Lena, wo bist du?!

SPOX
28. März 201311:44
Biathlon-Superstar Magdalena Neuner (m.) genießt ihr Leben im Ruhestandgetty
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Ganz Deutschland versinkt im Schneechaos, dabei weilen die Wintersportler bereits im wohl verdienten Urlaub. Für uns der passende Zeitpunkt, mit den Tops und Flops 2012/13 den Frühling einzuläuten.

+ Die Rekordjäger

Was haben Gregor Schlierenzauer und Tina Maze gemeinsam? Einiges! Sie sind zunächst die Besten ihrer Zunft: Kein Rekord scheint vor Österreichs Wunderadler sicher zu sein. Die Allzeit-Marke von Matti Nykänen hat der 23-Jährige schon pulverisiert: er hält jetzt bei 50 Weltcupsiegen. Da bleibt den wiedererstarkten DSV-Überfliegern nichts anderes, als sich zu verneigen.

Unterdessen trat Tina Maze erstmals aus dem Schatten heraus. Wie einst Hermann Maier hatte sie den Weltcup fest in ihrer Hand. Nein, sie war noch dominanter. Der Herminator knackte mal die 2000-Punkte-Marke. Für Maze ein leichtes Unterfangen. Elf Saisonsiege und 2414 Zähler, einfach unfassbar! SPOX

Eine weitere Gemeinsamkeit: Der Ehrgeiz. Schlierenzauer und Maze streben nach Perfektion. Als Zweiter fühlen sich beide als erster Verlierer. Sie ordnen alles dem Sport unter und haben dadurch nicht nur Freunde.

Die Grenze des guten Geschmacks wurde am Rande des Damen-Weltcups in Garmisch meilenweit überschritten. Maze erhielt Morddrohungen, stand unter ständigem Polizeischutz. "Ich habe mich noch nie so sicher gefühlt", erklärte die 29-Jährige. Sie lächelt die Sorgen einfach weg. Wir gratulieren!

- Jahr eins nach Lena

Von Bestmarken und Weltcupkugeln konnten unsere Biathlon-Asse nur träumen. Dafür mussten die Fans in Erinnerungen schwelgen. Gerne würden sie das Rad der Zeit drehen. Zurück zu glorreichen Tagen mit Lena Neuner. Doch die begnadete Seriensiegerin genießt ihren Ruhestand, Comeback ausgeschlossen!

Auch ohne Lena könnte sich die DSV-Bilanz so positiv lesen, wenn da nicht der verflixte Schießstand wäre. Miriam Gössner gehörte regelmäßig zu den Laufstärksten und gewann auch drei Weltcuprennen. Sie hätte deutlich mehr gewinnen können, wenn sie besser schießen könnte.

Das gesamte Aufgebot enttäuschte bei der WM in Nove Mesto. Andrea Henkels Silber-Medaille und Staffel-Bronze der Herren waren ein schwacher Trost. Lichtblicke gab es kaum, einer davon war Laura Dahlmeier. Das 19-jährige Teamküken lieferte Talentproben ab.

Ein Offenbarungseid war indes die Saison des starken Geschlechts. Arnd Peiffer etwa war ein Totalausfall. Die Ausnahme: Andreas Birnbacher. Dieser löste in Chanty-Masijsk mit einem kuriosen Fauxpas Gelächter aus: "Ich hatte fünf Treffer und dachte: Cool, null. Dann schaue ich vor: Scheiße." Er visierte die falschen Scheiben an. So gibt's auch an an der Schießbude beim Oktoberfest nichts zu holen.

+ Das ewig junge Duell

Österreich gegen Deutschland - im Fußball, vorsichtig formuliert, einseitig. Natürlich, liebe Nachbarn: Bis auf Cordoba 1978. DIE rot-weiß-rote Sternstunde. Dagegen brilliert die Wintersport-Nation auf den Pisten regelmäßig. Erstmals, nach Jahren deutscher Niederlagen, flammte bei den Herren wieder diese Rivalität auf.

Die Protgonisten: Marcel Hirscher (5 Slalomsiege, 4 Mal Zweiter) und Felix Neureuther (2 Slalomsiege, 4 Mal Zweiter). Sie hatten im Stangenwald den Durchblick. Ersterer fiel nicht einmal aus, sein schlechtestes Ergebnis war ein 3. (!) Platz. Zudem wiederholt er den Gesamtweltcup-Coup. In der Slalom-Wertung triumphierte er über Neureuther - ohne jegliche Schadenfreude.

Trotz all der engen Rennen verbindet beide eine Freundschaft, geprägt von hoher Wertschätzung. Keine große Sache für den Österreicher: "Ich persönlich fahre immer gegen die Zeit. Nicht gegen Felix oder Ted Ligety." Den Höhepunkt fand ihr Zweikampf bei der Weltmeisterschaft in Schladming, wo sich Hirscher den Titel schnappte. Elektrisierend!

