Der frühere deutsche Radstar Jan Ullrich darf sich nicht allzu große Hoffnungen auf eine nachträgliche Zuteilung von drei Toursiegen im Falle einer möglichen Aberkennung aller Erfolge von Lance Armstrong machen.
Generalamnestie für geständige Dopingsünder und die Armstrong-Zeit gebrandmarkt als "schwarze Ära": Bei der Aufarbeitung der dunklen Vergangenheit will Präsident Pat McQuaid vom Radsport-Weltverband UCI womöglich neue Wege gehen. Eine nachträgliche Krönung des bereits als Dopingsünder verurteilten Jan Ullrich zum viermaligen Toursieger ist dabei aber nicht vorgesehen.
McQuaid will sich im Zuge der Causa Lance Armstrong noch in diesem Monat für eine Straffreiheit von geständigen Fahrern und Offiziellen einsetzen. "Es gibt einen Raum dafür, und der UCI würde diese Einführung gut zu Gesicht stehen", sagte McQuaid der Nachrichtenagentur "AP".
"Ich werde diesen Vorschlag selbst einbringen und freue mich, dass wir das wahrscheinlich umsetzen können." Bereits am 19. und 20. September soll darüber auf der UCI-Sitzung am Rande der WM in Valkenburg verhandelt werden.
Damit setzt McQuaid zur Rolle rückwärts an, nachdem er stets gefordert hatte, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Dass dies nicht so einfach geht, hat ihm der Fall Armstrong vor Augen geführt. Ende August hatte die amerikanische Anti-Doping-Agentur USADA den Texaner wegen langjährigen Dopings lebenslang gesperrt und sämtliche Ergebnisse seit dem 1. August 1998.
Wenig Interesse an Gang vor den CAS
Eine Entscheidung der UCI, ob sie das Urteil übernimmt, steht noch aus. Nur bei "wichtigen Gründen" werde der Weltverband vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen.
Noch seien die Unterlagen aus den USA aber nicht eingetroffen, was McQuaid als "etwas ungewöhnlich" ansieht. Der Ire erneuerte seine Kritik am Vorgehen der USADA. Das Mindeste sei gewesen, Armstrong die Beweise vorzulegen. Der frühere Radstar hatte auf eine weitere gerichtliche Auseinandersetzung verzichtet und so die Sanktionen akzeptiert.
Wohl keine weiteren Siege für Ullrich
Sieben Toursiege könnten ihm so abhandenkommen. Dass Ullrich drei davon einstreicht, ist aber unwahrscheinlich. "Wenn es dazu kommt, dass wir ihm alle Toursiege wegnehmen, weiß ich nicht, ob sie automatisch an die Zweit- oder Drittplatzierten gehen. Das ist auch eine Frage, ob wir die Zeit zu einer schwarzen Ära erklären. Wenn es dazu kommt, habe ich keine Angst davor", ergänzte McQuaid.
Denn alles andere wäre wohl ein weiterer Treppenwitz im Radsport. Ullrich, der nach eigenen Aussagen kein Interesse an den Siegen bei der Frankreich-Rundfahrt in den Jahren 2000, 2001 und 2003 hat, war erst Anfang des Jahres wegen seiner Verwicklung in den Skandal um Dopingarzt Eufemiano Fuentes verurteilt worden.
Weitere Zweitplatzierte bei den Toursiegen von Armstrong waren Alex Zülle (1999), Joseba Beloki (2002), Andreas Klöden (2004) und Ivan Basso (2005) - allesamt Fahrer mit zweifelhafter Vergangenheit.
Armstrong nicht beim Marathon
Die lebenslange Sperre hat für Armstrong bereits unangenehme Auswirkungen, auch wenn er seine Radsport-Karriere längst beendet hat. Ein Start beim Chicago Marathon im nächsten Monat ist ihm untersagt worden, da sich auch der amerikanische Leichtathletik-Verband den Statuten der USADA unterwirft.
Einer, der Armstrong mit zu Fall gebracht hat, war dessen früherer Teamkollege Tyler Hamilton. In der vergangenen Woche ist passenderweise sein Buch "The Secret Race" erschienen, in dem er weitere pikante Details aus seiner Dopingzeit bei US Postal preisgab.
McQuaid wirft Hamilton nach einem ersten Studium der Buchauszüge Profitgier als eigentliche Motivation vor. Gut möglich, dass der Ire in Zukunft noch eine Reihe von Büchern lesen muss.
Die Termine der Radsport-Saison 2012
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