Kölliker: "In die Hallen durften keine Schwarzen"

Von Interview: Florian Regelmann
Der Schweizer Jakob Kölliker hat beim DEB die Nachfolge von Uwe Krupp angetreten
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SPOX: Sie waren in der Folge nicht nur lange der Assistent von Ralph Krueger bei der Schweizer Nationalmannschaft, Sie waren vor allem auch als Head Coach für die Junioren verantwortlich. Junioren-Weltmeisterschaften sind traditionell besondere Highlights.

Kölliker: Junioren-WM-Turniere sind wirklich etwas ganz Besonderes. Wenn ich nur an die Jahrgänge 1985, 1986 und 1987 denke - die Kanadier mit Crosby, Phaneuf, Bergeron, die Russen auf der Gegenseite mit Owetschkin und Malkin. Das war sensationelles Eishockey. Diese zwei Nationen haben sich ja auch jahrelang um den Titel gestritten, dann kamen noch die USA dazu, mit Kessel und Co. - es war beeindruckend, gegen diese Jungs zu coachen. Wir sind mit Schnaps und Arbeit, wie man in der Schweiz sagt, immer oben geblieben und durften viele aufregende Turniere miterleben. Die Junioren-Turniere sind für jeden Spieler und auch für jeden Trainer absolute Höhepunkte.

SPOX: Sie haben es angesprochen: Die Schweiz ist bei den Junioren immer in der A-Gruppe vertreten, Deutschland muss in diesem Jahr wieder eine Klasse drunter ran. Wie sehen Sie die deutsche Nachwuchsarbeit?

Kölliker: Deutschland hat immer gut gearbeitet und gute Nachwuchsspieler herausgebracht. Man muss sich nur anschauen, wie viele Deutsche in der NHL und AHL spielen. Da hat Deutschland fast noch mehr als die Schweiz. Wir Schweizer haben erst in den vergangenen Jahren aufgeholt, vorher hatten wir lange nur einen Feldspieler und zwei Torhüter. Gerade in den Jahrgängen 1984 bis 1990 hat Deutschland gute Jungs, von denen auch einige hier beim Deutschland Cup sind. Sicher kann man noch das eine oder andere verbessern, aber da sind wir dran. Wir sind dabei, Programme auszuarbeiten, dass es beispielsweise einige Maßnahmen mehr für den Nachwuchs gibt. Diese Projekte kommen auf den Tisch und wir hoffen, dass wir einiges davon umsetzen können.

SPOX: Sie können die Schweizer Liga und die DEL am besten vergleichen. Wie fällt Ihr Urteil aus?

Kölliker: In der Schweiz ist sicher mehr Geld vorhanden bei den Klubs, sodass die besten Ausländer in die Schweiz oder in die KHL gehen, so ist im Moment eben das Gesetz. Es ist auch so, dass in der Schweiz eine Spur technischer, schneller und verspielter gespielt wird als in Deutschland. Dafür ist die physische Komponente in der DEL deutlich präsenter. Ich bin sehr angetan vom Rhythmus und vom Spielniveau insgesamt. Ich muss sogar sagen, dass es für mich schöner ist, Spiele in der DEL zu beobachten als in der Schweiz. Das Spiel ist hier irgendwie internationaler. Und wir haben ja gesehen, dass Deutschland die Schweiz besiegen kann.

SPOX: Bevor Sie den Job bekommen haben, war Ralph Krueger eigentlich so etwas wie der Wunschkandidat, er ist aber im Coaching Staff der Edmonton Oilers geblieben. Fühlen Sie sich als Bundestrainer schon voll akzeptiert?

Kölliker: Durchaus. Ich habe sehr gute Bedingungen vorgefunden. Die Zusammenarbeit mit den Vereinen ist sehr gut, ich habe die totale Unterstützung im Verband - es passt alles. Ich fühle mich voll akzeptiert. Jetzt geht es aber darum, auch Resultate zu bringen, denn das ist am Ende immer das Zeugnis für jeden Trainer. Mit Ralph habe ich übrigens per Telefon oder E-Mail weiter sehr viel Kontakt, wir erzählen uns regelmäßig, was bei uns gerade so alles passiert.

SPOX: Wie würden Sie Ihre Eishockey-Philosophie beschreiben?

Kölliker: Ich denke, dass ich mich da nicht großartig von anderen Trainern unterscheide. Alles steht und fällt mit der Verteidigung, das wissen wir inzwischen. Darüber hinaus setze ich auch auf eine gewisse Kreativität im Offensivbereich. Jeder Spieler hat seine individuellen Stärken, die soll er ausspielen. Ich bin sehr rollenbezogen. Das heißt, dass bei mir alle Leute ihre Rollen haben und auch zum Einsatz kommen. Das ist meiner Meinung nach in der Nationalmannschaft sehr wichtig, um die Belastung zu verteilen. In den Klubs ist es ja ein bisschen anders, da haben die Top-Ausländer häufig Doppelrollen. Außerdem bin ich sehr auf Details getrimmt. Rollenbezogen und viel Detailarbeit - so würde ich meine Philosophie kennzeichnen.

SPOX: Uwe Krupp hat mit dem vierten Platz bei der sensationellen Heim-WM und der Viertelfinale-Teilnahme in diesem Jahr einen optimalen Abgang gehabt, mehr als das Viertelfinale ist für Deutschland im Normalfall nicht drin. Die Schweiz hat vielleicht die besseren Perspektiven, was reizt Sie dennoch an der Aufgabe beim DEB?

Kölliker: Mit der neuen Gruppeneinteilung (ab 2012 zwei Achtergruppen, Anm. d. Red.) wird es vielleicht ein bisschen schwieriger, sich für das Viertelfinale zu qualifizieren. Aber eines ist auch klar: Ab dem Viertelfinale ist immer alles möglich. Klar, dafür braucht es einen Exploit, eine ganz besondere Leistung, aber Deutschland hat gezeigt, dass es Russland, die Slowakei oder die USA schlagen kann, nach vorne ist also alles möglich. Wir müssen aber auch genauso nach hinten schauen, denn die Konkurrenz hinter uns ist uns näher als wir der Konkurrenz vor uns sind. Wenn wir unsere aktuelle Position halten könnten, wäre das enorm wichtig.

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