"Das zu Hause zu schaffen, war schon bärenstark", zollt Silbermedaillengewinner Neureuther dem "Spielverderber" Respekt. Von Missgunst keine Spur. Beispielhaft, auch für die zickenden Damen. Doch dazu gleich mehr.

- Lindsey Vonn

Lindsey Vonn erlebte schon glücklichere Tage: Erst der Rosenkrieg mit Ehemann Thomas, dann stahl ihr Maze die Show. Für die eitle US-Amerikaner keine einfache Situation. Sie war es nicht gewohnt, das Rampenlicht zu teilen, dominierte den Weltcup in den vergangenen Jahren nach Belieben. Und eroberte die Glamour-Welt.

Es kam, wie es (zwischen zwei Frauen) einfach kommen musste: Zickenkrieg-Alarm! Mit dem Höhepunkt der "Fuck you"-Affäre in St. Moritz. Mitte Dezember schließlich verordnete sich Vonn eine Auszeit, gestand psychische Probleme. Die Scheidung hinterließ Spuren bei der sonst unnahbaren Ski-Queen.

Nach ihrer Rückkehr schien es aufwärts zu gehen, bis zum folgenschweren Crash beim WM-Super-G in Schladming. Und jetzt noch Tiger Woods. "Es war nicht das bestgehütete Geheimnis, aber ich habe eine Beziehung mit Tiger." Ach, Lindsey! Ausgerechnet Tiger?

"In den letzten paar Monaten hat sich unsere Freundschaft zu etwas mehr entwickelt und das hat mich wirklich sehr glücklich gemacht." Wenn das mal gut geht... Die Rehabilitation verläuft jedenfalls erwartungsgemäß. Bis zum Start der nächsten Saison möchte die 29-Jährige zu alter Stärke finden. Und das wird ihr gelingen!

Seite 2: Erfolgreiche Kombinierer & Gotteslästerung

+ Erfolgreiche Kombinierer

Was wurde nicht gemosert, in den ersten Wochen alles in Frage gestellt. Bis zum Januar! Danach war Eric Frenzel eine Bank, gewann sechs Weltcup-Rennen und WM-Gold im Einzel. So avancierte der 24-Jährige noch zum erfolgreichsten Kombinierer der Saisonh. Die Kollegen standen dem Gesamtweltcup-Sieger in nichts nach.

Frenzel, Tino Edelmann, Björn Kircheisen und Co. schnappten sich sogar die Nationenwertung vor den Österreichern - wieder diese Rivalität. Im Vergleich der Winterdisziplinen können nur die Rodler mehr Erfolge aufweisen. Auf die Kufenstars kann man sich selbst in Zeiten der Krise verlassen.

Natalie Geisenberger, Felix Loch und die Doppelsitzer Tobias Wendl/Tobias Arlt holten sich in diesem Winter alle WM-Titel und alle Weltcup-Gesamtsiege. Im zarten Alter von 23 Jahren verteidigte Loch die Krone. SPOX

Um den Rodelsport muss man sich im Olympia-Winter keine Sorgen machen - und darüber hinaus wahrscheinlich auch nicht. Ein schönes Gefühl.

- Langlauf-Flaute

Als nach dem abschließenden 50-km-Rennen bei der WM in Val di Fiemme Hannes Dotzler auf Rang sieben ins Ziel kam, hatte man Gewissheit: Erstmals seit 1999 holte Deutschland keine Medaille im Langlauf. Nicht dass das völlig unerwartet kam, denn man hatte sich in der kompletten Saison nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

Tobias Angerer landete als bester Deutscher auf Rang 14 des Gesamtweltcups. Jener Angerer, den über die Wintermonate konstant Schmerzen plagten. Der Gedanke aufzugeben, war allgegenwärtig. "Ich hatte unglaubliche Rückenprobleme seit meinem schweren Sturz im Sommer. Aber das soll keine Ausrede sein."

Bei den Damen lief es nur unwesentlich besser. Denise Herrmann belegte letztlich Rang 13. In Val di Fiemme half Biathletin Gössner aus und pirschte sich auf Anhieb in die Weltspitze. Ein Schelm, wer denkt, ohne Gewehr wäre sie besser dran.

Nicht immer lag es jedoch an der durchwachsenen Form. Bei der WM hatte Axel Teichmann einfach Pech. In der 4x10-km-Staffel stürzte er gleich zweimal, brach sich den Ski und musste die Abfahrt auf einem Bein bewältigen. An Symbolik für den diesjährigen Langlauf-Winter kaum zu überbieten.

+ Gotteslästerung

Björn Daehlie bleibt weiterhin erfolgreichster Sportler bei Olympischen Winterspielen. Klar, es gab ja in diesem Winter "nur" Weltmeisterschaften. Doch in Val di Fiemme setzte sich ein anderer Norweger auf den von ihm besetzten Thron: Petter Northug.

