Fernando Alonso: "Ich würde nichts ändern"

Von Alexander Maack
Fernando Alonso blieb vor dem Start cool. Michael Schumacher und Sebastian Vettel amüsierten sich
© spox

Neben dem packenden WM-Finale zwischen Sebastian Vettel und Fernando Alonso wurden beim Brasilien-GP weitere Geschichten geschrieben. Nico Hülkenberg führte erstmals das Feld an und Lewis Hamilton verabschiedete sich vom McLaren-Team, dessen neuer Leader mit Schnaps überwintert. Ferrari ist zwar stolz, hadert aber immer noch mit den Unfällen in Spa und Suzuka.

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In der 56. von 71 Runden des Brasilien-GPs war es plötzlich soweit: Alonso war Weltmeister. Zumindest rechnerisch. Vettel hatte zum zweiten Mal binnen weniger Runden seine Box angesteuert, um sich neue Reifen zu holen und war damit nur noch Zehnter. Derweil lag sein einziger verbliebener Konkurrent um den WM-Titel auf dem dritten Rang.

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Wäre das Rennen zu diesem Zeitpunkt abgebrochen worden, hätte sich der Spanier seinen dritten WM-Titel gesichert. "Einmal mehr haben wir heute makellose Arbeit geleistet, sind auf dem Podium ins Ziel gekommen, nachdem wir aus der vierten Reihe starteten", rekapitulierte Alonso nach dem Rennen: "Wir haben erneut ein kleines Wunder am Sonntag produziert."

Massa: "Ich habe das Richtige getan"

Ferrari kämpfte bis zum Schluss um die Weltmeisterschaft für Alonso, der in dieser Saison fast so fehlerlos fuhr wie ein asturisches Uhrwerk. Man muss sich nicht nur vor Vettel verbeugen, wie die italienische "Gazetta dello Sport" schrieb, sondern auch vor dem Spanier.

Felipe Massa bewies zudem abermals, die perfekte Nummer zwei im Team zu sein und blockte für seinen Chef die schnelleren Verfolger ab. Er drängte später auch Vettels Teamkollegen Mark Webber so geschickt vor dem Senna-S nach außen, dass Alonso auf der Innenbahn an beiden vorbeischlüpfte. Doch die Formel ist auch ein Teamsport. Es geht nicht nur um Einzelschicksale.

So hatte sich nach dem Rennen keiner der beiden Fahrer einen Fehler vorzuwerfen. "Wer weiß, vielleicht wäre ich heute sogar in der Lage gewesen zu siegen", erklärte Massa, der als Dritter auf dem Podium in Tränen ausbrach: "Das Team informierte mich ständig über die Situation auf der Strecke, und was im Kampf um die Meisterschaft nützlich sein könnte. Ich denke, dass ich das Richtige getan habe."

"Auch wenn wir diese 20 Rennen wiederholen müssten, würde ich nichts ändern", erklärte Alonso: "Es gab keine mechanischen Probleme, null Probleme bei den Boxenstopps, null strategische Fehler. Wir haben die WM nicht hier in Brasilien verloren, sondern in anderen Rennen, die unglücklich verlaufen sind""

Ferraris Schwäche kostet den Titel

Die beiden einzigen Ausfälle in der Saison 2012 sollen laut einhelliger Meinung im Ferrari-Team der Grund für die verpasste WM sein. Im Gegensatz zu Vettel, dessen Red Bull zwei Mal mit Lichtmaschinendefekt stehen blieb, verhinderte die Scuderia technische Ausfälle. Nur die Kollisionen mit Romain Grosjean in Belgien und der Kontakt mit Kimi Räikkönen in Japan, bei dem sich Alonso den Reifen aufschlitzte, trennten die italienisch-spanische Gemeinschaft am Ende vom Titel.

