"Eigentlich" ist eines der verhängisvollsten Wörter der deutschen Sprache. Und es wird in allen Feldern des Lebens gerne gebraucht: "Eigentlich waren wir die bessere Mannschaft" (Claus-Dieter Wollitz/Michael Fronzteck/alternativer, kurventauglicher Dampfplauderer), "Eigentlich bist Du echt alles, was ich mir je gewünscht habe, aber Du bist zu schön, zu intelligent und zu potent." (kognitiv suffiziente, optisch tolerable feminine Entitäten mir gegenüber), und eigentlich müsste ich meine Magisterarbeit fertigschreiben.

Wie dem auch sei: Mir wurde die sehr heilige Aufgabe aufgebürstet, eine Art Blogschau zur WM bei mySpox abzufassen:

Schon bevor die Spiele in Südafrika mit dem Eröffnungsspiel begannen, widmete sich unsere Gruppe verschiedenen Prognosen, persönlichen Vorberichten und allgemeinen Vorberichten auf das, was uns bei dieser Weltmeisterschaft erwarten würde.

Besonders faszinierend war die Geschichte von ScoobaHH, der sich der WM aus einer ganz speziellen Sichtweise näherte: aus der des Panini-WM-Album-Sammlers:
"Bei mir war es im Frühsommer 1986 in einem pitoresken Dörfchen, nahe der schönsten Stadt Deutschlands. Ich war 8 und fußballerisch vollkommen unbedarft, lief ich doch - wie schon an anderer Stelle erwähnt - noch mit den Farben von Preussen Niederrhein umher. Auf meinem 600m langen Schulweg lag nahezu exakt in seiner Mitte der Kiosk von Frau Roth. Frau Roth hatte so ziemlich alles, womit man der Klientel zwischen 6 und 12 das Geld aus der Tasche ziehen konnte: Wundertüten, Saure Schnuller (5 Pfennig/Stück), Esspapier, Schokoriegel (Raider, nix Twix!) und natürlich allerlei Schulmaterial. Bei einem meiner Shoppingtouren durch den ca. 3 x 3 Meter großen Kiosk entdeckte ich es:
Mein erstes Panini Album - WM 1986 - Mexico!"
Obsession seit 1986

Die ersten Gruppenspiele waren absolviert, und – ganz unter uns – vom fulminanten 6:0 der Löw-Elf gegen die australischen Beach-Boys abgesehen war das Niveau der übrigen Partien auf eher unterdurchschnittlichem Niveau. Grund genug also für Voegi, eine beißende Zwischenbilanz zu ziehen:
"Deshalb scheue ich mich auch nicht, an dieser Stelle den persönlichen Superlativ rauszuholen. Es muss einfach raus: Diese WM ist bislang die schlechteste, die ich in meinem Leben am Fernsehschirm gesehen habe. Ohne jedes Wenn und Aber. Natürlich sind wir noch früh im Turnier. Aber nach 13 Partien muss ein erstes Zwischenfazit erlaubt sein. Und dies fällt entsprechend ernüchternd aus. Meine Hoffnung, dass sich alles doch noch zum Guten wenden wird, ist derzeit nicht sonderlich ausgeprägt. Ich bin frustriert, desillusioniert und vor allen Dingen wütend."
Grillparty mit Gemüse

Etwas später im Turnier wagte sich dann Josh9 an einen zynischen Seitenhieb auf die Anti-Schwarz-Rot-Geil-Fraktion, zu deren stolzen Mitgliedern auch ich mich zähle. Und zugegebenermaßen, jetzt, da ich seinen Blog noch einmal habe Revue passieren lassen, muss ich ja sagen: Ein bisschen Recht hat er ja schon, der Gute:
"Schwarz-rot-geil uäähhhhhh. Es schauen Leute sich "Unseren" Sport an,ohne den Zusehschein gemacht zu haben, das kotzt uns an. Mindestens 200 dreckige Bundesligaspiele des untersten Formats, mit einem schauderhaft endenden 0-0 muss man live gesehen haben. Ja, wir haben uns das verdient. Wir gingen durch die Hölle und es bestätigt uns."
Wellnessabkotzen zur WM

Humoristisch-süffisant berichtete unser VfB-Chefleidträger Bailey über sein Erlebnis mit der - so war sich die Republik schnell einig - grauenhaftesten "Entdeckung" der WM - der Vuvuzela:
"Über die Vuvuzela als solche ist mittlerweile ja weiß Gott genug geschrieben und gesprochen worden. Dabei haben sich zwei Lager herausgebildet.
Die einen, für die dieses Ding nunmal zur Tradition Afrikas gehört und der Rest der Welt außerhalb dieses Kontinents und der Schweiz, die die Tröte am liebsten mit Beton ausgießen würden und Sepp Blatter ans Bein binden würden. Chicago-Style."
Die Vuvuzela und ich

Ich bin ja überdies nicht nur Gegner von Schwarz-Rot-Geil, sondern auch noch erklärter Fanmeilenhasser. Und ja, ich war schon mal beim Public Viewing, in Heidelberg, EM 2008, Halbfinale gegen die Türkei. 5.000 Leute auf dem Uniplatz und genau EIN Klo. Machte nicht wirklich Spaß, bei den Biermengen, die man sich natürlich in freudiger Erwartung eines glorreichen Sieges schon vorher hinter die Binde gegossen hatte. Aber mir soll ja keiner nachsagen, ich ließe keine kontroversen Meinungen zu Wort kommen, daher: Cesc_Fabregas' Sicht auf die Fanmeile:
"Ich bin trotzdem ein großer Fan des Public Viewings, weil es einfach Spaß macht und man dort Fußball in einem stadionähnlichem Flair mit Bier und Freunden für Lau erhält."
So feiern die Deutschen!

TheMarsVoltaire befasste sich zur Halbzeit der WM mit einem Rückblick auf die vielfach heraufbeschworenen Horrorszenarien zum Sicherheitsaspekt der Spiele in Südafrika und kam zu folgendem Schluss:
"Ein buntes Miteinander, eine große Party mit Teilnehmern aus aller Welt, friedliche, weltoffene Südafrikaner, die mit ihrer - zugegebenermaßen - etwas nervigen, aber irgendwie auch liebenswürdigen Vuvuzela gute Stimmung machen. Und sogar die eigentlich bitterlich verfeindeten Fan-Lager diverser fußballerischer Erzfeinde scheinen sich von der guten Stimmung in diesem wunderschönen Land am Kap der guten Hoffnung anstecken zu lassen."
Nkosi Sikelel' iAfrika

Mit der Weisheit, die man natürlich vor der Playoff-Phase noch nicht haben konnte, wies Rheodred nach:
"Abseits allen -oft komplett übertriebenen- Starkults lehrt uns diese WM -mal wieder- Eines: der eigentliche Star ist die Mannschaft!"
Der Triumph des Kollektivs

Zu guter Letzt muss ich als hoffnungslos selbstverliebter Mensch natürlich auch noch meinen eigenen Rückblick auf die WM hervorheben, in dem ich mich mit den Erkenntnissen der vergangenen vier Wochen auseinandersetzte:
Wii Arse Sham Peons

Und natürlich gibt es noch zahllose andere, hervorragende Blogs, die aus Platzgründen unerwähnt blieben. Schaut einfach mal in die Gruppe rein - es lohnt sich: WM bei mySpox