Domenicali: "Sollten Siegkandidaten sein"

Von Alexander Maack
Umgekehrte Reihenfolge: Um Sebastian Vettel zu überholen, setzt Fernando Alonso auf Chaos
© xpb

Die Vorzeichen vor dem Start zum Rennen in Sao Paulo (16.45 Uhr im LIVE TICKER) sind eigentlich eindeutig: Sebastian Vettel hat genug Vorsprung auf Fernando Alonso und startet vor ihm. Dennoch gibt der Ferrari-Pilot nicht auf. Er hofft auf ein Chaos-Rennen. Die Meteorologen streiten sich aber noch, wie viel Regen überhaupt fällt.

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13 Punkte trennen Alonso in der WM-Wertung aktuell vom Heppenheimer. Ein Grund aufzustecken? Nicht für Alonso. "Meiner Meinung nach habe ich ein gutes Qualifying gezeigt", sagt der Spanier: "So wie die letzten paar Rennen verlaufen sind, sind meine Chancen aufs Podium immer noch intakt. Das wird mein Ziel sein, denn ich weiß, dass wir zumindest unter normalen Umständen nicht die Chance haben, um den Sieg zu kämpfen."

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Die normalen Umstände werden in Interlagos jedoch kaum zum Tragen kommen. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt aktuell bei 80 Prozent. "Natürlich hoffe ich auf ein chaotisches Rennen", so Alonso: "Der Regen könnte einen wichtigen Faktor darstellen, selbst wenn es im Nassen für alle riskanter ist."

Regenmeister 2012: Fernando Alonso

Doch in dieser Saison scheint Alonso genau zu wissen, wie er mit dem zusätzlichen Risiko umgehen muss. Beim durch den Regen durcheinander gewirbelten Rennen in Malaysia arbeitete er sich von Startplatz acht zum Sieg nach vorn. Bei den Qualifyings in Silverstone und Hockenheim, als die Nässe ebenfalls entscheidend war, stand er auf der Pole Position.

Dass die aus Argentinien anrückende Schlechtwetterfront Sao Paulo verschont, ist unwahrscheinlich. "Wettertechnisch kann alles passieren", sagt auch Vettel. "Wir müssen schauen, dass unsere Augen offen sind und wir dementsprechend reagieren."

Der Deutsche wird kaum versuchen, seinen Konkurrenten zu blockieren und taktisch zu fahren, wie es Ferrari mit Alonso beim WM-Finale 2010 in Abu Dhabi erfolglos probierte. Red Bull hat aus dem Fehler der Scuderia die richtigen Lehren gezogen.

"Eines muss man sich vor Augen führen: Wir kommen nicht hierhin, um Zweiter oder Vierter zu werden", so Vettel: "Wir möchten ganz vorne fahren. Das ist auch für morgen unser Ziel, egal ob man von Platz vier oder drei startet. Es stehen immer welche um einen herum. Man steht nie alleine in der Startaufstellung. Das wäre auch langweilig."

Domenicali: "Sollten Sieganwärter sein"

Ferrari dagegen will das Glück erzwingen. "Wenn man die Unsicherheit in Bezug auf das Wetter dazu nimmt, dann sollten wir Sieganwärter sein", erklärt Teamchef Stefano Domenicali forsch.

Doch noch immer sind sich die Wetterdienste uneinig, wie stark der Niederschlag überhaupt ausfallen wird. Die eine Seite spricht von leichtem Regen, andere sagen vier bis acht Liter Niederschlag pro Quadratmeter voraus. Die Wahrscheinlichkeit liege bei 99 Prozent.

Webber will nicht für Vettel fahren

Im Titelkampf hat Vettel mit Mark Webber einen entscheidenden Vorteil auf seiner Seite. Der Australier könnte Alonso wichtige Punkte abnehmen. Allerdings will er sich dafür nicht hundertprozentig in den Dienst des deutschen Doppelweltmeisters stellen.