"Ich möchte einfach hervorheben, dass Fernando effektiv lediglich an 18 der 20 Rennen teilgenommen hat. Die paar 100 Meter, die er in Spa und Suzuka zurückgelegt hat, lasten wie ein schwerer Stein auf dem heutigen Ausgang", betonte Teamchef Stefano Domenicali: "Den Fahrertitel zwei Mal in den letzten drei Jahren so knapp zu verlieren, tut weh. Das tut richtig weh, das kann ich Ihnen versichern."

Dabei muss sich die Scuderia teilweise auch in die eigene Nase fassen. Mit der Zuverlässigkeit des F2012 ging eine eklatante Schwäche im Qualifying einher. Im Schnitt startete Alonso in dieser Saison von Position sechs und hatte im Mittelfeldgetümmel nach dem Start ein deutlich höhreres Unfallrisiko als Vettel, der selbst mit dem 24. Startplatz nach der Tankpanne von Abu Dhabi im Mittel vom fünften Platz ins Rennen ging. Ohne die Strafe läge der Wert sogar bei vier.

"Natürlich bedauern wir es, dass wir nicht in der Lage waren, ihm das schnellste Auto im Feld zur Verfügung zu stellen", sagte Ferraris Technikdirektor Pat Fry: "Wir versuchen, aus den Fehlern zu lernen, die wir in diesem Jahr gemacht haben."

Optimismus in Maranello

Immerhin gibt es Grund zum Optimismus. Der hauseigene Windkanal, der Ferrari in diesem Jahr immer wieder ungenaue Daten ausspuckte, wird bald neu eingestellt sein. Ausreden gibt es beim Saisonstart in Melbourne am dritten Märzwochenende 2013 nicht mehr.

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo erhöht schon jetzt den Druck, dreieinhalb Monate vor dem ersten Rennen: "Vom Start weg müssen wir ein Auto haben, das auf dem höchsten Niveau konkurrenzfähig ist."

Auch Alonso äußerte vor seinem Winterurlaub einen einzigen Wunsch. "Worum ich das Team für 2013 bitten möchte? Das ist einfach: Ein schnelleres Auto", so der Doppelweltmeister, der dennoch klarstellte: "Ich bin glücklich und stolz - und nun ist es Zeit einen Caipirinha zu trinken!"

Buttons Schnaps-Grand-Prix

Schnaps dürfte es auch bei McLaren gegeben haben. Jenson Button sammelte erhöhte sein Karriere-Punktekonto durch den Sieg aus ingesamt 999 WM-Punkte. Dennoch war er nicht vollends glücklich. Denn die Scuderia verteidigte mit den beiden Podestplätzen den zweiten Platz in der Konstrukteurs-WM gegen die wieder erstarkten Briten.

"Es wäre toll gewesen, hier nochmal zwei Autos unter die Top 3 zu bringen", so Button, der sich von seinem Teamkollegen der letzten drei Jahre verabschiedete: "Lewis ist ein extrem intelligenter und schneller Fahrer. So einen willst du als Teamkollegen. Der bringt dich an deine Grenzen. Auf der Strecke haben wir gezeigt, dass wir gemeinsam ans Limit gehen, aber nicht darüber hinaus. Diese Zweikämpfe habe ich genossen und ich werde sie vermissen."

Standing Ovations für Hamilton

Auch das Team bedankte sich beim Weltmeister von 2008, der künftig für Mercedes starten wird. Als Hamilton nach der unglücklichen Karambolage mit Nico Hülkenberg sein Auto abstellen musste und zu Fuß den Rückweg in die Box absolvierte hatte, empfingen ihn seine Mechaniker mit Standing Ovations.

Dabei war der Brite zu diesem Zeitpunkt noch immer sauer auf den Deutschen. "Er hat durch einen Fehler mein Rennen ruiniert und dann hat der Kerl sich nicht einmal entschuldigt. Das sagt schon viel. Er weiß offenbar gar nicht, dass er einen Fehler gemacht hat. Er hat ein schnelles Auto, wir brauchen nur mehr konstante Fahrer da draußen", kritisierte Hamilton in einer ersten Stellungnahme.

