Die Krise von Bayer Leverkusen erreicht eine neue Dimension. Bei Abstiegskandidat Hertha Bassierte die Werkself mit 0:3 ihre höchste Saisonniederlage, für Trainer Peter Bosz dürfte es ungemütlich werden.
Peter Bosz erhob sich mühsam aus seinem Sitz auf der Bank, gratulierte seinem Trainerkollegen Pal Dardai knapp und flüchtete regelrecht in den Kabinentrakt. Nach einer erneut enttäuschenden Vorstellung von Bayer Leverkusen beim klaren 0:3 (0:3) bei Abstiegskandidat Hertha BSC war der Niederländer restlos bedient - und muss sich auf unruhige Tage einstellen.
"Ich bin sehr enttäuscht. Wir haben es mit der ganzen Mannschaft nicht gut gemacht. Das Spiel war zur Halbzeit fast schon gelaufen", sagte Bosz nach der höchsten Saisonniederlage der ambitionierten Werkself und der bereits zehnten Pleite im 17. Pflichtspiel des Jahres. Mit 40 Punkten ist Bayer auf Rang sechs derzeit nur ein Kandidat für die Europa Conference League. Deyovaisio Zeefuik (4.), Matheus Cunha (26.) und Jhon Cordoba (33.) erzielten die Tore für die Hauptstädter, die Leverkusen im eigenen Stadion auskonterten.
In der vergangenen Woche baute Bayers sportliche Führung um Rudi Völler und Simon Rolfes erstmals sanften Druck auf den Trainer auf, der im Dezember noch vom Meistertitel gesprochen hatte - es folgte ein unerklärlicher Absturz der hochtalentierten Mannschaft. Sportdirektor Rolfes wurde in der Bild-Zeitung besonders deutlich: "Ein Jahr ohne Europa ist nicht vorstellbar." Die Bosse müssen nun während der Länderspielpause die Frage beantworten, ob sie Bosz das Erreichen des Saisonziels noch zutrauen. Der Niederländer jedenfalls ist überzeugt, an Ostern gegen Schlusslicht Schalke 04 noch auf der Bank zu sitzen. "Ja", sagte er knapp.
Doch auch Dardai, der mit seiner Mannschaft durch den verdienten Erfolg vom Relegationsplatz auf Rang 14 kletterte, war keineswegs zufrieden. "Ich habe einige Fehler gesehen, das müssen wir korrigieren. Offensiv war das okay, aber nicht gegen den Ball", sagte der Ungar bei Sky: "Wenn ein guter Gegner wie Leverkusen das ausnutzt, steht es zur Halbzeit 3:3."
Frage nach Sohn Marton verägert Hertha-Coach Pal Dardai
Lediglich einmal war Dardai ungehalten: Als man ihn vor der Partie bei Sky auf seinen in der Startelf stehenden Sohn Marton ansprach, sagte der Trainer verärgert: "Ich verstehe euch nicht. Warum diskutieren wir über dieses Thema? Ich habe 100-mal darum gebeten, das ist Quatsch. Er soll Aufmerksamkeit kriegen, wenn er gut spielt." Man solle Marton nicht als Trainersohn behandeln: "Ich habe 100-mal gebettelt, diese Fragen zu lassen. Auf nette Weise. Er soll bewertet werden, wie er ein Spieler. Er ist nicht der Trainersohn."
Danach ging er Reporter Marc Behrenbeck sogar direkt an: "Das ist Quatsch. Was wollen Sie damit provozieren? Sowas gibt's nur in Deutschland, vom Trainersohn zu sprechen. Warum fragst du? Sag du mir, warum stellst du diese Frage?" Mit dem Thema müsse "Schluss sein": "Trainer und Spieler sind getrennt bei uns. In der Kabine ist das kein Thema."
Hertha auch in Halbzeit zwei gegen Leverkusen dominant
Hertha begann mit viel Einsatz, gewann im Mittelfeld die wichtigen Zweikämpfe. Vor allem Matteo Guendouzi leitete von der Achterposition gefährliche Angriffe ein. Nach einem Rückspiel von Dodi Lukebakio hielt Zeefuik drauf und traf in den Winkel. Es war das erste Bundesliga-Tor für den Niederländer.
Leverkusen, das kurzfristig auf Moussa Diaby wegen einer Corona-Infektion verzichten musste, war plötzlich hellwach, antwortete mit wütenden Angriffen, doch Stürmer Patrick Schick ließ per Kopf gute Chancen ungenutzt.
Hertha konzentrierte sich aufs Umschaltspiel und hatte damit Erfolg. Lucas Tousart fing in der Zentrale viele Bälle ab und leitete die Gegenstöße ein. So auch in der 26. Minute, als Cunha den Gegenstoß per Flachschuss zum 2:0 abschloss.
Leverkusen agierte zu schlampig, verlor leichte Bälle. Das traf auch auf Jung-Star Florian Wirtz zu, der erstmals eine Einladung zur Nationalelf erhalten hat. Nach seinem Ballverlust am gegnerischen Strafraum lief die Kontermaschine der Herthaner erneut, Cordoba behielt vor dem Tor die Übersicht und erhöhte auf 3:0. Letztmals hatte die Hertha in der Bundesliga vor über zehn Jahren so früh mit drei Toren geführt.
Auch im zweiten Durchgang blieb Hertha mit Kontern brandgefährlich, Leverkusen war die schwächere Mannschaft.
Hertha BSC - Bayer Leverkusen: Die Stimmen der Trainer
Pal Dardai (Hertha BSC): "Ich habe einige Fehler gesehen, das müssen wir korrigieren. Offensiv war das okay, aber nicht gegen den Ball. Wenn ein guter Gegner wie Leverkusen das ausnutzt, steht es zur Halbzeit 3:3. Wir sind aber alle froh, ich glaube die Jungs werden glücklich sein, weil jetzt die Pause kommt. Es wäre schwieriger geworden, wenn wir mit einer Niederlage in die Pause gegangen wären."
Peter Bosz (Bayer Leverkusen): "Ich bin sehr enttäuscht. Der erste Ball des Gegners war drin, der zweite und der dritte auch, dann war das Spiel zur Halbzeit fast schon gelaufen. Heute haben wir es mit der ganzen Mannschaft nicht gut gemacht. Natürlich hatten sie schnelle Stürmer, aber das haben wir schon besser hingekriegt."
Hertha gegen Leverkusen: Die Aufstellungen
Berlin: Jarstein - Klünter, Stark, Dardai (82. Torunarigha) - Tousart, Guendouzi - Zeefuik, Mittelstädt (82. Netz) - Cunha (82. Piatek) - Lukebakio (73. Radonjic), Cordoba (63. Ascacibar)
Leverkusen: Grill - Frimpong (72. Bellarabi), Tah, Tapsoba, Wendell - Aranguiz - Wirtz, Demirbay (46. Amiri) - Bailey, Schick, Gray (46. Alario)
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