Uli Hoeneß ist die Seele des FC Bayern und zugleich die Abteilung Attacke. Zuletzt wollte er aber zu sehr mit dem Kopf durch die Wand. Etwas mehr Diplomatie wäre angebracht.
Als Uli Hoeneß zum Präsidenten des FC Bayern München gewählt wurde, war klar, dass sich etwas ändern wird. Hoeneß wollte präsenter sein als sein Vorgänger Franz Beckenbauer und nicht komplett den Anschluss ans Tagesgeschäft verlieren.
Zu oft bekamen sich Manager Hoeneß und Präsident Beckenbauer in der Öffentlichkeit in die Haare. Unvergessen die Pressemitteilung, in der sich der Vorstand der AG von den Aussagen des Präsidenten distanzierte.
Hoeneß ist weiterhin nah dran an den Entscheidungen der FCB AG, was auch seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender entspricht. Gerne vergleicht er sich dabei mit seinen Äquivalenten aus der Wirtschaft wie Ferdinand Piëch (VW) oder Martin Winterkorn (Audi), die wie er die langfristige Strategie bestimmen und das große Ganze des Unternehmens im Blick haben.
Positive Bilanz der ersten Amtszeit
Hoeneß hat seine Ankündigung mit Leben erfüllt und sein größtes Versprechen gehalten, wie die bei der Jahreshauptversammlung am Donnerstag stolz präsentierten Rekordzahlen beweisen.
Bei seiner Amtsübernahme 2009, als der Verein in den Anfangstagen von Louis van Gaal unruhige Zeiten durchlebte, hatte Hoeneß den Mitgliedern versprochen, dass der FC Bayern in drei bis fünf Jahren wieder zur europäischen Spitze gehören werde.
2012 steht der FC Bayern an der Seite des FC Barcelona und Manchester United wieder genau dort, sowohl sportlich als auch wirtschaftlich. Und auch wenn es in den letzten beiden Jahren keinen Titel gab, ist die sportliche Entwicklung nach vorne unumstritten. Dazu kommt das gut angelaufene Projekt Basketball.
Hoeneß kann also ein positives Fazit seiner ersten Amtszeit ziehen. Mit der Einstellung von Matthias Sammer als Sportvorstand und Jan-Christian Dreesen als Finanzvorstand sind die Weichen für die Zukunft gestellt.
Attacken in alle Richtungen
Der Präsident könnte sich also - wie avisiert - den strategischen Dingen widmen und sich aus dem Tagesgeschäft zurückziehen. Aber Hoeneß ist präsent, omnipräsent sogar. Viel mehr als in den ersten beiden Jahren seiner Amtszeit spricht Hoeneß nicht nur über das Gesamtgebilde FC Bayern, sondern auch über spezifische Dinge wie Funktionäre, Trainer, Spieler und Transfers.
Auffällig dabei ist, dass er seine Aussagen meistens nicht in Interviews mit Tageszeitungen und Sportmagazinen, sondern auf fachfremden Veranstaltungen tätigt. In den letzten Wochen war Hoeneß unter anderem beim Wirtschaftsforum der Ingolstädter Sparkasse, beim Bayerischen Tourismustag und bei der Unternehmensvereinigung Wolfratshausen geladen.
Am Ende lieferte Hoeneß aber immer auch Schlagzeilen im sportlichen Bereich. Zu den Adressaten seiner Kritik gehörten dabei Felix Magath, Louis van Gaal, Theo Zwanziger, Dirk Bauermann, Jürgen Klinsmann, Sepp Blatter, aber auch Politiker wie Oskar Lafontaine.
Polternd und populistisch
Dabei spielt es keine Rolle, ob die Kritik berechtigt oder unberechtigt ist, sie geht in der Menge seiner Aussagen deutlich zu weit und konterkariert auch seinen Wunsch nach einer über den Dingen stehenden Position.
Es ist klar, dass der Präsident des FC Bayern eine gefragte Person ist in der Gesellschaft und im Sport sowie in der Politik und der Wirtschaft. Noch dazu, wenn er in über 30 Jahren als Manager aus einem mittelständischen Betrieb einen Global Player gemacht hat.
Hoeneß ist ein gern gesehener Gesprächspartner: Er hat Ahnung und eine klare Meinung. Aber in letzter Zeit tut er diese zu oft, zu polternd und mit einem übertriebenen Absolutheitsanspruch kund. Das Motto "Weniger ist mehr" würde ihm nicht schlecht zu Gesicht stehen.
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Hoeneß muss Diplomatie lernen
Hoeneß ist die Seele und das Gesicht des Vereins und in seiner Funktion als Präsident auch sein erster Repräsentant. Durch seine Auftritte trägt er weiter zur Polarisierung des Klubs bei. Bei Sympathisanten des Klubs kommen seine Tiraden gut an, auf Gegner wirken sie despektierlich, überheblich und mitunter selbstherrlich.
Dass die Abläufe der Sportpolitik seine Sache nicht sind, hat Hoeneß mehrfach betont. Als Präsident des FC Bayern kommt er an den Persönlichkeiten der Branche aber nicht vorbei. Er wird mit ihnen verhandeln müssen. Sei es im Kampf gegen den Korruptionssumpf der FIFA oder beim Werben für den Sportstättenbau in München. Die Diplomatie verträgt den Holzhammer nicht.
Sammer macht's vor
Anschauungsunterricht könnte er sich ausgerechnet bei Sammer nehmen. Der zeigte Hoeneß am Samstag, dass das Geschäft nicht zwingend nach dem physikalischen Prinzip Actio gleich Reactio funktionieren muss und verweigerte einen Kommentar zum Buch von Ex-DFB-Präsident Zwanziger.
Lebenslanges Lernen und "Learning by doing" hat Hoeneß letztens als Grundsätze beschrieben. In diesem Fall wäre das Lernen vom Feuerkopf, das hätte doch was.
Der FC Bayern im Steckbrief
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