Stan Wawrinka und Roger Federer wollen nach dem gemeinsamen Davis-Cup-Triumph nun wieder Einzeltitel jagen - den angenehmsten Draw hat aber Novak Djokovic erwischt. Hinter Rafael Nadal stehen Fragezeichen, schon die erste Runde ist pikant. SPOX erzählt alles Wissenswerte zum ersten Grand Slam des Jahres.
Der Top-Favorit: Irgendwann wird der Tag kommen, an dem Roger Federers Körper den Strapazen nicht mehr Stand hält, an dem ihm das Spiel nicht mehr leicht von der Hand geht, an dem er den Kampf gegen Vater Zeit verliert. Irgendwann. Aber jetzt definitiv noch nicht.
FedEx hat kürzlich den 1000. Tour-Sieg seiner Karriere gefeiert, passenderweise in einem Finale - genauer gesagt dem Finale vom Vorbereitungsturnier in Brisbane. In der aktuellen Form ist der 33-Jährige auch in Melbourne favorisiert - zumal er eben nicht mehr ewig Zeit hat, um seine Grand-Slam-Sammlung auszubauen.
Der Draw hat es allerdings nicht wirklich gut gemeint mit FedEx: Schon im Viertelfinale könnte er auf Grigor Dimitrov oder Andy Murray treffen, in der nächsten Runde ginge es potenziell gegen Tomas Berdych oder Rafael Nadal. Da hat es Federers Hauptkonkurrent Novak Djokovic deutlich besser erwischt.
Der Titelverteidiger: Was war das für eine Geschichte im letzten Jahr - zum ersten Mal seit 2009 wurde die Grand-Slam-Dominanz der Big Four unterbrochen, und das von einem, der zuvor noch nichtmal ein Finale bei den großen Turnieren erreicht hatte: Staaaan!
Der Schweizer, der damals noch Stanislas Wawrinka hieß, wurde durch seine überragenden Vorstellungen gegen Djokovic im Viertelfinale sowie gegen Nadal im Finale endgültig zu Stan the Man und sendete mit seinem Triumph außerdem ein Signal an den Rest der Tenniswelt, dass auch andere Spieler als die Big Four den großen Wurf schaffen können.
Ob sich die Geschichte wiederholt? Nicht auszuschließen! Stan hat auch in diesem Jahr schon einen Titel geholt (Chennai Open) und schwebt nach dem Sieg im Davis Cup vermutlich immer noch auf Wolke sieben.
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Das Maskottchen: Seit 18 Jahren ist er in Melbourne am Start - und irgendwie drängt sich langsam der Verdacht auf, dass noch mindestens 18 weitere dazukommen werden. Lleyton Hewitt gehört zu den Australian Open wie die Rod Laver Arena und Affenhitze. Der Australier ist uneingeschränkter Publikumsliebling, auch wenn er seit Jahren kaum noch eine Rolle spielt.
2005 erreichte er zum ersten und einzigen Mal das Finale in Melbourne und verlor gegen Marat Safin. Seitdem ist er nicht mehr über die vierte Runde hinausgekommen. In diesem Jahr bestreitet er sein Auftaktmatch gegen Ze Zhang - da sollte doch eigentlich Hewitts erster Sieg seit 2012 drin sein. Die Zuschauer würden sich freuen.
Letztes Jahr: Stichwort Affenhitze. 2014 erreichten die Temperaturen bisweilen besorgniserregende Höhe - am zweiten Turniertag etwa wurden 41 Grad Celsius gemessen, einige Balljungen und Spieler kollabierten in der brennenden Sonne. Der Aufschrei war groß - Frank Dancevic etwa sprach von "unmenschlichen" Bedingungen, und auch Andy Murray kritisierte die Entscheidung, in dieser Hitze überhaupt zu spielen.
Andere Spieler versuchten, das Beste aus der schwierigen Situation zu machen. Fabio Fognini sprang nach seinem Match in einen Brunnen auf der Anlage, Belinda Bencic kühlte sich im Aquarium von Melbourne bei den Pinguinen ab und Juan Martin del Potro ließ sich jede Menge Eis an den Platz bringen. Das wird sich aber wohl nicht wiederholen: Für Montag sind milde 18-23 Grad angesagt.
Dark Horse: Sein Run in Wimbledon hat ihn letztes Jahr bekannt gemacht - Nick Kyrgios ließ mit zwei ganz starken Leistungen Rafael Nadal und Richard Gasquet aussteigen und erreichte völlig aus dem Nichts das Viertelfinale. Es soll nur das erste Ausrufezeichen in der Karriere des talentierten 19-Jährigen sein.
