Der Egoismus fordert sein erstes Opfer

Ferraris neuer Teamchef Maurizio Arrivabene (r.) ist mit Bernie Ecclestone per Du
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Die Formel-1-Saison 2014 ist gerade erst mit dem Großen Preis von Abu Dhabi zu Ende gegangen, da beginnt der Wettlauf um das schnellste Auto schon wieder von vorn. Die Cockpits sind fast alle vergeben, auf dem Yas Marina Circuit wird getestet, doch die wirklich wichtigen Vorgänge geschehen hinter verschlossenen Türen. Es droht der Kollaps der gesamten Rennserie.

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Seit Monaten tobt ein erbitterter Kampf, der am Montag sein erstes Opfer gefordert hat. Marco Mattiacci musste nach nicht mal acht Monaten seinen Posten als Teamchef der Scuderia Ferrari räumen. Sportliche Gründe waren dafür eindeutig nicht ausschlaggebend.

Schon zu Beginn der Amtszeit des Managers hatten die Italiener betont, dass es sich bei der Wiederauferstehung des springenden Pferds um eine langwierige Angelegenheit handeln würde. Schnellschüsse wurden nicht erwartet, stattdessen sollte Mattiacci im Hintergrund weichen stellen.

Teamintern hat der 43-jährige Römer das geschafft. Technisches Personal, das für nicht gut genug befunden wurde, ist mittlerweile abgebaut. Stattdessen wurde Ex-Lotus-Technikdirektor James Allison mit mehr Kompetenz versehen, neues Personal von der Konkurrenz verpflichtet, der nicht mehr vollends motivierte Fernando Alonso gegen Sebastian Vettel ausgetauscht.

Mattiacci noch am Anfang abgesägt

"Unser Ziel ist, sobald wie möglich eine sehr effektive Organisation zu kreieren, um ein konkurrenzfähiges Auto zu bauen", lautete noch am Sonntag Mattiaccis Marschroute für die Winterpause: "James Allison und seine Leute machen einen großartigen Job. Wir haben sehr hart gearbeitet und ich bin positiv gestimmt, aber noch einmal: Wir sind erst am Anfang."

Einen Tag später war seine kurze Amtszeit vorbei. Stattdessen wird nun der bisherige Marlboro-Manager Maurizio Arrivabene die Geschäfte übernehmen. Warum, hat "Autosport" erfahren. Demnach entschied Ferrari-Präsident Sergio Marchionne die Personalie im Alleingang - und mit Kalkül.

Der Einfluss Ferraris auf die Formel 1 soll wieder steigen. Mattiacci soll sich mit Bernie Ecclestone angelegt haben. Doch wer das tut, riskiert Stress: Der Abstieg von Williams unter Geschäftsführer Adam Parr von 2006 bis 2012 ist ein warnendes Beispiel.

Ferrari-Chef will Einfluss auf Formel 1 sichern

"Ich setze mich voll dafür ein sicherzustellen, dass Ferrari seine einflussreiche Position in der Steuerung der Formel 1 behält", soll Marchionne in einem internen Dossier den Personalwechsel zu Arrivabene begründet haben: "Er hat ein umfassendes Verständnis der Steuerungsmechanismen und der Anforderungen des Sports, des Wettbewerbsniveaus und der Herausforderungen auf der Strecke."

Besonders der erste Punkt der Aufzählung ist interessant. Als Marlboro-Mann pflegte Arrivabene engste Kontakte zu Ferrari und Ecclestone. Zudem war er jahrelang Mitglied der Formel-1-Kommision, redete mit, wenn es um die künftige Ausrichtung der Königsklasse ging. Er bringt Einfluss mit - Einfluss auf Ecclestone, Einfluss auf Regeländerungen.

Damit passt er perfekt in die Agenda der Scuderia. Seit Monaten setzte sich Mattiacci gemeinsam mit Red Bull für die Aufweichung der Regularien ein, um den eigenen Rückstand auf Mercedes im Bereich der Antriebseinheiten zu verringern. Aktuell fehlen Ferrari angeblich 60 PS auf die Silberpfeile, Red Bull spricht bei sich sogar von 80.

Entwicklungsbeschränkung der Motoren festgeschrieben

Zur kurzen Erklärung: In Anhang 2 des Technischen Reglements ist festgelegt, in welchem Umfang die Powerunits bis zum Jahr 2020 verändert werden dürfen. Bis zum 28. Februar 2015 dürfen nur acht Prozent der Bauteile nicht angefasst werden, doch es gibt ein großes Aber.

Von den 42 Bauteilen hat jedes eine Wertigkeit von eins bis drei zugeordnet bekommen - die sogenannten Token. 2015 darf die Summe der Token insgesamt die Zahl 32 nicht übersteigen. Somit können die Ingenieure nur maximal 48 Prozent der 66 Bauteile wirklich bearbeiten. In den Folgejahren wird diese Zahl schrittweise geringer, ab dem Winter 2018/2019 sind nur noch fünf Prozent änderbar. Renault und Ferrari ist das nach der Analyse ihrer Konstruktionsfehler nicht genug...

Seite 1: Warum Marco Mattiacci wirklich gehen musste

Seite 2: Der existenzbedrohende Kampf: Motorenrüsten gegen Kostensparen