"Das würde mir keinen Spaß machen"

Fatih Demireli
27. April 201617:33
SPOX-Redakteur Demireli traf Neuer bei seiner Vorstellung als Markenbotschafter von Head&Shouldersspox
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Auf ewig FC Bayern: Manuel Neuer hat seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2021 verlängert. Im Interview spricht der 30 Jahre alte Torhüter über seine Entscheidung, was er von Carlo Ancelotti erwartet - und über den "monströsen" Halbfinalgegner Atletico Madrid (20.45 Uhr im LIVETICKER).

SPOX: Manuel Neuer, Glückwunsch zur Vertragsverlängerung. Thomas Müller sagte bei seiner eigenen Unterschrift, dass er sich umsah und keine bessere Alternative zum FC Bayern entdecken konnte. War es bei Ihnen genauso?

Manuel Neuer: Nein, ich habe mich nicht umgesehen. (lacht) Spaß beiseite: Ich fühle mich wohl beim FC Bayern und die letzte Zeit hat sehr viel Spaß gemacht. Ich glaube, dass sich das in den nächsten Jahren nicht ändern wird. Wir haben eine tolle Mannschaft, in der es sehr viel Freude bereitet, Fußball zu spielen. Auch die Umgebung passt. Da ist mir die Entscheidung nicht schwer gefallen.

SPOX: Karl-Heinz Rummenigge hat Sie im Rahmen der Veranstaltung, in der Sie als Markenbotschafter von Head&Shoulders vorgestellt wurden, als die "Bank von England" bezeichnet. Gab es nie die Versuchung den echten Banken aus England keinen Widerstand zu leisten?

Neuer: Um mein Geld in England anzulegen? (lacht)

SPOX: Das wäre auch eine Möglichkeit.

Neuer: Ich glaube, dass sich niemand getraut hätte, ein Angebot für mich abzugeben. Selbst aus England nicht. Jeder weiß, dass Manuel Neuer zum FC Bayern gehört und auch gehören wird.

SPOX: Hat sich das international schon so gefestigt?

Neuer: Ich habe nichts anderes gehört. Für mich steht es schon seit Monaten fest, dass mein Weg nur über den FC Bayern gehen wird.

SPOX: Sie haben langfristig verlängert. Gehen die Überlegungen da hin, die Karriere in München zu beenden?

Neuer: Man wird sehen, wie gut ich dann beieinander bin und was mein Körper sagen wird. Wenn der Vertrag abgelaufen ist, bin ich 35. Nicht jeder spielt bis 38 wie Gigi Buffon, der immer noch Weltklasse ist. Daher ist es schwer, Prognosen abzugeben. Ich freue mich auf die Laufzeit bis 2021 und dann sprechen wir noch einmal.

SPOX: Ihre Vertragsverlängerung kommt in einer sehr entscheidenden Zeit. Der FC Bayern steht vor dem Meistertitel, hat aber wie in den letzten beiden Jahren auch die Chance auf das Triple. Ein bewusst gewählter Zeitpunkt?

Neuer: Natürlich sind die nächsten Wochen wichtig, aber der Zeitpunkt der Verlängerung ist nicht absichtlich auf April gelegt. Es war einfach nur wichtig, zu dokumentieren, dass ich weiter für den FC Bayern spielen werde und ich die Gewissheit habe, wie es weitergeht. Ich weiß, dass es die richtige Entscheidung ist.

SPOX: Die Situation im Vergleich zu den beiden Vorjahren ist beim FC Bayern aber anders. Sie halten die Spannung in der Liga sicher nicht absichtlich hoch, aber dennoch scheint es ein Vorteil zu sein, noch nicht Meister geworden zu sein.

Neuer: Wir haben aber dennoch bisher sehr gut gespielt, oder?

SPOX: Ja, durchaus.

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Neuer: Es ist nichts Negatives, wie vor zwei Jahren schon im März Meister zu werden. Es ist richtig, dass es eine andere Situation ist: Wir sind nicht vorzeitig Deutscher Meister, wir müssen unsere Hausaufgaben machen und haben vielleicht deswegen auch keinen Durchhänger in den Ligaspielen. Wir haben harte und schwere Aufgaben und immer ein hohes Spannungsniveau und eine große Motivation. Hinzu kommt, dass wir zuletzt von großem Verletzungspech verschont geblieben sind.

SPOX: Pep Guardiola meint, dass der Zustand, im April nur noch zwei Verletzte beklagen zu müssen, seine Zuversicht erhöhe, die anstehenden Ziele zu erreichen. Wie ist es bei Ihnen?

Neuer: Wir hatten im letzten Jahr für die Spiele gegen den FC Barcelona 14 Spieler zur Verfügung. Das ist jetzt anders, die Situation ist besser, aber wir wollen es nicht beschreien. Wir müssen die Spiele erst einmal spielen.

SPOX: Zumindest Anfang dieses Jahres gab es ein Verletzungspech in der Abwehr. Dennoch kassierten sie bisher nur 14 Gegentore. Mussten Sie sich in irgendeiner Art umstellen?