Später legte sich die Aufregung, als der Force-India-Pilot im McLaren-Motorhome vorbeischaute und das Gespräch mit Hamilton suchte. "Er kam nach dem Rennen vorbei, um mich zu sehen, was nett war", so Hamilton in der finalen Pressemitteilung seines Rennstalls.

Erste Führungsrunden für Hulk

Für den Deutschen stand sowieso fest, dass ihn keine Schuld traf. "Wenn man sich den Unfall so anschaut, dann passiert das im Rennsport eben mal. Wenn er etwas weiter außen bleibt und ich mein Heck nicht verliere, dann ist alles in Ordnung. Dann wäre es ein ganz sauberes Manöver gewesen", sagte Hülkenberg, der anschließend zur Strafe die Box durchfahren musste.

Für den 25-Jährigen entwickelt sich der Kurs in Sao Paulo mittlerweile zur Lieblingsstrecke. 2010 startete er im Williams nach einem Regen-Qualifying von der Pole Position, in diesem Jahr führte er das Feld erstmals an. 30 Runden und 129 Kilometer war Hülkenberg bei seinem Abschiedsrennen vor dem Wechsel zu Sauber Erster.

"Natürlich hat man den Sieg im Kopf. Wenn man in Führung liegt, dann hat man eine Chance", erklärte der Emmericher, der sogar auf Gottes Hilfe baute: "Ich habe in der Phase immer gebetet, dass es keinen weiteren Regen gibt und auch bitte kein Safety-Car. Beides kam aber. Beides hat uns nicht gerade geholfen."

Force India kritisiert Rennleitung: "Safety-Car aus Showgründen"

Durch die erste Safety-Car-Phase rückte das Feld wieder zusammen. Der 15-sekündige Vorsprung auf Button, den sich der Deutsche zuvor erfahren hatte, war verloren. Für das indische Team ein Eklat. "Ich möchte mal die Frage stellen, ob das Safety-Car wirklich sein musste", äußerte sich Vize-Teamchef Rob Fernley: "Klar, da waren Trümmerteile auf der Strecke, aber die hätte man auch mit doppelt geschwenkten Flaggen einsammeln können. Sind wir hier bei der NSACAR oder bei der Formel 1?"

Fernley konnte seine Aufregung nicht zurückhalten und polterte weiter gegen die Rennkommissare: "Ich glaube, das Safety-Car kam eher aus Showgründen als aus Gründen der Sicherheit." Statt seine Führung zu verteidigen, leistete sich Hülkenberg nach dem Restart einen kleinen Fehler und musste Hamilton vorbeilassen.

Auch die Durchfahrtsstrafe nach der Kollision war für das indische Team nicht nachzuvollziehen. "Ich bin nicht ganz einverstanden. Die Strafe war zu hart", sagte Fernley. "Der Caterham hat trotz blauer Flaggen nicht richtig Platz gemacht und Lewis damit in Bedrängnis gebracht. Dadurch ergab sich erst die Möglichkeit für Nico, innen hineinzustechen. Natürlich habe ich die Teambrille auf, aber ich fand die Strafe sehr hart."

Hülkenberg konnte die Strafe dagegen halbwegs nachvollziehen. Auch sonst gewann er dem Grand Prix viel positives ab: "Heute hätte ich fast Geschichte geschrieben. Von so einem Rennen nehme ich viel mit. Ich habe viel gelernt, was mir in Zukunft sehr helfen wird: meine ersten Führungskilometer, mein Kampf mit den Top-Fahrern. Ich bin stolz auf unsere Darbietung. Der Unfall mit Lewis bleibt als Makel, es war nicht perfekt, aber ich bin dennoch zufrieden."

Der Endstand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM 2012

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