Der 27-Jährige gewann mit der Langlauf-Staffel über 4x10 km seine insgesamt neunte Goldmedaille bei einer WM. Genauso viele hat eben jener Daehlie. Für die Norweger war es das siebte Staffel-Gold in Folge und der elfte Sieg bei den letzten zwölf Titelkämpfen. Und dennoch, oder gerade deshalb, gilt Northug nicht als beliebtester Athlet.

Der Superstar läuft aufreizend lässig, fast schon arrogant. Bei der WM 2011 etwa hielt er vor dem Ziel, blickte verhöhnend zurück und hüpfte danach über die Linie. Tja, Sportsgeist kann man nicht gewinnen. Nichtsdestotrotz gebührt Northug Respekt.

Ebenso Marit Björgen. Sie staubte vier Goldene und einmal Silber ab, avancierte zur erfolgreichsten Sportlerin der WM. Im Gegensatz zu ihrem Landsmann ist ihr Arroganz fremd. Übrigens: Zu Legende Daehli fehlen Northug noch sechs olympische Goldmedaillen. Da muss er noch ein paar Mal hüpfen.

- Deutsche Speedabteilung

Felix Neureuther und Maria Höfl-Riesch konnten in dieser Saison über Missstände hinweg täuschen. Die männliche Speed-Fraktion war jedoch ein zu großer Makel. Um die deutsche Flagge im Abfahrts-Weltcup zu entdecken, bedarf es nämlich Hartnäckigkeit. Jenseits der 30 wird man erst fündig.

Satte 45 Punkte sammelte Tobias Stechert, bedeutet in der Endabrechnung Rang 34. Teamkollege Stephan Keppler wurde 37. Beide wurden allerdings (mal wieder) vom Verletzungspech heimgesucht.

In Lake Louise stieß Stechert als Fünfter mitten in die Weltspitze vor, da streikte plötzlich das Knie. Die WM-Abfahrt in Schladming wurde Keppler zum Verhängnis. Noch schlimmer: Aufstrebende Talente sind Fehlanzeige.

Alpindirektor Wolfgang Meier kündigte an, die Entwicklung finanziell voranzutreiben: "An 100.000 Euro sollte es nicht scheitern." Zumindest Blitzer-Strafen bleiben für die Herrschaften eine Rarität.

+ "Spitzen"-Sportlerinnen

Rein sportlich gesehen lief es für die Snowboarderinnen in diesem Winter mehr als zufriedenstellend. Amelie Kober holte sich zwei Bronze-Medaillen, Anke Karsten einen Weltcupsieg. Zur Weltmeisterin im Parallel-Riesenslalom krönte sich Isabelle Laböck.

Voller Freude zog die 26-Jährige danach blank: Gemeinsam mit Sabrina Weilharter (Skicross) und Melanie Faißt (Skispringen) entledigte sie sich überflüssiger Kleider. Im "Playboy" zeigte das Trio, was sonst unter Skianzügen bestens verhüllt wird. "Warum sollte man ein schönes Gesicht und einen ästhetischen weiblichen Körper nicht zeigten dürfen", fragte Laböck in der "Bild".

Wir wissen keinen Grund dafür. Sie ist mit ihrer Karriereplanung vollends im Reinen. Ob das mediale Interesse am Snowboard-Sport erst nach dem Shooting stieg, sei dahin gestellt. Wir orientieren uns lieber an den Fakten: Nett anzusehen, diese Fotos...

- Tradition in der Krise

Ein herzliches "Grüezi" aus der Belanglosigkeit - was das Schweizer Team in dieser Alpin-Saison bot, war schlichtweg Käse. Ski-Beauty Lara Gut hielt immerhin im Damen-Zirkus die Fahnen hoch. Ihre Landsmänner traten allerdings die Tradition mit Füßen.

Didier Defago, Olympiasieger in Vancouver 2010, schaffte es mit Mühe und Not unter die Top-30 im Gesamtklassement. Dem früheren Gesamtweltcupsieger und Wunderknaben Carlo Janka stand die Gesundheit mal wieder im Wege. Zudem zerfleischten sich Betreuer und Sportler selbst.

"Wir haben uns sehr kritisch hinterfragt", erklärte Vize-Präsident Urs Winkler. Ausgerechnet zwei Österreicher sollen den Eidgenossen wieder auf die Beine helfen. Cheftrainer wird Walter Hlebayna, einst Trainer von Renate Götschl.

Rudi Huber übernimmt den Posten des Alpindirektors: "Ich freue mich darauf, mit meinem Wissen und meiner Erfahrung neue Impulse zu setzen." Impulse, die Swiss Ski bitter nötig hat.

Ski Alpin: Endstand im Gesamtweltcup