wird nur noch gemauert und gefightet.

Hertha macht das nun schon seit Ewigkeiten mit. Ein Mittel finden die Berliner dagegen offenbar nicht. Seit fünfeinhalb Jahren wartet der Hauptstadtklub bereits auf einen Erfolg im Ostderby, "nur" 13 Monate hingegen auf einen Treffer nach einer Ecke. Da keine der beiden Serien gegen Cottbus riss, steht die Hertha nun im Niemandsland der Tabelle. So wie man sie kennt.

Werder Bremen - TSG Hoffenheim 5:4: Fünf Tore auf der einen, vier Treffer auf der anderen Seite, dazu noch jede Menge hochkarätiger Chancen und tolle Tricks. Da gibt's nun wirklich mal überhaupt nichts zu meckern. Zumindest, wenn man neutraler Beobachter ist.

Auch als Werder-Fan konnte man sich am Offensivspektakel durchaus berauschen. Die Frage, ob mit einer derartigen Defensivleistung auf Dauer allerdings eine Chance auf einen Titel besteht, muss dennoch erlaubt sein.

Nicht titelreif war in jedem Fall Per Mertesackers Auftritt. Schon in Durchgang eins hätte der Nationalspieler vom Platz fliegen müssen. Dies holte er dann in der zweiten Halbzeit nach - und verlor schon vorher nahezu alle entscheidenden Zweikämpfe gegen Vedad Ibisevic.

Bochum - Leverkusen 2:3: 18 Tore nach sechs Spieltagen sind stark, noch stärker ist allerdings wie Bayer Leverkusen seine Treffer derzeit erzielt, ja teilweise zelebriert. Schneller, direkter One-touch-Fußball, so wie man ihn in den vergangen Jahren beispielsweise vom FC Arsenal kannte.

Dem Gegner bleiben da häufig nur unfaire Mittel. Und dieser bediente sich Bochums Anthar Yahia. Der Innenverteidiger trat Bayers Sascha Dum ganz böse um und sah dafür völlig zu Recht die Rote Karte. Yahia: "Ich wollte meinen Gegner auf keinen Fall verletzen. Grundsätzlich bin ich ein Spieler, der selten foult und wenige Karten bekommt." Stimmt schon. Das hilft bei solchen Fouls allerdings auch nichts.

1. FC Köln - Schalke 04 1:0: Mutig, was sich Christoph Daum gegen den Tabellenführer überlegt hatte. Erstmals ließ Kölns Coach im 4-3-3 stürmen und stellte dabei die Bundesliga-Neulinge Fabrice Ehret und Kevin Pezzoni in die Startelf. Und Daums Plan ging auf, Köln stürzte Schalke von der Tabellenspitze.

Die Königsblauen präsentierten sich ohnehin ganz und gar nicht wie eine Spitzenmannschaft. Hinten offenbarten Mladen Krstajic und Marcelo Bordon ungeahnte Schwächen, vorne enttäuschte Kevin Kuranyi einmal mehr, und nicht einmal Neu-Torjäger Heiko Westermann konnte Schalke noch retten.