NBA Erkenntnisse zum Saisonauftakt: Dennis Schröder hat bei den Los Angeles Lakers noch Luft nach oben

Robert Arndt
23. Dezember 202009:45
Dennis Schröder kratzte in seinem ersten Lakers-Spiel an einem Triple-Double.getty
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Die NBA ist zurück. Dennis Schröder gibt für die Los Angeles Lakers ein gutes Debüt, doch es gibt Spielraum nach oben. Kevin Durant sieht wie der alte KD aus (hier geht es zu den Highlights von Nets vs. Warriors!). Paul George startet seine Wiedergutmachungstour eindrucksvoll.

LeBron James ist hingegen noch nicht auf Betriebstemperatur.

1. Das Zusammenspiel zwischen KD und Kyrie klappt überraschend gut

7 von 16 aus dem Feld für 22 Punkte klingen nach einer soliden Statline, doch Kevin Durants erster Auftritt nach über 18 Monaten Pause bot mehr als die reinen Zahlen. Es wirkte so, als sei KD nie weg gewesen. KD spielte Basketball, wie KD es schon für so viele Jahre auf einem elitären Level getan hat - und auch seine Beziehung zu den Medien ist die gleiche.

Es war lediglich ein Spiel, doch das Duell mit den Warriors bewies, dass Durant Eigenschaften besitzt, die von Verletzungen wenig bis gar nicht beeinträchtigt werden. Der zweifache Finals-MVP besitzt noch immer den butterweichen Touch, der ihn zum vielseitigsten Scorer der vergangenen Dekade werden ließ. Innerhalb weniger Minuten hatte KD 10 Punkte gesammelt - und nutzte dabei seine körperlichen Vorteile aus. Ob Andrew Wiggins, Kelly Oubre oder Eric Paschall, KD hätte jeden Wurf bekommen, den er wollte.

Doch das war gar nicht notwendig, weil eben auch Irving einen Sahnetag erwischte und schon in Halbzeit eins bei 24 Punkten stand. Das alles geschah im Fluss der Offense, es war nicht das klassische "Your turn, my turn", was man häufig bei zwei Superstars sieht, die erstmals zusammen auf dem Feld stehen.

Coach Steve Nash verzichtete zudem darauf, die Minuten der beiden zu staffeln, stattdessen war es Caris LeVert, der als Sixth Man in Abwesenheit beider Stars den Laden in der Offensive schmiss. Außer ein paar Längen im zweiten Viertel und der Garbage Time klickte der Angriff der Nets.

Es ging oft schnell, auch nach zugelassenen Punkten. Erst wenn das verhindert wurde, gab es Isolationen zu sehen, aber nicht so, dass Durant oder Irving 15 Sekunden die Luft aus dem Ball dribbelten. Alles in allem war dies angenehm anzusehen, was nicht unbedingt zu erwarten war. Allerdings muss an dieser Stelle eingeschränkt werden, dass die Warriors an diesem Abend kein echter Gegner waren.

2. Golden States Offense: Curry allein zu Haus

Die Dubs standen über Jahre für attraktiven Basketball dank vieler intelligenter und passwilliger Spieler. Nun haben die Dubs aber keinen Andre Iguodala oder Shaun Livingston mehr, sodass der Ausfall von Draymond Green (Fußverletzung) umso schwerer wog. Mit Ausnahme von Curry fehlte das Tempo, die Gedankenschnelligkeit in den Aktionen.

Leidtragender war ebenjener Curry. Kaum ein Versuch aus der Distanz war in diesem Spiel leicht, die Quote von 2/10 sprach Bände. Stattdessen war Vieles bei den Warriors Stückwerk, auch die Minuten ohne Curry waren Magerkost. Ein dynamischer Guard würde dem Team enorm helfen, ein Brad Wanamaker ist das nicht, doch aufgrund der Cap-Situation ist keine Besserung in Sicht.

Vor allem die Situation auf dem Flügel dürfte Sorgen bereiten. Kelly Oubre Jr. und Andrew Wiggins sind von den Warriors fest eingeplant und sollen im Idealfall auch zum Ende von Spielen auf dem Feld stehen. Werbung wurde hierfür wenig betrieben, die Alternativen sind aber auch überschaubar.

