Sam Bradford verpasste seinen Kritikern einen Maulkorb, während Trent Richardson früher als gedacht auf Teamsuche ist. Jarryd Hayne sorgte für das Sommermärchen und Tyrod Taylor gelang ein großer Sprung. Gleichzeitig müssen sich die New York Giants und die New Orleans Saints um ihre Defenses sorgen, Tyler Lockett bekommt Tanz-Unterricht. SPOX fasst Gewinner und Verlierer der Preseason zusammen.
Die Gewinner:
Jarryd Hayne, RB, San Francisco 49ers: Es ist wohl die Geschichte der Preseason: Jarryd Hayne, ein Weltklasse-Rugby-Spieler, hat seinen Sport aufgegeben, um sich in der NFL zu versuchen - und was anfangs wie ein besserer Marketing-Gag wirkte, ist inzwischen Realität geworden. Der 27-Jährige bestätigte die positiven Berichte aus dem Training Camp mit einer herausragenden Preseason, bei 25 Carries gelangen dem knallharten, explosiven Runner 175 Rushing-Yards.
Damit ist er der Leading-Preseason-Rusher der San Francisco 49ers und auch als Return-Man konnte Hayne mehr als nur überzeugen. Die zusätzlichen Vermarktungsmöglichkeiten in Australien sind dabei noch gar nicht erwähnt und in gewisser Weise das Sahnehäubchen. "Ich habe ihn Bälle fangen, mit dem Ball laufen und einige wirklich gute Plays machen sehen", lobte Niners-Coach Jim Tomsula.
Eine Kaderplatz-Garantie wollte er dennoch nicht aussprechen: "Alles wird nach dem Wochenende klar sein." Doch es wäre schon mehr als eine Überraschung, würde der Australier den Sprung nicht schaffen und so blieb Hayne selbst nach dem Preseason-Finale gegen San Diego auch ganz entspannt: "Was auch immer passiert, passiert."
Sam Bradford, QB, Philadelphia Eagles: Der 27-Jährige kam mit zwei Kreuzbandrissen innerhalb von zwei Jahren im Gepäck, als er dann im Training Camp lange individuell trainieren musste, kamen schnell die zu erwartenden Fragen. Viele Experten befürchteten, dass Bradford die Preseason verpassen würde und so für einen holprigen Saisonstart prädestiniert sei. Doch er Ex-Ram strafte seine Kritiker Lügen.
Bradford lieferte im zweiten und im dritten Preseason-Spiel nahezu perfekte Auftritte ab (13/15, 156 YDS, 3 TDs) und zeigte, dass er die Tempo-Offense von Coach Chip Kelly mehr als nur verinnerlicht hat - eine Offense, die er selbst immerhin noch aus dem College kennt.
"Das Tempo ist sehr ähnlich", erklärte Bradford Philly.com. "Als die Offense gegen Green Bay ins Rollen kam, hat es sich fast wie im College angefühlt." Wenn der einstige First-Overall-Pick in diesem Jahr fit bleibt, könnte ihm in Kellys Offense und unterstützt von einem voraussichtlich starken Running Game seine mit weitem Abstand beste NFL-Saison bevorstehen.
Tyrod Taylor, QB, Buffalo Bills: Nur wenige Monate ist es her, als Quarterback Tyrod Taylor als klarer Außenseiter nach Buffalo geholt wurde. Zwar ist der neue Bills-Coach Rex Ryan schon seit längerem ein Fan des 26-Jährigen, doch hatte Buffalo gerade Matt Cassel als neuen Starting-QB verpflichtet. Dahinter gab es noch den 2013er Erstrunden-Pick EJ Manuel.
Doch schon im Training Camp zeichnete sich ab, dass der Quarterback-Kampf deutlich offener werden würde, als zunächst angenommen. Vor allem Cassel und Manuel enttäuschten in den Einheiten regelmäßig komplett, während Taylors Aktie nach oben stieg. Die Preseason sollte den Trend bestätigen: Taylor (24/31, 236 YDS) wirkte in der Pocket insgesamt mit Abstand am sichersten von den drei Bills-Quarterbacks.
