FIA sucht unabhängigen Hersteller

Die FIA hat Ferrari öffentlich den Schwarzen Peter für die Krise der Formel 1 zugespielt
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Die FIA hat Ferrari öffentlich für die gescheiterten Versuche zur Kostenreduktion in der Formel 1 verantwortlich gemacht. Nun zog der Automobilweltverband Konsequenzen und plant die Einführung eines neuen Motors von einem unabhängigen Hersteller.

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Die FIA führte in einer Pressemitteilung am Montag an, drei verschiedene Modelle zur Kostenreduktion in der Formel 1 geprüft zu haben: eine allgemeine Kostenbegrenzung, eine Reduktion der Kosten durch technisches und sportliches Reglement, sowie eine Standardisierung von Teilen der Autos.

"Die FIA schlug in Absprache mit FOM (Formel-1-Management, d. Red.) beim letzten Meeting der Strategiegruppe vor, prinzipiell einen Maximalpreis für Motoren und Getriebe für Kundenteams festzusetzen", lautete die Erklärung des letzten verzweifelten Versuchs, Einigkeit zur Kostenreduzierung herzustellen.

"Die Maßnahmen wurden zur Abstimmung gestellt und mit großer Mehrheit angenommen", führte der Weltverband aus: "Allerdings beschloss Ferrari SpA, dagegen vorzugehen und das Vetorecht auszuüben, das die F1 ihr vor langer Zeit zuerkannt hatte."

Dieses Vetorecht hatte Bernie Ecclestone dem Rennstall aus Maranello zugebilligt, weil die Italiener sich seit Beginn der Formel-1-WM der Rennserie verpflichtet hatten. Als einziger Hersteller nahmen sie ununterbrochen an der Weltmeisterschaft teil.

FIA missfällt Ferrari-Politik

Dass Ferrari mit einem Jahresbudget von rund 400 Millionen Euro das Vetorecht allerdings nutzte, um Regeländerungen zugunsten der ums Überleben kämpfenden Rennställe zu verhindern, und gleichzeitig Red Bull eine Motorenlieferung versagte, um den eigenen Vorteil zu sichern, missfiel der FIA offenbar sehr. So sehr, dass sie nun die öffentliche Konfrontation mit Sebastian Vettels Rennstall sucht. Ein rechtliches Vorgehen schloss sie "im Sinne der Meisterschaft" aus.

"Deshalb wird die FIA eine Konsultation aller Interessengruppen betreffend der möglichen Einführung eines Kundenmotors initiieren, der ab der Saison 2017 verfügbar sein wird", teilte der Weltverband mit: "Nach dieser Anhörung könnte eine Ausschreibung dieses Kundenmotors, dessen Kosten viel niedriger als die aktuellen Power Unit wäre, stattfinden."

Die angesprochenen Interessengruppen sind Teams und Motorenhersteller. Aktuell verlangen Ferrari, Mercedes und Renault von ihren Kundenteams horrende Honorare. Motoren der Italiener kosten pro Jahr rund 20 Millionen Euro, sind für die Teilnahme gleichzeitig unabdingbar.

Formel-1-Finanzierung bedroht

Durch die Einführung einer kostengünstigen Antriebsalternative käme die Refinanzierung von Ferraris Formel-1-Engagement in arge Bedrängnis. FIAT-Boss Sergio Machionne will den Sportwagenhersteller an die Börse bringen und braucht dafür ein positives Geschäftsergebnis.

Die Idee eines Kundenmotors ist allerdings nicht neu. Mit Cosworth-Saugmotoren fuhren verschiedene Teams zwischen 1967 und 1983 insgesamt 155 Siege ein. Ursprünglich für Lotus entwickelt, fanden sich schnell weitere Abnehmer für die Aggregate. Offiziell unter dem Namen Ford gebrandet, gewann Michael Schumacher 1994 mit einem Cosworth-Motor seine erste Formel-1-WM. Die kostspielige Entwicklung der V6-Turbo-Hybrid-Aggregate zur Saison 2014 konnte das Unternehmen allerdings nicht refinanzieren.

Welche Varianten bietet der FIA-Vorschlag?

Aktuell ist noch unklar, in welche Richtung sich der FIA-Vorschlag wirklich entwickeln soll. Einerseits könnte der Weltverband Druck ausüben, um Ferraris Vetos bei weiteren Vorschlägen zur Kostenreduktion zu verhindern. Andererseits könnten die Hersteller als Reaktion die Preise für die Belieferung ihrer Kundenteams heruntersetzen.

Die dritte Variante ist, dass es wirklich zur Ausschreibung einer Motorenentwicklung kommt. Dann sind zwei Variablen denkbar: Entweder ein unabhängiger Hersteller entwickelt eine der komplexen Powerunits, die kaum preiswerter wäre als die der bisherigen Hersteller. Oder es werden auch alternative Motorenkonzepte akzeptiert.

Bereits in den 1980er fuhren in der Formel 1 Saug- und Turbomotoren in einem Feld. Durch ein Balancing-of-Power-System, das über maximalen Benzinverbrauch gestaltet werden könnte, wäre es für den Weltverband FIA zudem möglich, Verbrennungsmotoren mit den Technikwunderwerken von Ferrari und Mercedes auf ein Niveau zu hieven.

"Unterstützt von FOM, wird die FIA ihre Bemühungen weiterführen, die langfristige Entwicklung der Meisterschaft zu stützen, und Lösungen suchen, um dies zu erreichen", schloss der Weltverband sein Statement kryptisch: "Sie bittet alle Teams, mittels Vorschlägen und Initiativen einen wertvollen Beitrag zum Erfolg dieser Herangehensweise im Sinne der Meisterschaft und ihres Fortbestehens über lange Zeit zu leisten."

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