"Ich werde mich morgen auf mich selbst konzentrieren", erteilte Webber Überlegungen, Vettel schon am Start passieren zu lassen, eine Abfuhr: "Ich will ein möglichst gutes Rennen bieten. Wir wissen, dass es morgen womöglich schwierige Bedingungen geben wird. Es wird ein langer Grand Prix, in dem ich mich auf die Arbeit in meinem Cockpit konzentriere. Ich will mein Auto so schnell wie möglich ins Ziel bringen."

Setzt Niederschlag ein, kommt es auf die Boxenteams an. Allerdings fehlen aktuell noch sämtliche Erfahrungswerte, weil die Piloten bis auf Nico Hülkenberg ausnahmslos auf Trockenreifen unterwegs waren. Wann im Rennen der optimale Zeitpunkt gekommen ist, um auf Intermediates oder gar richtige Regenreifen zu wechseln? Ein Ratespiel. "Vielleicht fahren wir auch mit allen drei Reifentypen. Mit den Regenreifen, den Intermediates und den Slicks", orakelt Webber.

Was die Pace der einzelnen Piloten im Rennen angeht, ist das gesamte Feld aktuell noch ratlos. "Gestern haben wir uns auf einem Longrun als konkurrenzfähig erwiesen", sagt Ferraris Technikdirektor Pat Fry: "Aber die Bedingungen werden völlig anders sein. Es ist aus diesem Grund unmöglich, Vorhersagen zu treffen."

Ratespiel auch bei Trockenheit

Selbst für den Fall, dass der Regen ausbleibt, sind die Voraussetzungen unterschiedlich. Da es in der Nacht regnet, werden die Temperaturen viel niedriger sein. Die Reifen werden somit kaum überhitzen, wie noch am Freitag.

"Wir gehen davon aus, dass der Zeitunterschied zwischen der harten und der mittelharten Mischung hier etwa eine Sekunde pro Runde beträgt", erklärt Pirelli-Motorsportdirektor Paul Hembery: "Aber zum jetzigen Zeitpunkt weiß niemand, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Teams die beiden Mischungen morgen einsetzen können."

Auf dreckige Tricks verzichtet Ferrari vor dem Rennen jedenfalls. Einen erneuten Bruch des Siegels am Getriebe will Felipe Massa bei seinem Heim-GP nicht. "Das werde ich nicht zulassen! Selbst wenn es kaputt ginge, würde ich eher mit einem kaputten Getriebe fahren als es wechseln zu lassen", erklärte der Brasilianer mit einem Lachen.

Wettrennen McLaren vs. Ferrari

Eine Strafversetzung könnte sich Ferrari auch kaum leisten. Die Scuderia muss Platz zwei in der Konstrukteurs-Wertung noch gegen McLaren verteidigen. Der Vorsprung liegt aktuell bei zwölf Punkten, wobei Lewis Hamilton und Jenson Button die erste Reihe blockieren und schon am ganzen Wochenende die Bestzeiten fuhren.

"Wenn man aus der ersten Reihe startet, kann man auf sich achten. Vorne gibt es nicht so viel Gischt", erklärt Teamchef Martin Whitmarsh den Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Zudem befürchtet er ebenfalls Turbulenzen im Mittelfeld: "Hoffentlich können wir uns aus dem Chaos raushalten."

Sollte das Rennen ganz skurril laufen, ist es sogar möglich, dass Vettel mit nur einem halben Punkt Vorsprung Weltmeister wird. Dafür müsste das Rennen abgebrochen werden, bevor 54 Runden absolviert sind, Alonso in Führung liegen und er selbst ausgefallen sein. Der Grund: Bricht die Rennleitung das Rennen ab, bevor 75 Prozent der Distanz absolviert sind, wird lediglich die Hälfte der Punkte vergeben. Doch dass dieser Fall eintritt, ist mehr als unwahrscheinlich.

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