Dazu gibt er Ryan das Element der Read Option. Bei elf Versuchen erlief er in drei Spielen 108 Yards und einen Touchdown. Nach dem dritten Preseason-Spiel legte sich Ryan schließlich öffentlich auf Taylor als seinen Starting-Quarterback fest und gemessen an der Ausgangssituation ist der Ex-Raven damit der vielleicht größte Gewinner der vergangenen Wochen.
Tyler Lockett, WR, Seattle Seahawks: Seattles Drittrunden-Pick war die Highlight-Maschine der Preseason. Der explosive Receiver verzeichnete 204 Return-Yards im ersten Preseason-Spiel sowie einen 67-Yard-Punt-Return-TD in der dritten Partie. Zum Abschluss gelang ihm ein 63-Yard-TD-Catch gegen die Oakland Raiders. "Was er aus seinen Gelegenheiten gemacht hat ist enorm. Er arbeitet hart und ich bin sehr beeindruckt von ihm", gab Coach Pete Carroll auf der Team-Website zu.
Lockett hat so die Chance, die Speedster-Rolle zu übernehmen, die in Seattle einst für Percy Harvin vorgesehen war. Die Mitspieler arbeiten derweil schon am Feintuning, namentlich an seinem Touchdown-Tanz. "Eine Blamage für die Receiver und für seine Familie", grinste WR-Kollege Doug Baldwin nach Locketts Tanz im Preseason-Finale, während ihn Quarterback Russell Wilson schon als "kleineren Usain Bolt" bezeichnete.
Alex Smith, QB, Kansas City Chiefs: Kaum eine Statistik wurde seit dem Ende der Vorsaison wohl so häufig zitiert wie die der Chiefs-Receiver. Kein WR fing in der kompletten vergangenen Spielzeit einen TD-Pass von Alex Smith und der 31-Jährige wurde seinem Ruf als Game-Manager mehr als nur gerecht. Viele kurze, sichere Pässe (7 Yards pro Passversuch) prägten sein Spiel - für nicht wenige Fans und Experten gleichermaßen zu viele.
In der Preseason zeigte Smith, dass er auch anders kann. Der einstige First-Overall-Pick legte eine beeindruckende Abstimmung mit Neuzugang Jeremy Maclin an den Tag und lieferte im entscheidenden dritten Preseason-Spiel gegen Tennessee (16/18, 171 YDS, 2 TDs) eine Gala ab. Smith wird nicht plötzlich der nächste Brett Favre, aber Chiefs-Fans haben berechtigten Grund zur Hoffnung auf ein vertikaleres Passing-Game.
Marcus Mariota, QB, Tennessee Titans: Ja, Mariotas erster Preseason-Touchdown hat bis zum letzten-Spiel auf sich warten lassen - aber sieht man davon ab, war es eine vielversprechende erste Preseason des Rookies. Mariota wirkte schon erstaunlich sicher in der Pocket, ging durch seine Reads, traf gute Entscheidungen und konnte mit der erhofften Genauigkeit aufwarten.
Insgesamt 21 seiner 30 Pässe brachte er für 326 Yards an den Mitspieler. Dazu streute er vereinzelte Runs ein und erklärte nach seinem kurzen, aber erfolgreichen Einsatz im letzten Preseason-Duell: "Das war toll, in jedem Fall ein Schub für das Selbstvertrauen. Darauf können wir aufbauen und uns auf die kommende Woche freuen. Ab jetzt zählt es."
Tom Brady, QB, New England Patriots: Auf eine Analyse von Bradys, sportlich gesehen, eher durchwachsener Preseason sei an dieser Stelle verzichtet. Doch unerwähnt darf der 38-Jährige dennoch nicht bleiben: Dass seine Vier-Spiele-Sperre vor Gericht komplett aufgehoben wurde, macht Brady wenige Tage vor dem Start der Regular Season zu einem der großen Gewinner.