Andrew Wiggins enttäuscht als zweite Option

Schon früh in der Partie war zu sehen, wie wenig die Nets Oubre und Wiggins respektierten und stattdessen Curry massiv unter Druck setzten. Bestraft wurde das nicht, Golden State vergab die ersten acht Dreier, vier davon durch Wiggins und Oubre. So stockte die Offensive und die Warriors trafen im ersten Viertel gerade einmal 32 Prozent aus dem Feld.

Wiggins soll in dieser Saison zudem den Anführer der Second Unit geben, auch das ging im ersten Spiel in die Hose. Es gab einige Isolations für den Kanadier, der aber mehrfach schlechte Entscheidungen traf und einige unnötige Turnover produzierte.

Wer zudem im Westen konkurrenzfähig sein möchte, der braucht Wings, die defensiv dagegenhalten können. Das konnte an diesem Abend auf Seiten der Warriors nur einer von sich behaupten: Juan Toscano-Anderson. Der Forward wurde unter der Woche noch entlassen, um wieder mit einem Two-Way-Contract zurückzukehren. Der 27-Jährige startete in der zweiten Halbzeit für Paschall und machte noch den besten Eindruck, auch wenn er offensiv arg limitiert ist.

Bonus: James Wiseman mit guten Ansätzen

Ein anderer Lichtblick war Rookie Wiseman, auch wenn der Nr.2-Pick 10 seiner 19 Zähler erst in der Garbage Time erzielte. Sein großes Potenzial deutete der Center schon zuvor an, auch wenn er teils klassische Rookie-Fehler beging. Da waren einige aussichtslose Versuche, einen Offensiv-Rebound zu bekommen, welche mehrfach in einfachen Nets-Punkten mündeten, weil Wiseman nicht zurückkam. Auch im Pick'n'Roll und bei der Help Defense hatte er defensiv Schwierigkeiten, dies sollte sich aber bessern.

Die Anlagen dafür sind da. Der 19-Jährige bewegt sich für seine Größe fast schon grazil und weiß etwas mit dem Spalding anzufangen. In Halbzeit eins dribbelte er höchstpersönlich im Fastbreak, um dann jedoch das Abspiel zu verpassen. Stattdessen zog Durant das Offensiv-Foul. Das mag doof aussehen, doch auch hier sah man das enorme Potenzial.

Offensiv ist er nicht darauf beschränkt, in Ringnähe abzuschließen. Teilweise konnte er durch Fake-Handoffs für sich selbst kreieren und zeigte auch seinen Touch. Hier muss der Fünfer aber noch die richtige Mischung finden. Einige lange Zweier waren schlechte Versuche, auch wenn er sie durchaus treffen kann. Einen Dirk-Fadeaway sollte aber kein Rookie nehmen.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass dieses Debüt den Warriors Mut machen sollte. Wiseman wird weiter (viele) Fehler machen, doch die Geduld könnte sich auszahlen, was auch Coach Steve Kerr erkannte: "Er hat genau das gezeigt, was wir uns von ihm wünschen. Er hat eine große Zukunft."

3. Paul George kann es doch!

Hatten die Clippers nichts gelernt? Ein 22-Punkte-Vorsprung aus dem ersten Viertel hatte sich zur Pause fast in Luft aufgelöst und es wurden wieder Erinnerungen an die Playoff-Serie mit Denver wach, als die Clippers reihenweise hohe Führungen verspielten. Auch Paul George war in den sozialen Medien wieder das Ziel von Spott und Häme, als er im ersten Viertel einen offenen Dreier verweigerte und in die Ecke passte, wo blöderweise nur ein Referee stand.

Nach dem Spiel sprach davon keiner mehr, weil George in der zweiten Halbzeit die Kontrolle an sich riss. 15 Punkte im dritten Viertel, 11 Zähler im vierten Abschnitt, es lief einfach für George, der dabei acht von zehn Sprungwürfen verwandelte. Am Ende standen 33 Zähler bei 13/18 aus dem Feld, besser geht es kaum.

"Unaufhaltsam" nannte Coach Ty Lue die Vorstellung von Nummer 13 und lag damit richtig. Die Clippers setzten den Forward nicht nur in Isolations oder aus dem Pick'n'Roll ein, sondern ließen den All-Star um Blöcke wie J.J. Redick laufen, sodass George aus der Bewegung abdrücken konnte. Dies sah man in der vergangenen Saison kaum, obwohl George an der Seite von Russell Westbrook damit in OKC großen Erfolg hatte.