Neuer: Natürlich redet man mit einem Joshua Kimmich mehr, der die Position vielleicht nicht neu erlernt, aber neu in der Viererkette ist. Man bekommt das Gefühl, dass man da mehr helfen muss. Aber der Junge macht Vieles automatisch richtig, ohne etwas sagen zu müssen. Er hat von Anfang an sehr gute Leistungen gebracht.

SPOX: Ihre Rolle hat sich durch die Umstellungen in der Abwehr nicht verändert. Sie verkörpern immer noch den sogenannten "Sweeper Keeper", den spielenden Torhüter. Wie sehr hat sich Ihr Torwartspiel gerade in den letzten drei Jahren noch einmal entwickelt?

Neuer: Ich habe mich beim FC Bayern auf jeden Fall weiter entwickelt - besonders in den letzten drei Jahren unter Pep Guardiola, der ein Verfechter dieser Art des Spiels ist.

SPOX: Sie haben mit Toni Tapalovic den Torwart-Trainer des Vertrauens an Ihrer Seite. Wie verhält es sich mit dem Einfluss von Pep und Tapalovic?

Neuer: Der Einfluss beider Trainer ist sehr groß. Sie stimmen sich untereinander ab, sie wissen, was ich brauche: Ob ich zum Beispiel mehr beim Torwarttraining sein muss oder gemeinsam mit der Mannschaft trainiere. Tapalovic macht eine sehr gute Trainingsanalyse, ist sehr stark in der Spielvorbereitung. Er weiß, worauf es gegen den jeweiligen Gegner ankommt und gibt die Übungen in den jeweiligen Trainingswochen entsprechend vor.

SPOX: Er wird in den Medien kaum wahrgenommen. Sein Stellenwert für Ihre Karriere ist aber groß.

Neuer: Er ist für mich im Profifußball die wichtigste Figur.

SPOX: Könnten Sie eigentlich als klassischer "Linien"-Torwart noch spielen?

Neuer: Ich gehe davon aus, dass auch Carlo Ancelotti dominant spielen möchte, gerade wenn er Trainer des FC Bayern ist. Es ist so, dass wir mit viel Ballbesitz spielen werden. Das hat er mit den anderen Vereinen auch schon getan und daher gehe ich davon aus, dass sich nichts ändern wird.

SPOX: Könnten Sie mit Ihrer Art also nicht in jeder Liga der Welt spielen?

Neuer: Nein. Ich würde zu keinem Verein wechseln, bei dem ich jeden Ball lang schlagen muss. Das würde mir keinen Spaß machen und so sehe ich mich einfach nicht.

SPOX: Rund um den Globus ist immer noch das Spiel gegen Algerien bei der WM 2014 allgegenwärtig. War das ein Extrembeispiel für Ihre Spielweise?

Neuer: Das war dem Spiel angepasst. Ich hatte vorher auch nicht damit gerechnet, dass es so ein Spiel wird und Algerien so viele Szenen bekommt, in denen ich auf diese Weise aushelfen muss. Ich habe in der Bundesliga solche Spiele schon gemacht, die Deutschen kennen es, aber international guckt vielleicht nicht jeder die Bundesliga und kannte diesen Spielstil vielleicht noch nicht.

SPOX: Haben Sie sich danach gesagt: "Manuel, was war das denn?!"

Neuer: Ich war eigentlich nur froh, dass wir weitergekommen sind. Es stand lange auf der Kippe.

SPOX: Atletico Madrid ist auch ein Gegner, der kompakt steht und auf schnelle Konter lauert. Drohen da wieder zwei "Algerien"-Spiele für Sie?

Neuer: Zunächst einmal werden es zwei sehr schwere Spiele. Ein Duell auf Augenhöhe. Atletico ist verdient im Halbfinale und in der Liga jagen sie Barcelona im Titelkampf. Gerade in Madrid wird alles gegen uns sein. Es wird eine hitzige Atmosphäre, aber ich kann nicht sagen, dass ich so etwas erwarte. Und wenn, kommt es dann meistens doch anders.

SPOX: In einem CL-Halbfinale ist jeder Gegner schwer. Ist aber Atletico besonders kompliziert, weil Sie im Vergleich zu Manchester City und Real Madrid die Mannschaft nicht kennen?

Neuer: Aber sie kennen uns ja auch nicht. (lacht) Aber im Ernst: Man kennt Atletico, es ist kein Geheimnis, wie sie auftreten und wie sie gegen verschiedenste Spielstile spielen. Unser Trainer hat lange Zeit in Spanien trainiert und wird uns perfekt vorbereiten. SPOX

SPOX: Matthias Sammer hat Atletico als "Leidenschaftsmonster" bezeichnet. Sie haben mal einem Monster Ihre Stimme gegeben und kennen sich aus.

Neuer: Ach ja, stimmt Frank McCay bei der Monster Uni.

SPOX: Muss man vor dem "Monster" Atletico Angst haben?

Neuer: Angst müssen wir nicht haben, wir müssen aber aufpassen. Atletico kann aus wenig viel herausholen. Der FC Barcelona ist zu Hause ausgeschieden, obwohl sie 70 Prozent Ballbesitz hatten. Wir spielen ähnlich mit viel Ballbesitz und müssen einfach in Acht sein.

Manuel Neuer im Steckbrief