Kitzbühel - Nach dem Horror-Sturz des US-Amerikaners Scott Macartney bei der traditionellen Weltcup-Abfahrt auf der Streif in Kitzbühel hat US-Skistar Bode Miller den Veranstaltern leichtfertiges Handeln vorgeworfen.
"So darf man im Abfahrtssport nicht arbeiten. So können schwere Verletzungen oder Todesfälle passieren", klagte Miller - sicher auch unter dem Eindruck des Unfalls eines "engen Freundes".
An seinem 30. Geburtstag war Macartney beim Zielsprung aus einigen Metern Höhe auf die Piste geknallt, erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma und lag zwischenzeitlich im künstlichen Koma.
"Wie es aussieht, werde ich ein noch paar Tage im Krankenhaus bleiben müssen, aber ich fühle mich aber besser und besser", sagte der 30-Jährige rund 24 Stunden nach dem Unfall. "Ich erinnere mich an meinen Lauf, vieles bis zum Sturz, aber dann weiß ich nichts mehr", sagte Macartney, der bei seinem ersten Interview wegen starker Hautabschürfungen im Gesicht nicht im Fernsehen gezeigt werden wollte.
Keine bleibenden Schäden
Möglicherweise kann er schon Mitte dieser Woche wieder das Krankenhaus verlassen. Aus dem künstlichen Koma war der Skirennfahrer, dem ein Fahr- oder Besichtigungsfehler zum Verhängnis wurde, wieder erwacht und ist wohl ohne bleibende Schäden davon gekommen.
Der furchterregende Sturz beim Sieg von Didier Cuche (Schweiz) machte allerdings wieder deutlich wie schmal der Grat zwischen Spektakel und Sicherheit ist.
Tränen im US-Team
Als der Pistensprecher gerade ein Happy-Birthday-Ständchen für den mit rund 140 Stundenkilometern auf das Ziel zurasenden Amerikaner anstimmte, erwischte dieser den durch den Veranstalter wiederholt umgestalteten Zielsprung falsch; er schlug mit Hüfte, Rücken und Kopf auf der Piste auf. Dabei zerbrach sein Helm. Erst zuckte sein Körper, dann blieb er bewusstlos liegen.
Im Ziel, wo sonst Ski-Helden gefeiert wurden, kämpften die Ärzte diesmal über 15 Minuten um die Gesundheit eines Sportlers. Bei den 42.000 Zuschauern herrschte Totenstille, im US-Team flossen Tränen - Entwarnung gab es zum Glück am Sonntagmorgen: Der Sportler soll sich gleich nach seinem Erwachen nach seiner Zeit erkundigt haben. Den Sturz wollte er umgehend auf Video sehen.
Verantwortliche weisen Vorwürfe von sich
Auch Rennleiter Peter Obernauer und FIS-Renndirektor Günter Hujara dürften ein paar Steine vom Herzen gefallen sein, als die Kunde aus dem Krankenhaus kam, wenngleich beide schon vorher die Miller-Kritik gekontert hatten.
"Wenn ein Fahrer in ein Rennen geht, muss er wissen, dass er ein Risiko eingeht", sagte Hujara. Man tue alles für die Sicherheit, aber eine Garantie gebe es nicht. In Kitzbühel wollten alle das Spektakel und wenn etwas passiere, täten alle so, als dürfte es nicht geschehen.
Fahrfehler führt zu Sturz
Macartney, darüber waren sich die Experten Markus Wasmeier & Co. einig, hatte den Sturz einem Fahrfehler zuzuschreiben. Die Streif war in diesem Jahr allerdings auch schwer wie selten.
"Die Präparation der Abfahrt habe ich sehr am Limit gefunden", sagte der deutsche Alpin-Direktor Wolfgang Maier. "Man wollte es extrem spektakulär machen, man muss eine gewisse Show und Performance hier bieten. Das ist immer sehr grenzwertig. Den Unfall würde ich aber nicht auf den Veranstalter und die Präparation schieben."
Ex-Formel-1-Fahrer Niki Lauda meinte: "Das Risiko ist hier offensichtlich Teil des Reizes."
Insgesamt sechs Ausfälle
Am Zielsprung kam nur Macartney zu Fall, auf der Strecke waren zudem noch Pierre-Emmanuel Dalcin (Frankreich), Daniel Albrecht (Schweiz), Hans Olsson (Schweden), Walter Girardi (Italien) und Johannes Stehle (Obermaiselstein) gestürzt.
"Es ist leider das täglich Brot von uns, dass man öfters Stürze sieht, auch wenn dieser von der ganz heftigen Sorte war", sagte der unverletzte Stehle.
Dass die Sicherheit gestiegen ist, bewies ausgerechnet Miller. Der Extremfahrer fuhr einige Meter in Seitenlage über eine Abgrenzbande - und kam nicht zu Fall.
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