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Seite 2: Die Verlierer: Bradys Erbe, T-Rich und zwei Defenses
Die Verlierer:
Die Giants-Defense: Die Secondary und insbesondere die Safety-Position war schon vor der Preseason das große Sorgenkind der New York Giants, während der Vorbereitungsspiele änderte sich daran wenig - ganz im Gegenteil. Die Giants verloren Mykkele Thompson (Achillessehnenriss) für die komplette Saison, Landon Collins verpasste Teile der Vorbereitung aufgrund einer Knieverletzung. Das Team geriet unter Zugzwang, so dass Brandon Meriweather geholt wurde, nicht gerade der oberste Standard der letzten Jahre.
Auch Cornerback Prince Amukamara (Leiste) fiel zwischenzeitlich aus und sorgte dann Ende August für eine überraschend klare Ansage: "Ich denke, wir sind noch nicht da, wo wir sein sollten. Das sieht jeder. Ich weiß nicht, ob es mir im letzten Jahr zu diesem Zeitpunkt auch so ging. Aber du willst nicht unsicher sein, wenn die Regular Season startet." Es war eine Feststellung, welche die Meinung vieler Giants-Fans bestätigte: In der Secondary gilt höchste Alarmbereitschaft.
Umso mehr, da weiterhin völlig offen ist, was aus Jason Pierre-Paul wird. Der mit weitem Abstand beste Pass-Rusher der G-Men, der bei einem Feuerwerksunfall einen Zeigefinger verloren und einen Daumenbruch erlitten hat, hat nach wie vor seinen Franchise Tag nicht unterschrieben. New York schaffte es nicht, während der Preseason hier für Klarheit zu sorgen. Immerhin: ESPN-Informationen zufolge soll JPP in der kommenden Woche zum Team zurückkehren. Wann er aber auflaufen kann ist weiterhin komplett unklar.
Die Washington Redskins: Kein Team hatte eine enttäuschendere Preseason als Washington. Zunächst erwischte das Verletzungspech das Team von Coach Jay Gruden, Starting-TE Niles Paul (Knöchel) und TE-Kollege Logan Paulsen (Fuß) werden die komplette Saison verpassen. Vor allem Paul tut den Redskins weh, Gruden sprach von einem "schweren Schlag" für die Offense.
Doch es blieb nicht bei den Verletzungen: Ende August verkündete Gruden, dass Robert Griffin III, eigentlich als öffentlich erklärter Starter in die Saisonvorbereitung gegangen, nicht mehr der Starting-Quarterback ist. Die Skins geben erneut Kirk Cousins die Chance, sich zu beweisen. "Wir haben aktuell das Gefühl, dass Kirk Cousins uns die beste Chance auf Siege gibt", erklärte Gruden nüchtern.
Den Redskins fehlt so weiterhin jegliche Kontinuität, zudem sorgten die Umstände rund um Griffins Demontage für Stirnrunzeln. Im zweiten Preseason-Spiel gegen Detroit ließ Gruden den 25-Jährigen trotz mehrerer harter Hits (Left Tackle Trent Williams spielte nicht) auf dem Feld, letztlich trug RG3 eine Gehirnerschütterung davon - um die es wiederrum widersprüchliche Meldungen gab. Jetzt soll Griffin bald wieder grünes Licht erhalten, was letztlich sein Kapitel in der Hauptstadt per Trade beenden könnte. Alles in allem in der Außendarstellung ein Debakel.
Matt Cassel, QB, Buffalo Bills: Als Starter, Game-Manager und Komplementär-Spieler zur starken Bills-Defense gekommen, hat Matt Cassel seit seinem Wechsel nach Buffalo nahezu durchweg enttäuscht. Im Training Camp war er nicht selten der schwächste der drei Bills-Quarterbacks und seine spärlichen Einsätze in der Preseason lassen für den Ex-Vikings-QB wenig Gutes erahnen.
Seit Mittwoch häufen sich inzwischen die Berichte, wonach die Bills ernsthaft diskutieren, Cassel zu entlassen - und seine Karten stehen offenbar eher schlecht. Tyrod Taylor ist im Moment die klare Nummer eins, EJ Manuel die junge Alternative dahinter, bei welcher die Coaches wohl noch Potential sehen.