Nun will Kyrgios bei dem Turnier für das nächste Highlight sorgen, das er 2013 als Junior schon gewonnen hat. In der Vorbereitung lahmten ihn zwar einige Verletzungen, nun ist er jedoch dem Vernehmen nach fit - und damit gefährlich für jeden Gegner. Wer weiß, vielleicht wird der junge Australier ja irgendwann Hewitt als Maskottchen des Turniers ablösen. Das Potenzial hat er.
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Schwerster Draw: Ob es ihm die Organisatoren wohl übel genommen haben, dass Andy Murray sie im letzten Jahr kritisiert hat? Möglich wäre es. Der Schotte hat in jedem Fall einen Draw aufs Auge gedrückt bekommen, der alles andere als spaßig werden dürfte.
Wie schon im letzten Jahr befindet sich Murray in der gleichen Turnierhälfte wie Nadal und Federer, auf den er schon im Viertelfinale treffen könnte. Wenn er überhaupt so weit kommt - denn im Achtelfinale könnte es auch schon zum Clash mit Grigor Dimitrov kommen. Das ging zuletzt schon in Wimbledon schlecht aus für Prinz Andy.
Leichtester Draw: It's good to be king - das dürfte sich Novak Djokovic anhand der Auslosung denken. Der Weltranglistenerste hat von allen Top-Spielern die lösbarsten Aufgaben bekommen. Der erste Top-10-Spieler, auf den er potenziell treffen könnte, wäre Milos Raonic im Viertelfinale, der noch nie einen Sieg gegen den Djoker geholt hat.
Danach wären vermutlich Wawrinka oder Kei Nishikori dran, auf die Herren Murray, Nadal und Federer könnte Nole erst im Finale treffen. Das sind keine schlechten Aussichten für ein weiteres erfolgreiches Turnier des viermaligen Australian-Open-Champions.
Upset Alert: Rafael Nadal ist in Sachen Draw auch nicht wirklich zu beneiden. Der Spanier hat nach seinen diversen Verletzungen der Vorsaison noch keinen echten Spielrhythmus - sein einziges Tour-Spiel dieser Saison verlor er in Doha gegen Michael Berrer, seither sind auch schon wieder fast zwei Wochen vergangen.
Und jetzt geht es direkt in der ersten Runde gegen Mikhail Youzhny. Der Russe ist in Normalform natürlich nicht vom gleichen Kaliber wie Nadal, ein unangenehmer Gegner ist er auf Hartplatz aber zweifelsohne - vor allem, wenn Rafa nicht bei 100 Prozent ist. Dieses Erstrundenmatch könnte richtig interessant werden.
Die Deutschen: Besonders gut ist Philipp Kohlschreiber nicht in die Saison gestartet. Sowohl in Doha als auch in Sydney gab es direkt Auftaktpleiten, der erste Tour-Sieg des Jahres steht damit noch aus. Gegen Paul-Henri Mathieu sollte das in der ersten Runde wohl machbar sein, allzu weit wird es für Kohli aber kaum gehen - aller Wahrscheinlichkeit nach ist in Runde drei gegen Ernests Gulbis Endstation.
Mit etwas Glück wäre Jan-Lennard Struff die dritte Runde auch zuzutrauen - nach Dudi Sela wartet in der zweiten Runde der Sieger des Matches Lukas Rosol/Kenny De Schepper. Nicht unmöglich für den Youngster, der in Doha und Auckland recht gute Frühform gezeigt hat.
"One-and-Done" dürfte es dagegen für Dustin Brown und Benjamin Becker heißen, die es direkt mit Grigor Dimitrov beziehungsweise Julien Benneteau zu tun bekommen. Peter Gojowczyk hat gegen Guillermo Garcia-Lopez zumindest Außenseiterchancen.
Außerdem dürfen aufschlagen: Matthias Bachinger gegen Pablo Cuevas (Nr. 24) aus Urugay und Tim Pütz gegen Donald Young, der selbst erst zum zweiten Mal an den Aussie-Open teilnimmt.
Geschichtsstunde: Vor genau 20 Jahren legte einer der erfolgreichsten deutschen Tennisprofis der letzten Jahrzehnte in Melbourne den Grundstein für seine Karriere: Mit dem Junioren-Sieg bei den Australian Open machte sich der damals 17-jährige Nicolas Kiefer 1995 einen Namen. Es war der Auftakt für ein Jahr, in dem er außerdem das Finale von Wimbledon erreichte sowie die US Open gewann - bei den Junioren.
Bei den Profis konnte Kiefer zwar keinen großen Titel gewinnen, allerdings beendete er seine Karriere mit sechs Turniersiegen auf der ATP-Tour sowie einer Halbfinalteilnahme in Melbourne 2006. Vielleicht ein gutes Omen für Alexander Zverev, der im vergangenen Jahr als vierter Deutscher nach Dirk Dier, Daniel Elsner und eben Kiefer die Juniorenkonkurrenz bei den Australian Open gewann.
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