"Wir wollen ihm den Ball dann geben, wenn er in der Lage ist, Plays zu machen", sagte Lue. Das tat George und hielt seinem Team die Lakers fast im Alleingang vom Hals (hier geht es zu den Highlights der Partie Lakers vs. Clippers!).

4. Licht und Schatten bei Dennis Schröder

14 Punkte, 5/15 aus dem Feld, 12 Rebounds, 8 Assists - Schröder flirtete mit seinem ersten Karriere-Triple-Double und in einigen Phasen zeigte der Nationalspieler durchaus, dass er dem Champion eine Komponente geben kann, welche die Lakers in dieser Form bisher nicht hatten - nämlich Speed.

Das bezieht sich gar nicht unbedingt auf das Umschaltspiel, auch wenn Schröder unter anderem James einige Male in Transition fand. Stattdessen gibt Schröder dem Team auch Dynamik im Halbfeld und übt per Drive Druck auf eine Defense aus, wie es Rajon Rondo oder Alex Caruso nicht konnten. Dass es mit dem Braunschweiger immer ein Balanceakt ist, nehmen die Lakers in Kauf.

Gerade in der ersten Halbzeit war Schröder einer der besten Lakers-Spieler. Er überdrehte nicht, traf offene Eckendreier, spielte aufmerksam Defense und passte sich dem System der Lakers an, auch wenn ihm LeBron hier und da auf dem Feld anzeigen musste, wo er zu stehen hat.

Kapital schlug Schröder vor allem aus Mismatches bzw. schwachen Verteidigern. Speziell Luke Kennard (der erst kürzlich einen Vertrag über 4 Jahre und 64 Millionen Dollar unterschrieb) wurde vom Deutschen bedingungslos attackiert. Je länger das Spiel jedoch dauerte, umso besser stellten die Clippers die Zone zu und erschwerten Schröder die Drives.

Teilweise fand er seine Mitspieler, manchmal musste er sich mit Notpässen retten. Auch das Pick'n'Roll mit Montrezl Harrell ist noch ausbaufähig, während die Verständigung mit James und Marc Gasol schon besser klappt. So oder so. Lakers-Coach Frank Vogel war zufrieden mit dem, was er von Schröder sah.

"Diese beiden Spieler werden für uns große Leistungen zeigten", sagte Vogel über Schröder und Harrell. "Mich hat das heute sehr ermutigt."

Die Lakers holten Schröder, damit der Champion hinter LeBron und Davis eine valide dritte Option hat. In Schröder und/oder Harrell haben sie das für die Regular Season auf jeden Fall gefunden, auch wenn noch jede Menge Luft nach oben besteht.

5. LeBron und AD lassen es ruhig angehen

Aus Clippers-Sicht war es natürlich ein gutes Gefühl, den Champion zu schlagen, doch die beste Version der Lakers war das mit Sicherheit nicht. Ein Blick auf die Minuten genügt hier schon. James spielte 28, Davis knapp 31 Minuten und beide gönnten sich auch während ihrer Einsatzzeit Pausen.

James (22 Punkte, 7/17 FG) verdrehte sich zudem Anfang des vierten Viertels den Knöchel und kehrte für die Schlussphase nicht mehr zurück. Der King ließ aber schon nach dem Spiel verlauten, dass er für das Christmas Game gegen Dallas wieder bereit sein werde. Ansonsten ließ es der King ruhig angehen, nur zum Ende des zweiten und zu Beginn des dritten Viertels erhöhte der fast 36-Jährige mal die Schlagzahl und kam nach Belieben zum Korb.

Vogel hatte bereits angekündigt, dass er LeBron mehr Verschnaufpausen geben wolle und tat das auch und mit kürzeren 6-Minuten-Stints. "Es ist nicht ideal, aber ich muss mit unseren Spielern vorsichtig umgehen", sagte Vogel zu den Minuten seiner Stars. "Die Gesundheit unserer Spieler steht im Vordergrund für uns."

Das gilt auch für Davis (18), der ebenfalls langsam in die Saison startete. Die Clippers doppelten den Big Man häufig, wodurch einige Ballverluste provoziert wurden. Auch hier zeigte sich, dass noch jede Menge Sand im Getriebe war und die neuen Spieler nicht von jetzt auf gleich voll integriert sind. Die Lakers werden Zeit brauchen, allerdings werden sie in den kommenden Wochen auch deutlich schwächere Gegner sehen als die Clippers um den flammenwerfenden George.