Damit wäre Cassel raus. Durch seine Entlassung vor dem ersten Spieltag der Regular Season würden die Bills sein Basisgehalt in Höhe von 4,15 Millionen Dollar sparen und könnten das Geld stattdessen in den angepeilten neuen Deal von Marcell Dareus stecken.
Trent Richardson, RB: War es das für Trent Richardson in der NFL? Inzwischen ist die Frage definitiv angebracht, nachdem es der einstige Nummer-3-Draftpick nicht einmal in den 75-Mann-Kader der Oakland Raiders geschafft hat. In drei Preseason-Spielen gelangen ihm bei 18 Versuchen ganze 42 Rushing-Yards, erneut prägten schlechte Reads seine Auftritte. Nur fünf Monate nach Richardsons Unterschrift unter einem Zweijahresvertrag war in Oakland auch schon wieder Schluss.
Der 25-Jährige hat mit seinen behäbigen Auftritten in Indianapolis bereits viel an Kredit eingebüßt, inzwischen gibt es wohl kaum ein Team, das ernsthaftes Interesse zeigen wird - schon der Deal mit den Raiders überraschte nicht wenige. Richardson scheint seine College-Explosivität komplett eingebüßt zu haben und er wird es schwer haben, in der NFL nochmals Fuß zu fassen.
Die Saints-Defense: Ähnlich wie die Giants musste auch New Orleans in den vergangenen Wochen gleich mehrere Rückschläge verdauen. Rookie-Cornerback P.J. Williams (Oberschenkel) wird die komplette Saison verpassen, Nummer-1-Corner Keenan Lewis fällt aufgrund einer Hüft-OP wohl bis Mitte Oktober aus. Cornerback Brandon Browner verpasste verletzungsbedingt zudem den Großteil der Preseason.
Dazu kommt das große Fragezeichen rund um Top-Safety Jairus Byrd. Ein Meniskusriss beendete die Vorsaison für Byrd bereits nach wenigen Spielen, aktuell weiß scheinbar niemand, wann er wieder fit ist. Der Saisonstart gegen die passstarken Offenses aus Arizona, Tampa Bay sowie in Week 4 gegen die Cowboys könnte für die Saints ein überaus holpriger werden.
Jimmy Garoppolo, QB, New England Patriots: Es war eine Achterbahnfahrt für den designierten Brady-Erben. Jimmy Garoppolo, durch die ursprüngliche Sperre gegen Tom Terrific eigentlich für die ersten vier Spiele der Regular Season eingeplant, hatte im Training Camp sowie in der Preseason bereits extrem wechselhafte Auftritte.
Wie weit dieser Weg tatsächlich ist, bleibt vorerst abzuwarten: Durch Bradys Sieg vor Gericht muss sich Garoppolo nach einer ereignisreichen Offseason bis auf Weiteres wieder mit dem eher ereignisarmen Backup-Spot zufrieden geben.
Geno Smith, QB, New York Jets: Smith ist im eigentlichen Sinne kein Verlierer der Preseason, da er in keinem der Jets-Spiele auch nur auf dem Platz stand. Doch der Grund dafür macht ihn zu einem der großen Verlierer der Saisonvorbereitung.
Die Jets in der frühen Krise: Immer mitten in die Fresse rein
Weil ihm Ex-Teamkollege IK Enemkpali bei einer Kabinen-Auseinandersetzung den Kiefer brach, fällt Smith nach vielversprechendem Training Camp nach wie vor aus. "Er ist zurück in den Meetings und spricht mit uns. Er hat sich nicht verändert", versicherte QB-Coach Kevin Patullo am Mittwoch, gab aber auch zu: "Er war davor wirklich in guter Form, in jeglicher Hinsicht." Sollte Ersatzmann Ryan Fitzpatrick in den ersten Spielen allerdings überzeugen, wird der Weg zurück für Geno lang.
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